Transnationales Theaterprojekt zeigt „Malalai – die afghanische Jungfrau von Orléans“ in den Kammerspielen des Schauspielhauses

"Malalai - die afghanische Jungfrau von Orléans" verknüpft afghanische und europäische Legenden auf ungewöhnliche Weise. | Foto: Hauschild
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Regisseur Robert Schuster blickt zurück auf sein Projekt „Kula – nach Europa“, das im vergangenen Jahr auch am Bochumer Schauspielhaus zu sehen war: „Wir wollten afghanische Schauspieler einladen. Visa wollte die Deutsche Botschaft jedoch nur erteilen, wenn die Ehefrauen als 'Rückreiseversicherung' in Afghanistan bleiben. Drei Wochen vor der Premiere erfuhren wir dann, dass auch die Männer nicht nach Deutschland kommen dürfen.“ - Dieser aufreibende Prozess wurde im Stück „Kula – nach Europa“ reflektiert. In diesem Jahr ist es nun gelungen, die Theatergruppe AZDAR aus Afghanistan nach Deutschland zu holen. Am Deutschen Nationaltheater Weimar realisierten Robert Schuster und Julie Paucker mit ihnen „Malalai – die afghanische Jungfrau von Orléans“. Kooperationspartner ist auch diesmal wieder das Schauspielhaus. Daher ist das ungewöhnliche Stück auch zweimal an der Königsallee zu sehen.

Malalai von Maiwand, so besagt es jedenfalls der afghanische Mythos, war im Jahre 1880 Sanitäterin im Unabhängigkeitskrieg gegen die britische Kolonialmacht. Sie funktionierte ihren Schleier zur Flagge um, rannte so auf den Feind zu und führte die Soldaten ihres Landes in einer eigentlich hoffnungslosen Situation doch noch zum Sieg. Malalai steht für Freiheit und weibliche Tatkraft und gilt zugleich als Gotteskriegerin.

Afghanischer Mythos und französische Legende

Malalai erinnert an die französische Legende der Jeanne d'Arc, die Friedrich Schiller zu einem seiner berühmtesten Dramen verarbeitet hat. „In beiden Figuren“, resümiert Schuster, „kulminieren Fragen nach Geschlecht, Glauben und Nation.“ In „Malalai – die afghanische Jungfrau von Orléans“ setzen sich nun französische, afghanische, deutsche und israelische Schauspieler mit diesen beiden ungewöhnlichen Frauengestalten auseinander. Der Regisseur Robert Schuster erklärt: „Das Ganze ist sehr komplex: Es ist die Überblendung mehrerer Geschichten, die doch in gewisser Weise dieselbe Geschichte sind. Zudem ist es eine Erzählung, die immer wieder auch für nationalistische Zwecke in Dienst genommen wird: In Frankreich beginnt keine Zusammenkunft des Front National ohne Rekurs auf Jeanne d'Arc.“
Eine große Herausforderung sind bei „Malalai – die afghanische Jungfrau von Orléans“ die unterschiedlichen Muttersprachen der Akteure. „Die Schauspieler“, erklärt Schuster, „müssen die gesamte Partitur des Stücks erfassen können, nicht nur ihren eigenen Text.“ - Er möchte sein transnationales Theaterprojekt auch in Zukunft fortführen, denn: „Die Gefahrenlagen ähneln sich weltweit, wenn man etwa an die Gefahr von Anschlägen denkt. Unser Projekt kann dazu beitragen, Barrieren zu überspringen.“

Termine
Seine Bochumer Premiere erlebt „Malalai – die afghanische Jungfrau von Orléans“ am Donnerstag, 7. Dezember, um 19.30 Uhr in den Kammerspielen des Schauspielhauses, Königsallee 15.
Die zweite und letzte Vorstellung in Bochum folgt am Freitag, 8. Dezember, ebenfalls um 19.30 Uhr.
An beiden Abenden gibt es um 18.45 Uhr eine Einführung im Theater Unten und im Anschluss an die Aufführung ein Publikumsgespräch.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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