Bedingungen... ein bisschen Philosophie?

Nun, welches könnte ein bedrohtes Wort der deutschen Sprache sein? Vielleicht das Wort: Bedingungen? Es hört sich sehr banal an: „Es bedingt sich, das Leben bedingt sich eben.“ Aber es scheint ein sehr komplexes und kompliziertes Wort zu sein.
Der „Bedingte Reflex“ im Lexikon z.B. lautet: „Zeitweilig auslösbare reflexähnliche Reaktion, die nicht, wie der Reflex angeboren, sondern während des Lebens erworben ist“.
Auch der „Bedingungssatz“, eingeleitet durch die Bedingungen „wenn, falls“ findet sich im Lexikon wieder.
Mathematisch ist eine Bedingung ganz klar logisch aufgebaut:
Wenn a=b und c=a, dann muss… na was? Logik eben!
Mit dem bedingten Reflex sieht das schon anders aus. Erworbene Schemata der Vergangenheit bedingen Erfahrungen des Körpers und/oder des Geistes. Dabei sind erfolgversprechende Verhaltensweisen ebenso wie Negativerfahrungen gespeichert. Watzlawick hat sehr schön und humorvoll geschildert, wie negative Gedankengänge wie reflexartig zu unschönen Handlungen verleiten.
Erlerntes, ob reflexartig oder nicht, bedingt sich aber auch durch die momentane Situation und/oder Befindlichkeit, ebenso wie durch die Umgebung und/oder des Gegenübers. Oberflächlich betrachtet, scheint dies wie ein Bedingungssatz zu sein: wenn, falls es so und nicht anders ist, entspricht es so und nicht anders.

Doch wenn sich die Vergangenheit auf bestimmte Weise bedingt hat, bedingen sich auch die Erfahrungen aus der Vergangenheit in die Gegenwart, als auch die Erfahrungen und Eindrücke der Gegenwart in die Gegenwart, die sich wiederum auch nach unterschiedlichen Kriterien bedingen. Ebenso bedingen sich bei einem Austausch zwischen Menschen wiederum die jeweiligen unterschiedlichen Bedingungen von Vergangenheit und Gegenwart, die sich aus verschiedenen Bedingungen zusammengesetzt haben.
Nimmt man dann die Zeit als Faktor hinzu, der nie ganz zu definieren ist, weil nie ganz abgeschlossen und nie ganz angefangen, wird es kompliziert.

Treffen Menschen aufeinander, so müsste man ihre vergangenen und gegenwärtigen Bedingtheiten in ihrem äußeren und inneren Rahmen berücksichtigen, und somit ihre komplett unterschiedlichen Wahrnehmungsmuster. Nimmt man jetzt noch die vermeintlichen Bedingungen der Menschen in ihrem Wollen und Wünschen für die Zukunft hinzu, wird es einigermaßen verworren.
Da aber auch, wie im Buddhismus angenommen und von der Quantentheorie möglicherweise bestätigt, ein Betrachtetes nicht unabhängig vom Betrachter zu sehen ist, sich also Betrachter und Betrachtetes gegenseitig bedingen, erscheint das Netz von Bedingtheiten quasi ein Lebensprinzip zu sein, was logisch mathematisch nicht zu lösen ist.
Nehmen wir mal an, dass sich alles durch eine unüberschaubare Anzahl von Faktoren, die der Zeit unterworfen sind oder auch nicht, bedingen, wie ist es dann möglich, ein klares eindeutiges Urteil über einen anderen Menschen abzugeben? Wie kann man etwas oder jemand festlegen, wenn sich doch alles fortwährend in unablässiger Bedingung von einander befindet? Wenn sich, wie man sieht, die mannigfaltigen Bedingungen nicht eindeutig festlegen lassen?

Bedingungen in der Mathematik und in der Semantik sind festgelegt – bei dem Menschen, im Leben gilt das nicht.

Man könnte eventuell das deutsche Wort auch mit „Relation“ übersetzen, was aber zu einem fälschlichen Sinn führen würde, denn zu behaupten, wie sich z.B. die „Relation“ eines Rosenkrieges nach einer Ehe auswirken kann und ob sie sich mathematisch oder reflexartig bedingt festlegen lässt, ist absurd. Und wie viele Paare gibt es, die vollkommen „unlogisch“ agieren?
Es bedingt sich eben alles...

Autor:

Ingrid Dressel aus Bochum

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