Frida Gold zurück in Bochum - Alina Süggeler exklusiv: "Das Ruhrgebiet war und ist immer die Konstante"

Alina Süggeler und Frida Gold kommen am 25. April in die Christuskirche. | Foto: Andreas Molatta
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Am 25. April spielen Frida Gold ein Konzert in der Christuskirche in Bochum. Sängerin Alina Süggeler stand im Vorfeld in einem ausführlichen Exklusiv-Interview Rede und Antwort.

Hallo Alina, Du kommst demnächst mit Frida Gold nach Bochum – eine Rückkehr in die alte Heimat?
Nicht nur in die alte Heimat – Bochum, Hattingen, das ist einfach meine Heimat und fühlt sich auch immer noch so an. Wir sind oft hier und versuchen unsere Wege immer über das Ruhrgebiet zu steuern. Wir nutzen wirklich jede Gelegenheit.

Was bedeutet Heimat für Dich? Und was macht Heimat aus?
Grundsätzlich bedeutet Heimat, sich akzeptiert zu fühlen. Heimat können Menschen sein, Heimat kann ein Ort sein – in Bochum ist es für mich tatsächlich beides. Hier sind Familie und Freunde und hier bewege ich mich irgendwie mit einer anderen Selbstverständlichkeit. Ich habe hier immer das Gefühl, willkommen zu sein. Das ist total schön, weil es sich auch nie verändert hat. Und das gerade in Zeiten, in denen sich sehr vieles verändert, wie es in den letzten Jahren bei uns der Fall war. Das Ruhrgebiet war und ist immer die Konstante.

"Bochum? Es ist irgendwie ehrlich!"

Heimat ist also in erster Linie ein Gefühl?
Es ist vor allem ein Gefühl, und es hat auch viel mit Gemeinschaft zu tun. Wir genießen es immer alle sehr, wenn wir als Familie alle zusammenkommen. Es ist in gewisser Weise ein Ritual. (lacht) Wenn ich hier bin, gehen wir auch immer einmal zusammen im Bermuda-Dreieck eine Pommes essen – fast schon ein typisches Ruhrpott-Programm. Und im Schauspielhaus bin ich gerne, ich mag die Atmosphäre dort und die Haltung der Leute, die dort zusammenkommen. In Berlin hat Kultur oft etwas Überhöhtes, Elitäres – hier ist es eher etwas Selbstverständliches. Man begegnet den Dingen anders. Es ist nicht alles kompliziert und hochtrabend. Es ist irgendwie ehrlich. Und das liebe ich sehr.

Wäre da nicht auch eine dauerhafte Rückkehr nach Bochum eine gute Idee?
Das ist fast eine tägliche Überlegung, muss ich gestehen. Ich würde mir in Berlin eine andere Ruhe wünschen, aber dazu komme ich nicht. Irgendwie kann ich mich dort nicht so verankern, auch wenn wir dort unser Business-Netzwerk haben und ich auch viele tolle Menschen kennengelernt habe. Aber wenn ich mal ein bisschen Zeit habe, bekomme ich oft das Gefühl, ich verbringe diese Zeit am falschen Ort.

"Celebrity hat mit uns nichts zu tun"

Also ist der Standort Berlin vor allem dem Beruf und der Karriere geschuldet?
Gefühlt ist man in Berlin näher am Geschehen. Auf der anderen Seite können wir unsere Musik überall machen. Wir lieben es einfach, unsere Musik zu machen. Wir mögen die Momente, in denen wir mit einer Botschaft draußen sind, mit einer neuen Platte und unsere Konzerte spielen. Das ganze Celebrity-Dasein hat mit uns eigentlich nichts zu tun. Wir fühlen uns in dieser Öffentlichkeit gar nicht so wohl. Das ist aber etwas, was Berlin fordert und fördert mit all seinen Veranstaltungen. Ich weiß nicht, ob wir das wirklich brauchen.

Du hast Eure Konzerte angesprochen. Am 25. April kommt Ihr in die Christuskirche, wo Ihr gerade auch das Musikvideo zum Stück "Zurück zu mir" neu abgedreht habt – alles andere als ein klassischer Konzertsaal.
Kirche ist grundsätzlich ein schöner Raum zur Begegnung, das war für mich schon immer so. Man begegnet sich dort, man bekennt sich aufgrund gemeinsamer Überzeugungen zu einer Sache und lebt Gemeinschaft. Ich bin selbst in einer katholischen Gemeinde groß geworden, war dort sehr aktiv. Schon damals war Kirche für mich ein Ort der Begegnung.

Wie geht Ihr dieses Konzert an, das Teil Eurer Akustiktour ist?

Es fühlt sich ein bisschen so an, als wenn wir die Leute zu uns nach Hause einladen. Ich fühle mich als Gastgeber. Das sind wir in gewisser Weise immer, wenn wir unsere Konzerte spielen. Aber jetzt fühlt es sich sehr stark so an, dass jeder einzelne Besucher als Gast kommt. Es ist ein Stück ein neuer Zugang für das Gefühl, ein Konzert zu spielen. Ich hoffe, dass es ein Abend wird, der einen Austausch möglich macht, der wirklich zum Dialog führt. Das neue Album war kommerziell nicht so erfolgreich wie seine Vorgänger, aber wir konnten uns voll auf den Sinn unserer Musik konzentrieren. Was soll davon am Ende übrig bleiben? Mit welchem Gefühl sollen die Leute nach Hause gehen, wenn sie bei uns waren? Mir geht es vor allem um Begegnung. Und Musik lässt das zu. Es geht um Momente, die man miteinander teilt. Ich habe die Hoffnung, dass die Konzerte dieser Tour in ihrer sehr heruntergebrochenen Form das noch einmal mehr möglich machen.

"'Zurück zu mir': Wer sind wir eigentlich?"

Daher auch der Name der Tour: „Zurück zu mir“?
Unbedingt! Das ganze Album hatte für mich etwas davon, mich zurück zu besinnen. Zurück zum Ursprung, zurück zur eigentlichen Idee. Warum habe ich mal mit der Musik angefangen? Was war meine Überzeugung? Was war meine Botschaft? Als wir mit Frida Gold angefangen haben, steckte ich noch sehr in einer Selbstfindungsphase. Dann kam die Öffentlichkeit dazu, viel positive und viel negative Kraft von außen. Jetzt war es wichtig, mal inne zu halten. Wer sind wir eigentlich? Wofür stehen wir? Das Album war ein Prozess, dort wieder hinzufinden. „Zurück zu mir“ ist der letzte Schritt, dahin zurückzugehen, wo ich ganz ehrlich bin. Die Reset-Taste drücken und noch einmal etwas verändern im Leben. Dazu ist der Blick nach innen so wichtig: Bin ich auf dem Kurs, auf dem ich sein möchte? Bin ich von den richtigen Menschen umgeben? Ist mein Partner der richtige? All diese Fragen schwingen mit in diesem „Zurück zu mir“.

Wenn das Album auch der Versuch ist, zu Dir selbst zu finden – ist er gelungen?
Ich bin mir definitiv näher gekommen, auch meinen Fehlern näher gekommen und den Dingen, die an mir vielleicht schwierig sind oder die ich mir selbst ein bisschen anders wünschen würde. Ich habe eine sehr versöhnliche Art zu mir selbst gefunden. Das hilft viel mehr, als sich ständig selbst zu prüfen. Ich habe das Gefühl, ich begegne mir da jetzt selbst, wo ich in gewisser Weise noch nicht in Ordnung bin. Ich habe gelernt, das anders zu akzeptieren. (lacht) Ich weiß noch nicht, wie sich das niederschlägt. Aber ich habe auf jeden Fall die richtigen Schritte eingeleitet.

Das neue Album ist ruhiger, melancholischer, balladenhafter als seine Vorgänger. Entspricht das dem, was Ihr beim Schreiben gefühlt habt? Oder ist es auch der Versuch, Eurer Musik nochmal eine andere Richtung zu geben?
Nein, so ein Versuch steckt gar nicht dahinter. Ich habe einfach geschrieben, Andi hat vertont. Und wir haben uns getraut, die Dinge mal so stehen zu lassen, wie sie passiert sind. Ich bin sonst oft jemand, der alles Mögliche und auch sich selbst immer noch zehn Mal überprüft. Momente einfach so zu nehmen, wie sie sind, das haben wir jetzt musikalisch versucht. Nicht noch ein paar Mal Hand an einen Song zu legen, sondern ihn so stehen zu lassen, wie er ist.

"Viele Songs, die mir sehr wichtig sind"

Hast Du einen Lieblingssong auf dem neuen Album?
Bei unseren anderen Alben konnte ich das klarer benennen, aber dieses Mal eigentlich nicht. Es haben so viele Songs ihren Platz gefunden, die mir vom Inhalt sehr wichtig sind. Das gilt zum Beispiel für „Andis Song“, der nochmal beschreibt, wie essenziel unsere Freundschaft für das ist, was wir bei Frida Gold machen. Oder der Song „Ich hab Angst“, in dem ich Farbe bekenne für meine Ängste. Wenn man ihnen begegnet, sind sie nur noch halb so schlimm. Und eben „Zurück zu mir“, sich auf die eigene Kraft besinnen. Im Ursprung liegt eigentlich all das schon, was wir sind. Wie wir es ausleben, können wir dann bestimmen.

Ist „Andis Song“ auch ein kleines Dankeschön an Andi Weizel?

Er ist ein großes Dankeschön! Es gibt Menschen, denen begegnest du und sie verändern dein Leben. Und das hat Andi bei mir gemacht. Er hat nachhaltig mitbestimmt, in welche Richtung mein Leben gelaufen ist. Wir kennen alle den Grundhalt in einer Familie. Andi war der erste Mensch, der mir gezeigt hat, dass es auch andere gibt, die ein solches Gefühl hervorrufen können. Der Song war mir kein bewusstes Bedürfnis, weil wir eh sehr ehrlich miteinander sind und immer wieder die Gelegenheit haben, uns zu sagen, was wir uns bedeuten. Aber der Text zu diesem Lied hat sich einfach so durchgesetzt. Ich hatte die Melodie im Kopf, und eines Nachts kurz vorm Schlafen war mir auf einmal so klar, dass dieser Song unsere Geschichte erzählt. Und dann war es ein Text, der ganz schnell entstanden ist, weil ich ihn irgendwie in mir getragen habe.

Im Song „Himmel“ spielen Begriffe wie Frieden, Gerechtigkeit und Verantwortung eine Rolle. Steckt dahinter auch eine politische Botschaft?
Ich glaube, dass Politik im Kleinen beginnt. Wir tragen alle eine Verantwortung, der wir uns manchmal gar nicht so bewusst sind. Den Song habe ich geschrieben, um Mut zu machen, die eigene Verantwortung wieder ernster zu nehmen. Wir können alle einen Teil dazu beitragen, dass sich Dinge verändern. Ich glaube, dass eine Zeit gekommen ist, in der man noch einmal anders Farbe bekennen muss. Leute, die gegen etwas sind, sind meistens die, die lauter sind. Wer für etwas ist, wer im Guten für etwas einsteht, der ist oft eher vornehm zurückhaltend. Die Eigenverantwortung ernst zu nehmen und sie als Geschenk anzuerkennen, ist wichtig. Jeder Einzelne von uns spielt eine Rolle. Wenn wir in einem System leben dürfen, in dem das so ist, sollten wir das dankbar annehmen und es hochhalten. In diesem Sinn soll der Song vor allen Mut machen zu dem, was es heute wieder braucht.

"Kunst ist da, um Grenzen zu verschieben"

Lass uns noch ein wenig in die Zukunft von Frida Gold blicken. Ihr habt es vor kurzem auch mit einem englischsprachigen Album versuchen wollen, das aber schnell verworfen. Wie geht es weiter?
Wir sind da gar nicht festgelegt. Wir haben das englische Album aus Überzeugung geschrieben und es existiert ja auch. Ich kann mir auch vorstellen, dass wir in naher Zukunft noch einmal etwas von diesem englischsprachigen Material veröffentlichen werden. Ich möchte schon, dass die Leute das hören, denen es gefällt und die sich darin ein stückweit wiederfinden. Uns war es wichtig, dass wir uns mit dem Album in gewisser Weise auch ausprobieren. Ich finde, dass wir manchmal in einem sehr trägen System unsere Kunst machen. Da würde ich mir generell für die Zukunft wünschen, dass wir uns mit einer anderen Leichtigkeit ausprobieren und diesen Schritt dann auch zu Ende gehen. Kunst ist da, um Grenzen zu verschieben und neue Wege aufzuzeigen. Das fehlt mir manchmal bei dem, was gerade so flächendeckend an Musik gespielt wird. Ich würde mir wünschen, dass Leute sich generell öfter mal neu erfinden und ausprobieren.

Der Stadtspiegel verlost 3 x 2 Karten für das Konzert am Dienstag, 23. April.

Autor:

Dietmar Nolte aus Dortmund-West

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