Rede des stellvertretenden Landessprechers der LINKEN in NRW, Christian Leye auf der Solidaritätskundgebung mit dem griechischen Volk

Liebe Freundinnen und Freunde,

diese Tage sind entscheident für die Möglichkeiten linker Politik in Griechenland und in Europa.

Griechenland wurde in den letzten Jahren zur Testzone, wie weit eine Gesellschaft im Interesse von Banken, Konzernen und Großkapital geschunden werden kann.

2010 war Griechenland bereits pleite, kaputt konkurriert gerade auch vom Exportweltmeister Deutschland. Griechenland hat, und auch das gehört zur Wahrheit, seinen Einkauf deutscher Exportwaren durch Kredite finanziert. Und in den Jahren, in denen Griechenland 10 Prozent der deutschen Rüstungsexporte auf Kredit kaufte, sprach niemand aus der CDU davon, dass Griechenland seine Hausaufgaben machen solle. Und als dieser Schuldenberg soweit gewachsen war, das Griechenland 2010 vor dem Bankrott stand, da drohte vor allem deutschen und französischen Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Privatanlegern Verluste in Höhe von 300 Milliarden Euro. Also griff die Politik ein, vorne vorweg die deutsche Bundesregierung. Die so genannten Rettungspakte für Griechenland waren in Wahrheit Rettungspakte für Banken. Für griechische Staatsanleihen, die am Markt nur noch 30 – 40 Prozent wert waren, bekamen die Banken 100 Prozent des Preises gezahlt, ein Bombengeschäft für die Zockerbuden. Aus privater Schulden machte korrupte Politik öffentliche Schulden, das ist mal eine Messlatte für organisierte Kriminalität!

Und das Geld, was den Banken geschenkt wurde, hat die Troika fünf Jahre lang aus der griechischen Bevölkerung herausgepresst. Die griechischen Rentnerin, der griechische Arbeitslose, die griechische Alleinerziehende sollte für die Korruption der Geberländer zahlen. Und sie haben gezahlt. Griechische Rentnerinnen, die auf dem Markt vergammeltes Gemüse vom Boden auflesen, Kinder, die vor Hunger in der Schule umkippen, Familien, die Nachts Kerzen verwenden, weil sie keine Geld für Strom haben, Hochschwangere, die mit Wehen am Krankenhaus abgewiesen werden, weil sie sich den Arzt nicht leisten können, Menschen, die sich aus Verzweiflung über ihre auswegslose Lage selbst umbringen, chronisch Kranke, die sterben, weil sie sich die Medikamente nicht mehr leisten können. Mitten in Europa wurde ein Land, das mal einen vergleichbaren Lebensstandard wie Deutschland hatte, in die humanitäre Katastrophe getrieben, um Banken und Versicherungen Verluste zu ersparen. Wer sich immer schon gefragt hat, wie weit der Kapitalismus für die Rendite auch in Westeuropa zu gehen bereit ist, der hat in Griechenland die Antwort bekommen: soweit, wie man ihn gehen lässt.

Und im Januar haben die Griechinnen und Griechen mit SYRIZA den Widerstand gegen die gnadenlosen Austeritätspolitik gewählt. Seitdem hat die Troika nichts unversucht gelassen, diesen Widerstand zu brechen, auch um ein Exempel in Europa zu statuieren. Bis zuletzt bestand die Troika auf die Fortsetzung der Austeritätspolitik, obwohl diese ökonomisch, politisch und sozial gescheitert ist. Kurz vor Auslaufen der Gelder Ende Juni dann setze die Troika SYRIZA die Pistole auf die Brust und stellten sie vor die Wahl: Kapitulation oder Zahlungsunfähigeit. Paul Krugmann nannte das einen umgekehrten Corleone: Ein Angebot, das man nicht annehmen kann.

SYRIZA hat diese Entscheidung zu Recht an die Bevölkerung zurück gegeben. Gegen die empörten Stimmen der europäischen Wertgemeinschaft haben sie sich für den Weg der Demokratie entschieden. Am Sonntag hat sie die Wahl, ihr Nein zu den Zumutungen der Kürzung zu erneuern. Vertreter der Troika und allen voran die deutsche Bundesregierung erpressen die griechische Regierung offen, sie wollen einen Regimechange für Griechenland, sie wollen den Selbstbedienungsladen für Banken und Konzerne schützen, zu dem sie Europa gemacht haben und dafür müssen sie die Hoffnung auf ein soziales und demokratisches Europa zerstören, und sie wollen das Geld von den Schwächsten der griechischen Gesellschaft zurück, das sie den Banken geschenkt haben.
In dieser Situation sind wir solidarisch mit der griechischen Bevölkerung, ihr Nein ist unser Nein, ihr Widerstand ist unser Widerstand, wir teilen alles mit der griechischen Rentnerin und nichts mit dem deutschem Kapital!

Siehe auch:

http://www.lokalkompass.de/bochum/politik/eilt-kundgebung-solidaritaet-mit-der-griechischen-bevoelkerung-d562096.html

http://www.lokalkompass.de/bochum/politik/kundgebung-fuer-die-solidaritaet-mit-dem-griechischen-volk-nein-zum-referendum-d562319.html

Autor:

Christoph Nitsch aus Bochum

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