Opel wäre angeblich Pleite!

Wegen der aktuellen Protestkundgebung der Opel-Beschäftigten wurde das ursprüngliche Schwerpunktthema "Annexion der Krim nach Russland" auf die nächste Woche verschoben.

Mit über 20 Montagsdemo-Teilnehmern begann eine Diskussion über die Kundgebung der IG Metall zwischen dem Renaissance-Hotel und dem Stadion Bochum. In diesem Hotel tagten zugleich Delegierte des Betriebsrats von Opel, der IG Metall und der Arbeitgeberseite, um an einem "Eckpunktepapier" zum Abschluss eines "Sozialtarifvertrages" zu feilen.

Ein Mitglied der Vertrauenskörperleitung von Opel erklärte: "Die Ortsvorstandsvorsitzende der IG Metall Eva Kerkemeier bestimmte, wer auf der Kundgebung reden durfte. Die Kundgebung sollte außerdem nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. Das war tatsächlich so, denn nach rd. 25 Minuten erklärte Kerkemeier das Ende der Veranstaltung. Neben dem Betriebsratsvorsitzenden Reiner Einenkel gab es u.a. Redebeiträge vom IGM-Bezirksvorsitzenden Giesler, der Jugendvertretung von Opel und dem Vorsitzenden des Opel-Personalwesen , Ulrich Schumacher. Dabei wurde deutlich gemacht, dass Opel eigentlich pleite ist und daher die Verhandlungen zwischen der Geschäftsführung und der Belegschaft so schwierig sind. Tatsache ist, dass Opel noch eine Milliarde Euro in das Unternehmen investiert. Wir haben uns diesen Kniefall gegenüber Opel von der IG Metall-Führung nicht gefallen lassen und zu einer Spontandemo aufgerufen".

"Opel hat 2013 ca. 8 Millionen Euro Gewinne gemacht", teilte ein Redner mit, "wo ist das Geld denn geblieben? Da kann doch wohl von einer Pleite keine Rede sein!"

Der Betriebsratsvorsitzende von Johnson-Controls griff die IG-Metall-Führung scharf an: "Ich äußere mich nicht gerne über die IG Metall in der Öffentlichkeit, doch was ich nach dem offiziellen Ende der Kundgebung erlebt habe, hat es in meiner langjährigen Betriebsratsarbeit noch nicht gegeben. Ein Mitglied der Vertrauenskörperleitung von Opel griff nach Ende der Kundgebung zum Mikrofon und rief, dass sich die Belegschaft nicht mit einem Abwicklungsvertrag abspeisen lassen wird. Sofort wurde der Strom abgestellt. Das ist von einer Gewerkschafts-Führung nicht hinnehmbar. Außerdem wurde in den Reden nur auf die Arbeitsplätze bei Opel hingewiesen. Die gleiche Situation der Stellenvernichtung gibt es auch bei den Zulieferbetrieben wie z.B. Johnson Controls. Wir fertigen Sitze für den Opel-Zafira. Nach Schließung des Opel-Werks in Bochum sollen auch bei uns Arbeitsplätze wegfallen".

Einer der Moderatoren der Montagsdemo, der ebenfalls an der Kundgebung teilnahm, prangerte an: "Besonders zynisch war die Ansprache des Personalvorstandsvorsitzenden bei Opel, Verständnis für die von der Werksschließung betroffenen Beschäftigten zu haben. Dieser Schritt sei der Geschäftsführung nicht leicht gefallen und man bemühe sich, für Ersatzarbeitsplätze und für Qualifizierung der Beschäftigten durch eine Transfergesellschaft zu sorgen. Es gibt weder genügend Ersatzarbeitsplätze, noch kann durch eine Qualifizierung für die Betroffenen deren Arbeitslosigkeit beendet werden. Arbeitsplätze fallen nicht vom Himmel!"

Eine Beschäftigte des Bochumer Vereins Verkehrstechnik meldete sich: "Unsere Auszubildenden beabsichtigten, aus Solidarität zu der IGM-Protestkundgebung zu kommen und dafür freigestellt zu werden. Doch die IG Metall teilte uns mit, dass die Freistellung von der Arbeit für die Beschäftigten von Opel gilt".

Mehrere Redner berichteten von der Spontandemo der Opel-Beschäftigten und deren Sympathisanten: "Nach der sehr kurzen Kundgebung am Stadion und einem gellenden Pfeifkonzert bei der Rede von Ulrich Schumacher formierte sich ein Demozug über die Castroper Str. bis zur Kreuzung Gersteinring.

"Wir werden diese bedeutende Kreuzung vorübergehend besetzen", kündigte der Versammlungsleiter an, "die Öffentlichkeit wird dann erfahren, dass sich die Opel-Belegschaft nicht mit leeren Versprechungen über Ersatzarbeitsplätze, Abfindungen oder Qualifizierungen abspeisen lässt". "Mitten auf der Kreuzung entwickelte sich eine lebhafte Debatte über die Zukunft der Opelaner. Immer wieder wurde gefordert, dass heute kein Wagen vom Band mehr laufen darf. Es gab zahlreiche Solidaritätsgrüße von anderen Betrieben und Organisationen wie z.B. Outokumpu oder der Frauenorganisatin BASTA", hieß es in einer weiteren Wortmeldung.

Anschließend gab es einen Autokorso bis zum Opel Werk I Tor 4, wo sich die Kundgebung bis zum Eintreffen der Mittagschicht fortsetzte.

Nach der Hymne des Automobilratschlages "Wenn nicht jetzt, wann dann" gab es noch Redebeiträge zu anderen Themen. Eine Montagsdemonstrantin schilderte ihre Erfahrungen beim Amtsgericht Bochum: "Ich hatte einen Termin zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Da ich bereits übermorgen ins Krankenhaus muss, rief ich mehrfach bei der zuständigen Sachbearbeiterin an und wollte einen neuen Termin. Das wurde abgelehnt und man drohte mir sogar Haft an. Ich ging daraufhin in der vergangenen Woche direkt zum Amtsgericht und erfuhr, dass die für mich zuständige Sachbearbeiterin krank sei und die Vorladung von der Vertretung kam. Man könnte mir nicht weiterhelfen. Ein unbeteiligter Sachbearbeiter sagte zu mir, dass dieses kein Kinderspiel ist. Daraufhin wurde ich wütend und erwiderte, dass Leute wie Tebartz-van Elst unbehelligt bleiben, aber die Kleinen sperrt man ein. Soll ich verhaftet werden, kann man mich ja im Krankenhaus abholen!"

Ein Redner sprach kurz den bevorstehenden Warnstreik im öffentlichen Dienst an: "Am Mittwoch und Donnerstag bleiben erneut die Busse und Bahnen in den Depots, außerdem werden Behörden, Kitas und Hallenbäder bestreikt. Obwohl ich auf den ÖPNV angewiesen bin, haben alle Streikenden meine volle Solidarität. Nur dadurch merken immer mehr Bürger, dass in diesem Staate etwas faul ist".

Neben der Krimkrise dreht sich die Diskussion am nächsten Montag auch auf die Auswirkungen des Arbeitskampfes im öffentlichen Dienst.

Mit der Abschlusshymne endete die Montagskundgebung.

Die Moderatoren
Ulrich Achenbach
Christoph Schweitzer

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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