Schöne und kämpferische Demonstration in Gelsenkirchen-Horst

Aus aktuellem Anlass fand am vergangenen Montag die Gelsenkirchener Montagsdemo nicht in der Innenstadt, sondern im Stadtteil Horst statt. Auch Vertreter von anderen Montagsdemos nahmen an diesem Protest teil, u.a. die Bochumer Montagsdemo. Grund war die Nutzungsuntersagung des Kultursaals in der Horster Mitte durch die Baubehörde der Stadt Gelsenkirchen wegen "Gefahr für Leib und Leben der Nutzer". Angeblich sollte das Gebäude akut einsturzgefährdet sein bzw. statische und Brandmängel aufweisen.

Die hanebüchene Begründung war u.a. eine drei Quadratmeter große Bodenplatte, die über Nacht die Statik des ganzen Gebäudekomplex gefährdet haben soll. Diese Bodenplatte war 4 cm stark und deckte lediglich eine alte Treppenöffnung ab (Zugang zum ehemaligen Tresorraum der ehemaligen Schalterhalle). Da leuchtet sogar jedem Laien ein, dass 3 qm nicht zu einem Einsturz eines Gebäudes von mehreren hundert qm führen kann. Der Stadt Gelsenkirchen kann daher niemand glauben. Immerhin wird der Saal seit 14 Jahre ohne Probleme mit Wissen der Baubehörde in der jetzigen Form genutzt. Aber seit dem 5. Juli 2018, 0 Uhr, ist dies angeblich eine Gefahr für Leib und Leben. Das Haus, wie es ist, steht seit 1928, ohne zu wackeln. Auch bestanden zu keiner Zeit Brandschutzmängel, wie ein Gutachten der Gelsenkirchener Feuerwehr beweist, dieses Gutachten wurde bei dem verhängten Nutzungsverbot des Kultursaals einfach ignoriert.

Der Gelsenkirchener Architekt Karl-Heinz Rotthof hat selbst beim Umbau mitgewirkt. Wie das Statiker-Gutachten beweist, bestätigt er die Standfestigkeit des Hauses.Selbst namhafte Fachleute wie Prof. Roland Günter  reagierten mit Unverständnis und Empörung auf die Schließung  des Kultursaals. Das ursprünglich der Verwahrlosung preisgegebene Gebäude wurde zu einem kulturellen Anziehungspunkt weit über Gelsenkirchen hinaus gemacht.

Stefan Engel (MLPD), Ideengeber für den Kultursaal, berichtete, dass die Stadt entgegen aller Gepflogenheiten keinerlei Möglichkeit gab, angebliche Mängel zu beseitigen. Stattdessen wurde die umgehende Schließung angeordnet mit drakonischen Strafen bei Zuwiderhandlung.

Der Kultursaal war sehr beliebt und stand allen Organisationen (mit Ausnahme von Neonazis und religiösen Fanatikern) und auch Privatpersonen für ihre Feiern usw. zur Verfügung. Er wurde sowohl für politische Veranstaltungen wie z.B. durch die
kämpfenden Opelaner für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze, Migrantenorganisationen, kulturellen Veranstaltungen der Jugend als auch für Hochzeits- und Tauffeiern und von Sportvereinen genutzt. Hier tagten Bergleute, die gegen Zechenschließung, Giftmüllverklappung und Deputatklau aktiv sind. Hier trafen sich die widerständigen Horster, die ihr Krankenhaus verteidigten. Die MLPD als Eigentümerin nutzte diesen Saal natürlich auch für ihre Veranstaltungen.

Symbolisch lief eine "Braut" und ein "Nikolaus" sowie eine "Taufpatin mit Kind" , begleitet von vielen Fahnen, Schildern und Transparenten zusammen mit ca. 250 Menschen durch den Gelsenkirchener Stadtteil  So eine imposante Demonstration hat der Stadtteil zuletzt im erfolgreichen Kampf gegen die Krankenhausschließung erlebt. Auf dem Demozug gab es immer wieder Parolen gegen das Nutzungsverbot des Kultursaals, auch wurden einige kämpferische Lieder, z.B. Keiner schiebt uns weg (auf die Situation des Kultursaals abgeändert) gesungen.

Hinter dem Fronttransparent liefen symbolisch für über 1.000 Veranstaltungen mit 60.000 auch die Zumba-Tänzer des Sportvereins Horst Emscher 08, eine Torte für die vielen Geburtstagsfeiern , die Bergleute von Kumpel für AUF, die Bedienungen des Catering-Service Schacht 3, die die Kantine im Saal betreiben, Sportler von Kampfsport International und die MLPD, die als Eigentümern den Saal für hochkarätige Veranstaltungen nutzt. Hier fand auch eine Verbrüderung mit Flüchtlingen statt , eine Vertreterin für die kurdischen Frauen sprach und ein Genosse der syrischen PYD.

Beifall gab es aus den Wohnblöcken ebenso wie aus den Eisdielen der Fußgängerzone. Das Victory-Zeichen aus hupenden Taxis und Fahrzeugen.  Bei Auftakt-, Zwischen- und Abschlusskundgebung kamen die zahlreichen Nutzerinnen und Nutzer und die Eigentümer zu Wort. Während der Demonstration reihten sich einige aus dem Stadtteil spontan ein. Passanten spendeten am Rande der Demo fast 100 Euro für die Prozesskosten.

"Die Gemeinsamkeit wird kaputt gemacht", protestiert Angela gegen die Stadt. Sie bot einmal in der Woche Gymnnastik im Kultursaal an.

Bei der Abschlusskundgebung auf dem Parkplatz vor dem Kultursaal wurden Grußadressen aus dem In- und Ausland vorgetragen. Auch aus Burkina Faso in Afrika. "Das hätten sich die Bürokraten des Rechtsamts nicht träumen lassen, einmal bis nach Afrika berüchtigt zu werden", kommentiert Monika Gärtner-Engel. Die Stadtverordnete führte gemeinsam mit Thomas Kistermann von der Gelsenkirchener Montagsdemo durch die Aktion. Rebellische Grüße sandte unter anderem Konstantin Wecker an die Demonstration.

"Wie die Montagsdemo den 'Tag des Widerstands' etabliert hat, ist die Horster Mitte zu einem 'Haus des Widerstands' geworden", so Gabi Fechtner, die Vorsitzende der MLPD, auf der Zwischenkundgebung. Sie offenbarte die wahren Hintergründe der politisch motivierten Nutzungsuntersagung.

Mit vielen neuen Argumenten verabschiedeten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Sie sind sicher, sie werden gemeinsam demnächst die Wiedereröffnung des Saals feiern.

Ulrich Achenbach
Moderator der Bochumer Montagsdemo

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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