Giraffenflügel und Cellone: Instrumentensammlung Grumbt beherbergt viele Schätze

Das Tafelklavier aus dem Jahr 1858 gehört zu den Instrumenten, die Günter Fey während der Führungen durch die Instrumentensammlung Grumbt auf Haus Kemnade präsentiert.
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Als „instrumentenbaugeschichtliche Sackgasse“ bezeichnet Christoph Schlierkamp, Kustos des Kulturhistorischen Museums Haus Kemnade, die Streichinstrumente, die der Geigenbauer Alfred Stelzner Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen haben sie genau wie rund 1.600 andere historische Instrumente einen Platz in der Instrumentensammlung Grumbt auf Haus Kemnade.

Gleich ein ganzes Stelzner-Quartett beherbergt die Sammlung, die der Musiker Hans Grumbt, der viele Jahre Cellist bei den Bochumer Symphonikern war, und seine Frau Hede über Jahrzehnte zusammentrugen. Zwei Violinen, eine Violetta und die Cellone gehören dazu. Damit habe Stelzner versucht, das Streichquartett zu reformieren, erläutert Günter Fey vom Förderverein Haus Kemnade und Musikinstrumentensammlung Grumbt. „Alle Instrumente haben die gleiche Stimmung.“ Dabei sind Violetta, die die Bratsche ersetzt, und Cellone, ein Mittelding aus Cello und Kontrabass, jeweils eine Oktave tiefer gestimmt.
Durchsetzen konnten sich die Instrumente aber letztlich nicht, obwohl Zeitgenossen Stelzners ihren Klang lobten. „Es gibt leider keine klassischen Werke, zum Beispiel von Beethoven oder Mozart, für diese Stimmung“, erläutert Fey das Problem.

Restauriert und spielfertig

Ein heutiges Problem stellt der Zustand so mancher Instrumente der Samlung dar, die häufig noch älter als das Stelzner-Quartett sind. Von diesem wurde die Cellone durch die Dortmunder Geigenbauerfirma Bley restauriert und wieder spielfertig gemacht. „Die anderen drei Instrumente sind Projekte, die noch angegangen werden sollen“, so Schlierkamp.
Das gilt auch für den Giraffenflügel, ein echter Hingucker, der sich die Wand hochreckt. Dieses Tasteninstrument des Wiener Klavierbauers Anton Walter, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts geschaffen wurde, „ist ein Zeugnis aus der Zeit, als man Platz sparen wollte und deswegen in die Höhe gebaut hat“, erklärt Schlierkamp. Das Instrument, dessen Saiten auf einen Holzrahmen gespannt sind, verfügt über eine Hammerklaviermechanik, weswegen es eher wie ein Cembalo klingt als wie ein Klavier. Allerdings ist es zurzeit nur ein Ansichtsexemplar, da die Mechanik defekt ist. Auch Dämpfer fehlen, und bei der Klaviatur, die wie damals üblich aus Elfenbein und Ebenholz hergestellt wurde, hängen manche Tasten.

Aus Europa und dem Rest der Welt

Viele weitere Instrumente aus verschiedenen Epochen haben Hans Grumbt (1898-1989) und seine Frau Hede (1896-1995) gesammelt. Lange Zeit waren es europäische, die sie 1970 der Stadt Bochum übergaben, und danach folgten außereuropäische Instrumente. „Diese kamen überwiegend durch Missionen zusammen. Wenn jemand ausgesendet wurde, bekam er Hausaufgaben von Hans Grumbt mit“, weiß Fey, der noch mit dem Sammler bei den Symphonikern spielte.
Rund 1.600 Instrumente sowie 200 weitere musikalische Objekte sammelte das Paar. „Es ist die größte private Sammlung in Nordrhein-Westfalen“, berichtet Melanie Richter vom Förderverein. In der Dauerausstellung auf Haus Kemnade ist aber nur ein Teil zu sehen. Die meisten Instrumente befinden sich im Magazin. „Wir wünschten, wir hätten mehr Platz zum Zeigen“, bedauert Richter.

Tafelklavier aus der Familie Beuys

Im Prinzip ist die Instrumentensammlung Grumbt mit dem Tod des Ehepaares abgeschlossen, aber das Museum nimmt auch Schenkungen an. „Unter dem Aspekt, wenn damit die Sammlung ergänzt werden kann“, erläutert Schlierkamp. Das war der Fall, als dem Förderverein vor einigen Jahren ein Tafelklavier der Firma Blüthner von 1858 angeboten wurde, das aus der Familie des Künstlers Joseph Beuys stammt. „Das haben wir sofort angenommen, ohne zu wissen, was eine Restaurierung kosten würde“, erzählt Fey. Letztlich waren es etwa 2.000 Euro, die in die Überarbeitung des Instruments inklusive Austausch aller Filze und einiger Wirbel investiert wurden.
Seitdem wird es immer mal wieder für Konzerte genutzt. „Es ist das einzige spielbare Tasteninstrument, das wir haben“, sagt Richter. Für alle Kompositionen kommt es aber nicht in Frage, denn wie Schlierkamp ergänzt: „Es ist von der Hertzfrequenz tiefer gestimmt als übliche Konzertinstrumente. Manche Dinge lassen sich deswegen darauf nicht spielen.“ Zudem hat das Tafelklavier eine verkürzte Klaviatur.
Ein Attraktivität des Museums ist das Instrument trotzdem. Aber ist es auch wertvoll? „Wenn es ums Spielen geht, müsste man jemandem sagen: ,Kauf Dir lieber einen Flügel'“, erklärt Schlierkamp. Eine konkrete Summe könne man nicht beziffern, „aber historisch gesehen, auch durch die Verbindung zur Familie Beuys, erwächst ein Wert.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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