Blau gegen schwarz: Projekt Tauschsalon bietet Jugendlichen Einblick in den Bereich Handel

Im Tauschsalon, den die Gewerkstatt gGmbH als Teil eines Qualifizierungs-Projekts für Jugendliche an der Universitätsstraße eröffnet hat, wird das Tauschen wörtlich genommen. Wer ein Kleidungsstück bringt, kann auch eines mitnehmen.
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  • Im Tauschsalon, den die Gewerkstatt gGmbH als Teil eines Qualifizierungs-Projekts für Jugendliche an der Universitätsstraße eröffnet hat, wird das Tauschen wörtlich genommen. Wer ein Kleidungsstück bringt, kann auch eines mitnehmen.
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Ob Hose oder Bluse, ob kariert oder geblümt, ob Schuhe oder Jacke – im Tauschsalon an der Universitätsstraße 20 gibt es fast nichts, das es nicht auch in einem Modegeschäft geben würde. Mit einem Unterschied: die Kleidungsstücke sind gebraucht und sie werden tatsächlich getauscht.

Der Laden in direkter Nähe des Hauptbahnhofs, der im vergangenen September eröffnet wurde, ist ein Projekt der Gewerkstatt gGmbH. Die Organisation betreibt für ihre Auftraggeber, die Agentur für Arbeit und das Jobcenter, an der Bessemerstraße eine Produktionsschule für Jugendliche, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt, aber noch nicht auf dem Ausbildungs- oder Arbeitsmarkt Fuß gefasst haben. Sie erhalten hier die Chance, sich auf die Berufsbereiche Metall / Maschinenbau sowie Lager / Handel / Logistik / Transport vorzubereiten.
Mode spielt dabei nicht unbedingt eine Rolle, aber die Bereiche Handel und Lager. „Wir haben etwas Praktisches gesucht, bei dem die Teilnehmer Kontakt mit Kunden und mit Ware haben“, erklärt Sozialpädagogin Barbara Bernhard. So wurde die Idee des Tauschsalons geboren.
Schon beim Einrichten des Ladens packten die Jugendlichen an, renovierten selbst und bauten Regale und Kleiderständer. „Die ersten Kleidungsstücke haben wir im Freundes- und Bekanntenkreis gesammelt“, erzählt Bernhard, wie der Grundstock des Angebots gelegt wurde.
Acht Teilnehmer der Produktionsschule kümmern sich nun abwechselnd um den Tauschsalon. Sie nehmen die neue Ware entgegen, gucken sie durch, sortieren im Zweifelsfall etwas aus, bügeln unter Umständen auch mal ein Kleidungsstück, bestücken die Regale und führen per Datenbank auf dem Laptop Buch über den Bestand.

Teilnehmer verkaufen und lernen

Und natürlich bedienen sie die Kunden, helfen ihnen weiter und lernen selbst dabei. „Ich habe mich sehr geöffnet und bin nicht mehr so schüchtern“, berichtet Nidal El Lahib. Die 19-Jährige möchte gern im Bereich Handel arbeiten und macht demnächst ein Praktikum bei einer Drogeriekette. Durch ihre Arbeit im Tauschsalon fühlt sie sich darauf gut vorbereitet.
Ihr Kollege Fabio Del Moro (20 Jahre) bringt schon Erfahrungen aus dem Lebensmitteleinzelhandel mit. „Höflichkeit und ein Auge für Kleidung“, nennt er weitere Beispiele für das, was er und die anderen Teilnehmer im Tauschsalon lernen. Und Petra Hüsges, Teamleiterin U25 im Jobcenter, ergänzt, dass auch der Umgang mit verschiedenen Arten von Kunden ein wichtiger Aspekt sei.
Hinzu kommen Zuverlässigkeit und Verantwortung, denn die Jugendlichen übernehmen stetig mehr Aufgaben, während die Begleitung durch Sozialpädagoginnen wie Barbara Bernhard und Anleiter der Produktionsschule immer weniger wird.
Den modischen Geschmack der Jugendlichen trifft die Kleidung, die sie sortieren, verwalten und anbieten, nicht immer so ganz, denn die meisten Kunden sind doch ein ganzes Stück älter. „Für mich war noch nichts dabei“, gesteht Nidal El Lahib.
„Es sind aber viele richtig gute Sachen darunter. Sogar von Hugo Boss und Lacoste“, erzählt Fabio Del Moro. „Und ein Ledermantel für 600, 700 Euro. Der war ganz schnell weg.“
Der Mantel war ebenso neu wie die beiden Teile, die an diesem Nachmittag eine ältere Dame vorbeibringt. „Das waren Fehlkäufe“, erläutert sie. Nun guckt sie sich um, ob sie etwas anderes Gutes mitnehmen kann. Sie schätzt die Idee des Tauschsalons. „Dann kann ich einmal mehr Urlaub machen.“
Wobei die Organisatoren durchaus auch weitere Aspekte im Blick haben. „Es ist ein nachhaltiges Projekt“, betont Barbara Bernhard. „Es sind so viele Klamotten im Umlauf, die man tauschen kann.“

1:1 tauschen

Idealerweise soll die Kleidung tatsächlich 1:1 getauscht werden – Hose gegen Hose, Pulli gegen Pulli. „Es geht aber auch mal 4 für 3“, so Bernhard. Und manchmal werden auch besondere Wünsche erfüllt – so wie bei dem Mädchen, das für ein Kostüm nur grüne Kleidungsstücke suchte.
In den Regalen des Tauschsalons findet sich alles „außer Schlafanzug und Unterhose“, so Barbara Bernhard. Dabei haben die Jugendlichen aber die Erfahrung gemacht, dass Frauen wesentlich stärker an dem Angebot des Tauschsalons interessiert sind als Männer. Folglich umfasst das Sortiment deutlich mehr Damenoberbekleidung als Mode für den Mann.
Finanziert wird das Geschäft aus dem Topf, der der Gewerkstatt für ihre Projekte im Auftrag der Agentur für Arbeit und des Jobcenters zur Verfügung steht. Die Projekte wiederum werden durch den Europäischen Sozialfonds unterstützt.
Geöffnet ist der Tauschsalon an der Universitätsstraße 20 montags von 14 bis 18 Uhr, dienstags und mittwochs von 12 bis 16 Uhr sowie donnerstags von 14 bis 18 Uhr.

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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