Kurde aus Kobane/Syrien singt Befreiungslied

Die Diskussion auf der gut besuchten Montagskundgebung wurde mit dem Lied "Montagsdemo angesagt" eingeleitet. Zu dem Schwerpunktthema "Antikriegstag" und damit indirekt verbunden der aktuellen Flüchtlingsfrage entwickelte sich eine lange, spannende Debatte.

Einer der Moderatoren informierte über den Antikriegstag: "Am 1. September 1939 überfielen die Nazi-Faschisten Polen. Das war einer der Hauptgründe für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, denn wenig später wurde Russland von den Truppen der deutschen Wehrmacht angegriffen. Im Zweiten Weltkrieg, im dem immer mehr Staaten verstrickt wurden, setzte die USA erstmalig zwei Atombomben ein. Der Abwurf über Hiroshima und Nagasaki in Japan wird jedem in Erinnerung sein. Heute, rund 76 Jahre später, gibt es auf der Welt zahlreiche Kriege, deren Hauptursache die Profitgier der internationalen Konzerne ist. Ob der IS-Terror in Syrien, der Ukraine- oder der damalige Jugoslawien-Konflikt, überall geht es in erster Linie nur um den Gewinn der Waffenlobby. Die Großmächte suchen immer nach einem Grund, um einem Staat 'zur Hilfe' zu kommen." Im ehemaligen Jugoslawien ging es formell um die Gräueltaten von Slobodan Milošević, der Irak sollte angeblich die Region mit Chemiewaffen bedrohen (solche Waffen wurden nie gefunden). Auch die jetzigen Terroristen wie die IS, Al Kaida oder die Taliban, konnten erst durch Unterstützung mit Waffen von den Großmächten, aber auch der EU einschl. Deutschland, ihren Einfluss auf mehrere Länder des Nahen Osten ausweiten, wie in Syrien und Afghanistan".

Ein Redner meldete sich: "Die Linken werden beschuldigt, zwischen gerechten und ungerechten Kriegen zu unterscheiden. Dazu bemerke ich: Krieg ist im Sinne des Wortes böse. Wenn jedoch Kampfhandlungen (auch mit der Waffe) zur Abwehr eines Angriffs des Gegners oder zur Befreiung eines Volkes von brutaler Unterdrückung durch Diktatoren bzw. Faschisten wie die IS dienen, ist dies kein 'gerechter Krieg', sondern reine Notwehr".

Eine Rednerin, die der Organisation Solidarität angehört, bemerkte: "Immer wieder ist die Parole 'Frieden schaffen ohne Waffen' zu hören. Es wäre zwar begrüßenswert, wenn keine Waffen mehr eingesetzt würden. Das ist aber in der Realität nicht der Fall, denn die Mächtigen der Welt geben ihre Macht nicht kampflos ab. Der Pazifismus kann daher unterdrückte Völker nicht befreien. Gegen blanken Terror wie durch die IS-Faschisten helfen keine guten Worte, sondern nur Widerstand (mit Waffen). Dass ein Erfolg gegen den unsäglichen IS-Terror möglich ist, beweist der mutige Befreiungskampf der Kurden in der Provinz Rojava/Kobane."

"Ich war selbst bei den Aufbauarbeiten der fast vollständig zerstörten Stadt Kobane vor Ort. Es ging um die Errichtung eines neues medizinischen Zentrums. Man kann sich kaum vorstellen, mit welchem Eifer und Selbstvertrauen die Bevölkerung den Aufbau unterstützte, obwohl Selbstmordattentate der IS (Personen sprengten sich selber in die Luft) die Stadt erschütterten", schilderte ein Redner.

Anschließend wurde das Lied "Kobane" gesungen, bevor die Diskussion zum Flüchtlingsproblem wechselte.

"Tagtäglich fliehen immer mehr Menschen aus ihren Heimatländern und versuchen oft auf abenteuerlichen Wegen nach Europa zu gelangen. Der Grund ist plausibel: Neben Terrorherrschaft wie durch die IS in Syrien und dem Irak wurden die Lebensgrundlagen in ihren Heimatländern zerstört. Raubbau an Wäldern und der Landwirtschaft zugunsten profitträchtiger Plantagen durch internationale Konzerne, Zerstörung ganzer Landstriche durch Ausbeutung von Bodenschätzen wie z.B. Kupfer, vernichten die Existenzgrundlage ganzer Bevölkerungsschichten. Daher bleibt den Menschen nichts anderes als die Flucht, um überleben zu können. Die EU oder Russland brauchen sich daher nicht zu wundern, wenn sie von Flüchtlingen 'überschwemmt' werden", hieß es in einer Wortmeldung.

"Ungarn versucht, den Flüchtlingsstrom durch Stacheldraht aufzuhalten. Das faschistoide Regime ist keinesfalls bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Doch weder Stacheldraht noch Gewalt werden die Menschen davon abhalten, einen Ort zu finden, an dem sie ohne Angst um ihr Leben bleiben können", meinte ein Redner, "so lange die Ursachen der Flucht nicht energisch bekämpft werden, werden die Flüchtlingsströme bald unüberschaubare Dimensionen annehmen".

"Ich verabscheue auch den Begriff 'Wirtschaftsflüchtlinge' oder 'sichere Herkunftsländer'", äußerte sich eine Rednerin, "denn Staaten wie z.B. Kosovo oder Serbien sind keine sicheren Länder, denn in diesen Staaten werden Volksgruppen wie Sinti oder Romas weiterhin verfolgt. Wenn Menschen im Übrigen ihre Heimat verlassen müssen, weil sie dort nicht überleben können, ist das eine logische Folge. Deshalb kann man sie nicht als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen".

"Ich bin dafür, dass jeder Staat der EU Flüchtlinge aufnehmen muss, das gilt auch für Großbritannien, Österreich oder Dänemark. Gleiche Pflicht für alle!", forderte ein Redner.

Inzwischen kam ein Syrier zur Montagskundgebung und hatte den Wunsch, ein Kampflied in seiner Sprache zu Kobane zu singen, was die Montagsdemonstranten begrüßten. Nach dem melodischen Protestsong in kurdischer Sprache gab es viel Applaus und Dank am offenen Mikrofon.

Eine Montagsdemonstrantin sagte: "Direkt hier in der Bochumer Innenstadt gibt es eine Unterkunft für Flüchtlinge. Ich habe dort Spielzeug verteilt. Ich war überwältigt, wie dankbar diese Menschen waren".

Es gab noch weitere Wortmeldungen, danach endete die Kundgebung mit der bekannten Abschlusshymne. Am nächsten Montag findet das Treffen zwischen einigen Oberbürgermeisterkandidaten und der Montagsdemo statt. Die Kundgebung ist abweichend um 18.00 Uhr auf der Kortumstr. zwischen Citypoint und Drehscheibe.

Ulrich Achenbach
Moderator

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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