Endlich Frieden mit Dortmund? Zum 625. Maiabendfest soll Frieden geschlossen werden

Bochum im „blau-weißen Taumel“: Tausende bejubelten Junggesellenhauptmann Thorsten Horn und die Bochumer Maikerls nach der Rückkehr aus dem Harpener Bockholt in der Bochumer Innenstadt. | Foto: Molatta
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  • Bochum im „blau-weißen Taumel“: Tausende bejubelten Junggesellenhauptmann Thorsten Horn und die Bochumer Maikerls nach der Rückkehr aus dem Harpener Bockholt in der Bochumer Innenstadt.
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Das Bochumer Maiabendfest, das in diesem Jahr seine 625. Auflage erlebt, gehört zu den außergewöhnlichsten Stadtfesten der Republik. Wegen des runden Jubiläums wird Ende April besonders ausgiebig gefeiert – mit zahlreichen Neuerungen und einem Preis für gewaltfreie Konfliktlösung.

Von Hubert Röser

Karl-Heinz Böke kann es kaum noch erwarten – der Vorsitzende der Bochumer Maiabendgesellschaft 1388 blickt der Jubiläumsveranstaltung mit Vorfreude und Spannung entgegen: „Das Fest wird alles in den Schatten stellen, was wir in den vergangen Jahren erlebt haben!“ Das ist nur zu verständlich – schließlich muss ein rundes Jubiläum auch besonders gefeiert werden. Er freut sich besonders darauf, dass ein abschließender Friedensvertrag für den historischen Streit (sie-
he nebenstehende Info-Box) derzeit vorbereitet wird. „Der soll am 26. April dann offiziell unterschrieben werden.“

Das gewaltfreie Zurückholen einer Viehherde, das Grundlage des Festes ist, hat den Vorstand der Maiabendgesellschaft dazu bewogen selber einen Preis für gewaltfreie Konfliktlösung auszuloben. „Geehrt werden können Einzelpersonen oder Gruppen aus Bochum, die beispielhaft auf Deeskalation und Gewaltverzicht gesetzt und so dazu beigetragen haben, dass Konflikte ohne Gewalt gelöst werden konnten“, erläutert Böke das mit dem Preis verbundene Ansinnen. Die Jury besteht aus OB Ottilie Scholz, Polizeipräsidentin Diana Ewert, Dirk Hagebölling, Leiter der Bochumer Feuerwehr, und Isabell Hoffmann, Richterin am Landgericht Bochum. Hinzu kommt der Vorsitzende der Maiabendgesellschaft. Dotiert ist der Preis, für den jeder Bürger der Stadt Vorschläge einreichen kann, mit 1.000 Euro und einem Pokal.

Projekttage in den Schulen

„Wir wollen den Gedanken des Festes in die ganze Stadt hineintragen“, erläutert Böke, der unter anderem die Schulen der Stadt mit Material für Projekttage versorgen will. „Das Bochumer Maiabendfest ist mit seiner Geschichte einzigartig – und da ist es doch toll, wenn die Bochumer Kinder diesen Teil unserer Stadtgeschichte näher kennen lernen.“

Professionelle Unterstützung

Unterstützt wird das Maiabendfest in diesem und den beiden kommenden Jahren von Bochum Marketing. „Das ist uns eine Herzensangelegheit“, meint Mario Schiefelbein, der das Volksfest, bei dem rund 100 Gruppen mit 2.000 Personen am Einmarsch von Harpen teilnehmen, als eine der wichtigsten Veranstaltungen des Jahres sieht. „Wir wollen den Organisatoren mit Knowhow, Manpower und Ideen helfen.“

Und auch das neue Maiabend-Museum an der Großen Beckstraße soll pünktlich zum Fest eröffnet werden: Auf rund 120 Quadratmetern wird eine Dauerausstellung zu diesem spannenden stadthistorischen Thema zu sehen sein.

Ebenfalls bis zu den Festtagen vom 25. bis 28. April wird die Beckporte errichtet sein, durch die die Maikerls am 27. April mit drei Kühen ziehen werden. Sie symbolisieren die aus Dortmund nach Harpen zurückgebrachte Herde ...

Die Zukunft liegt vor uns

Der in Deutschland einzigartige Brauch des Bochumer Maiabendfestes geht auf folgende geschichtliche Begebenheit zurück: Im Mittelalter gehörte Bochum zur Grafschaft Mark, in der von 1347 bis 1391 Graf Engelbert III. regierte.

Wegen eines Spottgedichtes sagte er der freien Reichsstadt Dortmund 1388 die Fehde an. In diesem Streit leisteten die Bochumer Junggesellen dem Grafen tatkräftige Hilfe. Der Volksmund weiß zu berichten, dass die Bochumer eine wertvolle Herde Vieh, die die Dortmunder aus Harpen fortgetrieben hatten, mit List dem Grafen zurückeroberten.

Aus Dankbarkeit machte Graf Engelbert, der zeitweilig auf der Burg Blankenstein wohnte, den Bochumer Junggesellen 1388 eine Stiftung. Sie erhielten das Recht, alljährlich am Vorabend des 1. Mai aus den gräflichen Waldungen im Bockholt (jetzt Stadtteil Bochum-Harpen) einen ausgewachsenen Eichbaum abzuholzen. Dieser musste vor Sonnenuntergang auf den Schultern der Junggesellen durch die Beckporte nach Bochum gebracht werden. Sie wurde einem verdienten Bochumer Bürger übergeben, der dafür das Maiabendfest (Schützengelage) finanziert hat.
Nach Aufteilung des Bockholts 1769 wurde der Anspruch auf den Maibaum durch eine Geldrente abgelöst.

Die Zinsen aus diesem Kapital werden den Junggesellen alljährlich in feierlicher Form ausgezahlt.

In symbolischer Anlehnung an das frühere Brauchtum wird auch heute noch eine junge Eiche aus dem Bockholt eingeholt und in Bochum gepflanzt. Westfälische Treue und ein starkes Heimatbewusstsein haben das Erbe der Väter bis auf den heutigen Tag gewahrt. Die ganze Stadt nimmt an dem Maiabendfest herzlich Anteil.

Bochum im „blau-weißen Taumel“: Tausende bejubelten Junggesellenhauptmann Thorsten Horn und die Bochumer Maikerls nach der Rückkehr aus dem Harpener Bockholt in der Bochumer Innenstadt. | Foto: Molatta
Auf Graf Engelbert III. geht das Bochumer Maiabendfest zurück. | Foto: Maiabendgesellschaft
Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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