Mein nächster Mann heißt Buddha - Satire

Im März, gerade bei der Bügelwäsche von 40 Stofftaschentüchern, da ich diese vor anderen Personen liebend gerne präsentiere, um mir damit gehörig die Nase zu schnaufen, überkommt es mich. Ich habe die Schnauze voll! Nicht von Allem, aber von dem Meisten. Und das Meiste waren im letzten Jahr Männer. Im fortgeschrittenen Alter, längst der Familienphase entwachsen und dem dazu gehörigen Ehemann nebst nachfolgenden Kurz – oder Langzeitbeziehungen, hatte ich mich wieder panikartig fröhlich ins Internet begeben und gesucht. Einen Mann.
Wie ja schon gewisse Untersuchungen gezeigt haben, ist dies ein zeitaufwendiger und relativ ergebnisloser Akt blindwütigen Träumens, nur war mir das bis dato überhaupt nicht in den Sinn gekommen. So chattete ich, ohne mich darüber zu wundern, welche Mails ich bekam und wie seltsam die Treffen ausfielen. Eigentlich konnte man diverse Sucher gleich abhaken, aber da man ja nun schon mal investiert hatte, sollte man ihnen doch eine Chance geben. Und das tat ich. Schnell drifteten die Mails ins Sexuelle ab.
Jemand gab offen zu, dass er verheiratet sei und keinen Sex habe. Aber ansonsten verstünde er sich mit seiner Frau glänzend, nur eben das „Eine“ fehle. Erwartete er jetzt allen Ernstes, ich würde mich bereit erklären, für seine Ausgeglichenheit zu sorgen? Heimlich, immer, wenn es ihm passte? Aber nicht an den Wochenenden, legte er sofort fest. Für wie bescheuert hielt der mich? Warum zahlte er nicht gleich professionell? Brauchte er Gefühl, damit er konnte? Nee, danke!
Einer verliebte sich tatsächlich in mich und sprach nach der ersten Nacht von Beziehung. Doch ich hegte nicht die Absicht, mit ihm in ein Häuschen zu ziehen, ihm seine Socken zu waschen oder abends vor dem Fernseher abzuhängen. Je mehr ich ihm das klar machte, desto böser wurde er. Überhäufte mich mit Vorwürfen. Ich lachte. Aber unlustig.
Es gab Männer, die gut aussahen, stramme Baumstämme mit schön strukturierter Kruste. Doch innen – waren sie hohl. Da gähnte ein Loch, das bestenfalls sagen konnte: „Wie hat Schalke denn gestern gespielt?“ Ich traf Männer , die bei Miles Davis fragten, ob es sich um eine neue Zigarettensorte handelte, und behaupten, es gehöre zu einer guten Frau dazu, sie zu bewundern, wenn sie Laminat verlegten und ihnen das Werkzeug zu reichen.
Hatte mir schon einmal jemand beim Kochen die Pfanne gehalten? Oder einen Soßenlöffel gereicht? Nein! Das würde ich mir auch verbeten. Schließlich ist es meine Sache – und damit ist es gut. Ich brauche keinen Werkzeughalter, wozu habe ich meinen eigenen Verstand?
Leider hatte mir dann doch einer den Hals gebrochen. War er so toll? Passte er zu mir? Sah er gut aus? Dreimal absolut Nein! Kein Traumprinz. Kein Allrounder. Aber er war frech, klug und witzig, und das beeindruckte mich. Was sich sonst so auf dem Markt tummelte, war mir einfach, sorry, zu dumm.
Gut, ich hätte für diesen Angebeteten auch keinen Abwasch gemacht, aber ich putzte ein ganzes Wochenende meine total versiffte Wohnung, als er sich nach vielen witzigen Mails ankündigte. Und dann sagte er ab. Kurzfristig.
Seitdem putze ich nicht mehr. Ich kann es einfach nicht über mich bringen, zu putzen. Warum auch? Meinen Freunden ist es egal, ob sie vom Fußboden essen können oder nicht.
Ich will nicht mehr putzen, weil ich so sauer auf den Typen bin, aber auch keine anderen Typen hier haben will. Sozusagen die selbst geschaffene Unmöglichkeit!
Ich will verkommen in meinem Dreck, weil das keinen was angeht!
Singlebörsen, diese Illusionsmaschinen, können mir gestohlen bleiben!
Ich laufe auch nicht mehr wie ein Lametta behangener Weihnachtsbaum durch die Gegend, muss kein Rauschgoldengel Lächeln aufsetzen. Es geht mir am Hintern vorbei, ob ich einen männlichen Blick ernte oder nicht.
Es hat sich aus gegrinst.
Ich gefalle mir sehr gut in der Rolle der absoluten Askese und wundere mich, wie schön ruhig alles sein kann. Vor allem ich. Beerdige den Prinzentraum mit einer frischen Gulaschsuppe, heiß und scharf, die ich mir genussvoll einverleibe und es mir dann in meiner nicht geputzten Wohnung auf meiner Couch bequem mache, eine CD mit „Sanftem Frauenyoga“ einlege, obwohl mir nicht einleuchtet, was an Yoga so besonders weiblich sein sollte. Immerhin, die ruhige Stimme schläfert mich ein, die CD stoppt und ich träume.
Buddha schielt auf einmal um die Ecke, zwinkert mir fröhlich zu und ich glaube, da steht irgendwo auch Aristoteles. Beide sind sich einig:
- Die Gelassenheit schärft den Blick für das Wesentliche.-

Autor:

Ingrid Dressel aus Bochum

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