Tief im Westpark – verstaubte Sonne, versengte Wiese

"Es gelbt so gelb". Sonneneinstrahlung und Tankstellen-Grills haben ihre Spuren hinterlassen, nicht umsonst wird diese Wiese auch "Plateau der Entspannung" genannt.
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Herr Grönemeyer wusste es schon lange: Bochum ist „besser, viel besser als man glaubt“. Auf einem ehemaligen Industriegelände im Stadtzentrum buhlen Naherholung und Hochkultur um die Gunst des Publikums.

Als Sommerkind trage ich die Sonne im Blut. Bei gutem Wetter in der Bude zu hocken, grenzt für mich an Gotteslästerung. Mich erdrückt die Wärme nicht, mich deckt sie zu. Na schön, zu viel des Zudeckens tut bisweilen auch nicht gut, und so rettete ich mich eines Tages völlig sonnenzermatscht unter einen Baum im Bochumer Westpark.

Sommerkind im Sommerloch

Als ich aufwachte, verfing sich mein Blick in der zerfurchten Fassade der Jahrhunderthalle, die in sicherer Entfernung thronte. Um mich herum war nicht als Wiese und Feierabendstimmung. Kinder spielten Ball und Erwachsene stolperten über Balancierseile, aufgespannt zwischen Baumstämmen. Es war die Zeit der Bierdosen und Einweggrills, und so lange es noch keinen fleischlosen Tag in der Woche gibt und die NSA davon nichts mitbekommt…wie war das noch? Ach ja, Welcome to the Sommerloch.

In der Zeitung las ich von einer sogenannten Alligatorschildkröte in einem bayrischen Badesee, die einem Jungen die Achillessehne durchgebissen hatte. Verstört lugte ich nach links und rechts, aber hier waren weder Alligatoren, noch Schildkröten zu sehen, also keinerlei Gefahr für freilaufende Achillessehnen, und ohnehin schien die Brühe in den künstlichen Wasserläufen um mich herum zum Schwimmen dann doch zu ungesund. Ganz anders meine Stimmung, die in allen Farben blühte, und schon ging ich meiner Borbecker Heimat fremd, für einen Moment war ich bereit, ganz Essen für Bochum von der Picknickdeckenkante zu stoßen.

Entspannung und Kultur pur

Denn hier kann ich sein, hier kann ich mich auf Wiesen wälzen und Löcher in die Wolken am Jahrhunderthimmel starren. Und die Löcher ließen nicht auf sich warten, der Wind zerrte sie zu klaffenden blauen Wunden, aus denen Abendsonne strömte, und das alles gab’s zum Nulltarif.

Für Klavierkonzerte und Theaterspektakel darf man hingegen tiefer in die Tasche greifen. Alles im Westpark dreht sich um die Jahrhunderthalle, und das nicht nur, wenn man ein paar Bierdosen zu viel hatte. Das einstige Kruppstahl-Ungetüm dient als eines der wichtigsten Veranstaltungszentren des Ruhrgebiets, auch die RuhrTriennaleTriennaleTriennale findet hier statt.

Es summte um mich herum, schon wieder war ich eingeschlafen. Mücken und Wespen sind die Schönheitsfehler der warmen Jahreszeit, aber hey, nobody's perfect. Auch meine Haut war nicht rot, sondern braun geworden. Es ist schön, ein Sommerkind zu sein. Ich liebe die Sonne, und die Sonne liebt mich.

Anfahrt:

Vom Bochum Hbf mit der Straßenbahn 302 Richtung Gelsenkirchen-Buer oder 310 Richtung Bochum-Höntrop bis zur Haltestelle Bochumer Verein/Jahrhunderthalle. Über die großzügige Freitreppe landet man direkt im Park.

Mit dem Auto: A 40, Abfahrt Bochum-Stahlhausen (32), Ausschilderung "Stahlhausen/Jahrhunderthalle" folgen.

Autor:

Julian Brock aus Essen-Borbeck

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