Schwangerschaftsabbruch weiterhin Tabuthema

Vor nicht einmal vierzig Jahren wurde in Österreich eine Fristenlösung eingerichtet, wonach Frauen eine ungewollte Schwangerschaft innerhalb der ersten drei Monate und nach der Beratung durch einen Arzt straffrei abbrechen dürfen. Diese Einführung fand im Jahr 1975 statt, doch auch heute noch gelten Abtreibungen in Österreich als Tabuthema, das lieber totgeschwiegen wird, bevor man es auch nur wagt, dies politisch zu thematisieren. Ein aktueller Fall einer Ärztin aus Wien, die an zahlreichen Frauen „Billigabtreibungen“ durchführte und dadurch mehr Schaden anrichtete als ihnen zu helfen, ist nun in die Schlagzeilen geraten und lässt das Thema Schwangerschaftsabbruch deshalb wieder hochkochen.

Im stark katholisch geprägten Österreich war die Einführung der straffreien Abtreibung in den 70er Jahren ein regelrechter Skandal. Beschlossen wurde sie damals von der sozialistischen SPÖ, die zu dieser Zeit an der Regierung waren. Nicht nur die bürgerliche Volkspartei ÖVP, sondern auch die Kirche und die „Aktion Leben“ wehrten sich mit Händen und Füßen gegen den Beschluss, konnten diesen letztendlich aber nicht verhindern.

Frauen wird es in Österreich allerdings auch heute noch enorm schwer gemacht, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Während die Krankenkassen in anderen Ländern die Kosten übernehmen, müssen diese hierzulande von den Patientinnen selber getragen werden. Die Kosten für eine Abtreibung liegen zwischen 350 und 800 Euro, die sich natürlich nicht jeder leisten kann. Aus dieser Situation heraus können auch nur Pfuscher wie die Ärztin aus Wien entspringen, die Abtreibungen für 300 durchführte, dabei aber nicht einmal annähernd die hygienischen und medizinischen Anforderungen erfüllen konnte. Die hohe Zahl der Abtreibungen in Österreich, sie ist dreimal so hoch wie in der Schweiz oder Deutschland, ist auf die mangelnde Prävention an Schulen und in den Familien zurückzuführen. Statistiken zur Anzahl der Schwangerschaftsabbrüche gibt es allerdings nicht, da die Ärzte keiner Meldepflicht unterliegen. Experten gehen aber von einer Anzahl von rund 30 000 Abbrüchen im Jahr aus.

Autor:

Johannes Strobelt aus Bochum

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.