VfL vor dem Saisonstart: Bergmann will "Lust auf Leistung"

VfL-Cheftrainer gibt die Richtung vor. | Foto: Molatta

Es hat schon bessere Zeiten gegeben beim VfL Bochum. Der Schuldenabbau hat im dritten Zweitliga-Jahr Priorität, ohne dass die sportliche Substanz dabei zu sehr leiden soll. Dennoch hat Bochum einen personellen Umbruch vollzogen und startet am Samstag (4.8., 15.30 Uhr) gegen Dynamo Dresden mit einem runderneuerten Kader in die Saison.

Über die sportlichen Perspektiven des VfL, über Probleme im Offensivspiel und über die Erwartungen an die eigenen Anhänger sprach der Stadt-Spiegel mit VfL-Trainer Andreas Bergmann.

Andreas Bergmann, VfL-Sportvorstand Jens Todt hat als Saisonziel die Parole ausgegeben, Verfolger der Top Five der Liga zu sein. Können Sie das so unterschreiben?
Andreas Bergmann: Wir leiten zurzeit einen großen Umbruch ein. Wir wollen eine neue Mannschaft aufbauen. Allerdings haben wir wirtschaftlich gesehen eine angespannte Situation. Mit diesen Rahmenbedingungen müssen wir uns arrangieren. So haben wir vor allem junge Leute geholt. Perspektivspieler, von denen wir überzeugt sind, dass sie sich gut entwickeln. Unser Ziel ist bei aller Ergebnisorientierung eine neue Mannschaft mit einer guten Perspektive zu formen, die einen attraktiven, frechen Fußball spielt. Unsere Zuschauer sollen ein Team erleben, das viel probiert, sehr engagiert ist und guten Fußball spielt.

Ein Umbruch birgt gerade zu Beginn die Gefahr, dass noch nicht alles rund läuft. Setzt es in dieser Phase nicht Trainer und Mannschaft zusätzlich unter Druck, wenn überhaupt ein ambitioniertes Ziel ausgegeben wird?
Andreas Bergmann: St. Pauli, 1860 München oder Ingolstadt haben zugelegt, Union Berlin wächst immer mehr, dazu kommen traditionell die Bundesliga-Absteiger als starke Konkurrenz. Das Einleiten einer Entwicklung wie bei uns braucht natürlich auch Raum und Geduld, damit etwas entstehen kann. Trotzdem haben wir als VfL Bochum den Anspruch, einen guten Mittelfeldplatz zu belegen und vielleicht Tuchfühlung zu den starken Klubs zu bekommen. Aber ganz klar im Fokus steht das Einleiten einer gesunden, perspektivischen Entwicklung. Dafür arbeiten wir alle im Verein sehr eng zusammen.

Hätten Sie sich zu Beginn Ihres Engagements in Bochum überhaupt träumen lassen, unter so schwierigen Bedingungen und auch mit diesen wirtschaftlichen Zwängen arbeiten zu müssen?
Andreas Bergmann: Vom ersten Tag an war Druck da. Die letzte Saison war sehr kompliziert. Die Erwartungen waren hoch, die Mannschaft hatte zu Beginn große Probleme und mein erstes Spiel als Trainer war die 0:4-Niederlage gegen Paderborn. Letztlich war es gut, weil ich sehen konnte, wie es der Mannschaft wirklich geht. Wir haben diese Situation schnell in den Griff bekommen, später sind wir in eine personell sehr schwierige Phase geraten. Einfach war es also nie. Aber Bochum ist nach wie vor eine renommierte Adresse im deutschen Fußball. Und es ist auch für einen Trainer eine Herausforderung, auch ohne optimale finanzielle Rahmenbedingungen mit diesem Verein Erfolg zu haben.

In Bochum gilt das Umfeld nicht immer als einfach; die Anhänger sind oftmals sehr kritisch. Sehen Sie gute Chancen, die Fans mit der neuen Mannschaft mit ins Boot zu bekommen?
Andreas Bergmann: Grundsätzlich ist es wichtig, den Fans gegenüber ehrlich und glaubwürdig aufzutreten, dabei immer zu sagen, wie es wirklich ist und auch Schwierigkeiten nicht zu verschweigen. Wir wollen die Anhänger mit ins Boot nehmen, indem wir sagen, dass wir unter erschwerten Bedingungen etwas Neues aufbauen wollen. Ich bin überzeugt, dass die Fans uns unterstützen werden, wenn wir den Willen unter Beweis stellen, Leistung abzurufen. Wichtig ist, dass man erkennt, was wir vorhaben. Das wird ein harter und steiniger Weg und es wird Rückschläge geben. Aber wir müssen beharrlich sein. Und wir alle müssen daran glauben. Ich bin jedoch optimistisch: Gerade in schwierigen Situationen haben unsere Fans bereits bewiesen, dass sie uns absolut unterstützen.

Wie ist denn nach den ersten Testspielen Ihr Eindruck vom neuen Kader? Sind alle Spieler so engagiert dabei, wie Sie sich das wünschen?
Andreas Bergmann: Wir haben viele neue Spieler, die in die Mannschaft integriert werden müssen. Und wir haben sehr hart gearbeitet und vieles probiert. Da gibt es natürlich neben viel Licht auch noch viel Schatten. Aber mit der Einstellung der Spieler bin ich sehr zufrieden. Das ist das Wichtige und daran werde ich sehr hart arbeiten: Dass wir eine Mannschaft bekommen, die eine starke Mentalität entwickelt und die Lust auf Leistung hat. Dann haben wir auch die Unterstützung der Fans. Denn alleine können wir es nicht schaffen - definitiv nicht.

Haben Sie diese Lust auf Leistung in der vergangenen Saison manches Mal vermisst?
Andreas Bergmann: Man darf nicht vergessen, dass es eine personell ungemein komplizierte Saison für den VfL war. Die Mannschaft hat sich über Wochen quasi von alleine aufgestellt. Wir mussten Spieler einsetzen, die gar nicht die erforderliche Physis haben konnten. Die Mannschaft hat viel mitgemacht und Selbstvertrauen eingebüßt. Den Willen kann man den Spieler jedoch nicht absprechen, zumal wir uns am Ende aus der misslichen Lage herausgekämpft haben. Jetzt wollen wir wieder Frische und Unbekümmertheit hineinbekommen.

Für Frische und Unbekümmertheit stehen vor allem auch die jungen Spieler, die der VfL jetzt neu verpflichtet hat. Wer macht Ihnen aus diesem Kreis besonders viel Freude? Wem trauen Sie den Sprung in die Startelf zu?
Andreas Bergmann: Sie bemühen sich alle sehr, da möchte ich niemanden herausheben. Natürlich freut man sich sehr, wenn ein Eigengewächs wie Leon Goretzka mit 17 Jahren schon so tolle Leistungen zeigen kann. Das gilt aber auch für die anderen Spieler wie Brügmann, Bertram oder Scheidhauer. Insgesamt haben wir ein sehr junges Team, in dem einige Youngster gute Karten für einen Einsatz in der Startelf haben.

Auf der anderen Seite stehen die Routiniers in der Mannschaft. Dazu zählt mit Alexander Iashvili auch einer der Neuzugänge, der mit seinen 34 Jahren vor allem für sehr viel Erfahrung steht.
Andreas Bergmann: Gerade in so einer Truppe, die mitten in einem Umbruch steckt, benötigt man erfahrene und stabile Kräfte. Deshalb wollten unbedingt auch Spieler dazu holen, die das mitbringen. Das gilt vor allem für Iashvili, aber auch für Carsten Rothenbach.. Außerdem besitzen beide Führungsqualitäten. So erhalten auch Spieler wie Maltritz oder Dabrowski zusätzliche Unterstützung. Darüber hinaus haben wir Andi Luthe zum Kapitän gemacht und nehmen ihn so noch mehr in die Verantwortung. Er macht es gerne und es wird seiner Persönlichkeit und seiner sportlichen Entwicklung gut tun.

Bleibt rein sportlich trotz der Verpflichtung von Iashvili die Offensive des VfL das Sorgenkind?
Andreas Bergmann: Es ist sehr ärgerlich, dass Mirkan Aydin nach seinem Wadenbeinbruch noch nicht wieder richitg in die Vorbereitung einsteigen konnte. Aber mit Zlatko Dedic haben wir einen zuverlässigen Spieler hinzu bekommen, der unter Beweis gestellt hat, dass er in der 2. Liga seine Tore macht. Ich hoffe außerdem, dass Nika Gelashvili an der Seite von Alexander Iashvili wieder an Substanz gewinnt. Und was uns bei Iashvili richtig gut tut, ist seine enorme Ballsicherheit, die uns vorne ein bisschen gefehlt hat. Mit ihm haben wir jemanden, der seine Mitspieler einsetzen kann und selbst Torgefahr ausstrahlt. Unabhängig davon halten wir unsere Augen auf dem Transfermarkt immer offen.

Eine Lücke im Kader hat der VfL kurzfristig noch mit dem japanischen Mittelfeldspieler Yusuke Tasaka geschlossen. Sie hätten wohl auch gerne weiter mit seinem Landsmnann Takashi Inui zusammengearbeitet, der jetzt nach Frankfurt gewechselt ist?
Andreas Bergmann: Ohne Wenn und Aber: Inui ist ein ganz besonderer Spieler. Ich war froh über jeden Tag, an dem er da war. Wenn jedoch ein Wechsel für die wirtschaftliche Substanz des Vereins sinnvoll ist, dann muss man das auch als Trainer akzeptieren.

Das Gespräch führte Dietmar Nolte

Autor:

Dietmar Nolte aus Dortmund-West

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