"Rechtsvereinfachung" von Hartz IV sorgt eher für noch mehr Bürokratismus und bekämpft die Erwerbslosen

Da einer der Moderatoren und gleichzeitiger Berichterstatter für die Bochumer Montagsdemo aus persönlichen Gründen nicht vor Ort war, gibt es heute nur einen kurzen Bericht über die gutbesuchte Kundgebung am 06.06.16.

Im Kreuzfeuer der Kritik standen insbesondere die Verschärfung der Sanktionen durch sog. Rückforderungsansprüche des ALG II durch die Jobcenter. Wer z.B. durch sozialwidriges Verhalten nicht an der Beseitigung der Hilfebedürftigkeit mitwirkt, soll neben den bekannten Sanktionen demnächst sogar verpflichtet sein, das bisher erhaltene Arbeitslosengeld II zurückzahlen. Das wäre z.B. bei Aufgabe eines (prekären) Arbeitsverhältnisses ohne wichtigen Grund der Fall.

Ebenfalls wurde die geplante Neuregelung der Zahlung des Sozialgeldes für Kinder bei getrennt lebenden Eltern nach Dauer des Aufenthalts bei dem jeweiligen Elternteil scharf kritisiert. "Es darf keine tagegenaue Abrechnung des Sozialgeldes nach Aufenthaltsdauer bei dem jeweiligen Elternteil geben, denn die Kosten für ein Kind lassen sich nicht tageweise aufschlüsseln", hieß es in einer Wortmeldung am offenen Mikrofon, "wenn das Kind z.B. neue Schuhe braucht, hängt die Haltbarkeit der Schuhe nicht davon ab, bei welchem Elternteil das Kind wie lange ist. Diese geplante Neuregelung des SGB II benachteiligt insbesondere allein erziehende bzw. von ihrem Lebenspartner getrennt lebende Mütter!"

Ein Redner prangerte Sanktionen beim ALG I durch den bereits vorhandenen unnötigen Bürokratismus an. "Ich bin umgezogen und habe die Anschrift in meinen Personalausweis nicht sofort ändern lassen. Ich zeigte der Arbeitsagentur jedoch meinen Wohnungswechsel persönlich bei der Anmeldetheke an. Das wurde nicht anerkannt, weil mein Personalausweis noch nicht entsprechend geändert war. Als ich nach 4 Wochen den geänderten Personalausweis vorlegte, bekam ich eine Sperrfrist des ALG I wegen Nichterreichbarkeit für die Arbeitsagentur für die Dauer von 4 Wochen. Gegen diese Sperrfrist erhob ich Klage vor dem Sozialgericht. Ich sagte dem Richter, dass ich jederzeit mobil erreichbar gewesen bin. Nach den geltenden Vorschriften der Erreichbarkeit-Anordnung muss ich jedoch jederzeit per Brief zu erreichen sein, Mobiltelefone zählen nicht. Trotzdem kam es zu einer Einigung vor Gericht zwischen der Arbeitsagentur und meiner Person. Die Sanktion wurde zurück genommen und die Arbeitsagentur erstattete mir auch die Kosten meines Rechtsanwaltes".

An diesem Beispiel zeigt sich eindeutig, dass die Vorschriften für den Bezug des ALG I, aber auch ALG II, so ausgelegt sind, dass schnell Sanktionen verhängt werden können. Der Erwerbslose wird so bekämpft, ohne dass dadurch eine neue Arbeitsstelle geschaffen wird.

Nachdem inzwischen sogar das Bundesverfassungsgericht Sanktionen des ALG II für Erwerbslose gebilligt hat, wenn diese eine "zumutbare" Arbeit ohne wichtigen Grund nicht annehmen, bleibt nur ein ständiger öffentlicher Protest gegen diese Arbeitslosenbekämpfungsgesetze. Hierbei müssten sich auch Beschäftigte mit den Erwerbslosen solidarisieren, ein Kampf wie in Frankreich ist unbedingt erforderlich. Außerdem sollten die Erwerbslosen die nächste Bundestagswahl nutzen, um die Hartz IV - Parteien SPD, CDU, CSU und GRÜNE endlich abzuwählen, denn es gibt Parteien, die Hartz IV abschaffen würden.

Das Schwerpunktthema für die nächste Montagsdemo in 14 Tagen ist noch offen.

Ulrich Achenbach
Moderator und Berichterstatter
in Abwesentheit

Autor:

Ulrich Achenbach aus Bochum

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