"You want it darker" - Shakespeares "Romeo und Julia" im Schauspielhaus

Ein kleines bisschen Horrorshow bei "Romeo und Julia" im Schauspielhaus. | Foto: Aurin
  • Ein kleines bisschen Horrorshow bei "Romeo und Julia" im Schauspielhaus.
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Sarah Grunert und Michael Schütz könnten vermutlich auch das Telefonbuch vorlesen – der Zuhörer hätte immer noch den Eindruck von Poesie. Schließlich sind beide herausragende Sprecher. Wenn die beiden nun in einem der größten Werke der Dramenliteratur – Shakespeares „Romeo und Julia“ - auf der Bühne des Schauspielhauses stehen, kann ja eigentlich nichts mehr schiefgehen.

Um es vorwegzunehmen: Es geht auch nicht schief. Grunert präsentiert sich als Juliet einmal mehr als ausdrucksstarke Schauspielerin und brilliert auch als Sängerin: Roberta Flacks „Killing me softly with his song“ bekommt im Kontext der morbiden Shakespeare-Inszenierung eine ganz neue Bedeutung. Ihr Romeo, Torsten Flassig, ist von erstaunlicher körperlicher Präsenz.
Michael Schütz legt die Rolle des Beichtvaters Lorenzo faszinierend ambivalent aus. Er sieht dabei aus wie Ozzy Osbourne – nur besser. Singen darf er auch: Leonard Cohens „You want it darker“, vorgetragen im Stil von „Black Sabbath“.

Neue Übersetzung

Nach Alan Ayckbourns Komödie „Familiengeschäfte“ inszeniert Marius von Mayenburg, der selbst bereits zahlreiche Theaterstücke verfasst hat, an der Königsallee nun also die paradigmatische Liebesgeschichte schlechthin. Er hat den Text ohne übertriebene Ehrfurcht neu übersetzt und wahrt doch seine Würde. Da beschimpft Mutter Capulet (Matthias Redlhammer) ihren Gegenspieler Montague (ebenfalls Michael Schütz) schon einmal als „Gartenzwerg“; der revanchiert sich und tituliert Juliets Mama als „Hexe“.
Der Gegensatz der verfeindeten Familien gibt von Mayenburgs Inszenierung die Struktur: Ein Teil des Publikums sitzt auf der Bühne, der andere im Zuschauerraum. Wer auf der Capulet-Seite Platz genommen hat, sieht das Geschehen in der Montague-Hälfte nur über Video – und umgekehrt. Romeo überschreitet die magische Grenze und ebnet damit den Weg ins Verderben. Der Zuschauer wird in den Konflikt der Veroneser Familien involviert.

Liebe und Tod

Die beiden Liebenden drohen immer wieder einmal mit Selbstmord. Überhaupt arbeitet die neue Bochumer Inszenierung das Düstere des Dramas überzeugend heraus – da erinnert wirklich nichts an das romantische Bild, das wir uns von Shakespeare zu machen gewohnt sind. Bei aller Tragik durchweht das Ganze auch ein zauberhafter Humor: Matthias Redlhammer und Nils Kreutinger kosten ihre Frauenrollen aus, ohne dass je eine Anmutung von „Charleys Tante“ aufkäme.
Überhaupt quillt diese Wundertüte über vor Ideen. Manchmal beschleicht einen der Gedanke „Vielleicht wäre etwas weniger besser gewesen“. Doch nein, es muss heißen: „Zu viel von allem ist wundervoll!“

Termine
„Romeo und Julia“ kommt am Freitag, 17. März, um 19.30 Uhr wieder auf die Bühne des Schauspielhauses, Königsallee 15. Bereits um 18.45 Uhr gibt es eine Einführung im Foyer.
weitere Termine: Mittwoch, 29. März, 19.30 Uhr; Sonntag, 2. April, 17 Uhr (16.15 Uhr Einführung im Foyer); Montag, 17. April, 19 Uhr; Sonntag, 23. April, 17 Uhr (16.15 Uhr Einführung im Foyer); Samstag, 29. April, 19.30 Uhr

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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