Bochum - Warum kommen in die Innenstadt so wenig Menschen zu Fuß?

Querung Innenstadtring an der Herner Straße
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Nur 12 % der Menschen erreichen die Bochumer Innenstadt zu Fuß (Broschüre IHK). Dabei werden in Großstädten Besorgungen anders als auf dem Land häufig zu Fuss erledigt. Deutschlandweit erreichen laut Studie des HWWI 25 % der Kunden die Stadtzentren zu Fuss (Studie HWWI 2014). Das sind mehr als doppelt so viele Menschen wie in Bochum.

Fußgänger sind für Innenstädte besonders attraktive Kunden. Sie kaufen überwiegend vor Ort ein und eher selten in Discountermärkten und Einkaufszentren abseits der Wohngebiete. Zudem geben sie deutlich mehr Geld aus als Autofahrer (Kunden mit dem Auto 21,2 Euro, Fußgänger 40,4 Euro pro Woche, Einkauf mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln. Kundenbefragung in 6 französischen Stadtregionen. Quelle: Brichet 2003). Fußgänger geben pro Einkauf weniger aus, kommen aber öfter in die Stadt und als Menschen die zum Einkaufen das Auto nutzen.

Die Bochumer legen 68 % der Wege unter 1 km und 29 % der Wege zwischen 1- 3 km zu Fuß zurück (Mobilitätssteckbrief Bochum). Das sind zwar weniger Wege als in den meisten deutschen Großstädten sonst, trotzdem können diese Zahlen nicht erklären, warum in Bochum deutlich weniger Menschen die Stadt zu Fuß aufsuchen als in Großstädten sonst. In einem Radius von 2 km um die Innenstadt wohnen rund 40.000 Menschen. Das sind alles Kunden, die potentiell die Innenstadt zu Fuß erreichen könnten.

Warum aber erreichen in Bochum nur so wenig Kunden die Innenstadt zu Fuß?

Betrachtet man die Wege näher, die die Menschen zurücklegen müssen, die rund um die Innenstadt wohnen, um in die City zu kommen (Fußwege in die Innenstadt) ist festzustellen, dass diese allesamt nicht besonders attraktiv sind (Bewertung Wege in die Innenstadt). Häufig sind die Wege umständlich und unübersichtlich, führen an Hauptstraßen entlang und sind teilweise baulich schlecht gestaltet (zu schmal oder kombinierter Geh- und Radweg). Auf manchen Wegen müssen unschöne Bahnunterführungen durchquert werden. Um den Innenstadtring zu überqueren, stehen die Fußgänger lange an Ampeln bis es Grün wird. Die Querungszeiten sind häufig kurz, teilweise kann der Ring nicht einem Zug gequert werden. Für Fußgänger entsteht der Eindruck, dass die Bedürfnisse der Fußgänger den Ansprüchen des Autoverkehrs untergeordnet wurden. Entsprechend gehen die Menschen ungern zu Fuß in die Innenstadt und wählen als Verkehrsmittel häufig das Auto. Wenn die potentiellen Kunden der City allerdings einmal im Auto sitzen, können sie auch gleich nach Essen, Dortmund oder zum Ruhrpark fahren, statt in die Innenstadt. Auf diese Weise gehen viele Menschen, die in direkter Nähe der Innenstadt wohnen, dem Einzelhandel der Innenstadt als Kunden verloren.

Die Innenstadt für Fußgänger besser erreichbar machen

Damit auch in Bochum ein höherer Teil der Kunden die Innenstadt zu Fuß aufsucht, müssen die Wege in die Innenstadt also deutlich attraktiver werden, besonders die Querung des bisher 4-spurigen Innenstadtrings. Die STADTGESTALTER haben bereits vorgeschlagen, den Autoverkehr auf dem Ring auf nur noch 2 Spuren in einer Richtung gegen den Uhrzeigersinn fahren zu lassen (LK vom 27.09.2017). Dies würde den Fußgängern eine Querung drastisch erleichtern. Die Wartezeiten an den Ampeln würden sich deutlich verringern, die Querungszeiten könnten verlängert werden. Auch optisch könnte der Ring einladender gestaltet werden. Auf den frei werdenden inneren Fahrspuren des Rings, entstünde mehr Platz um mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen, besonders auch für Fußgänger.

Aber auch wenn sich Politik und Verwaltung zur Realisierung des beschriebenen Vorschlags nicht durchringen können, müssen Maßnahmen ergriffen werden, die Querungen über den Ring wie die gesamten Fußwege deutlich attraktiverer zu machen. Insbesondere müssen die Ampelphasen überdacht werden, aber auch die Gestaltung der Wege und Übergänge. Dabei könnten die Übergänge am Hauptbahnhof und vor dem Musikforum Vorbilder sein. In einigen Fällen ist auch eine Verlegung der Überwege sowie eine farbliche Markierung der kürzesten Wege in Richtung Innenstadt anzudenken um die Fußwege einfacher, sichtbarer und direkter zu gestalten. An zwei Stellen fehlen gute Überwege, über die Ferdinandstraße zum Buddenbergplatz Richtung Hauptbahnhof und über den Ring am Ende der Schillerstraße. Zusätzlich müssen Unterführungen, wie z.B. an der Viktoriastraße oder der Wittener Straße, freundlicher gestaltet werden. Bochum will eine fußgängerfreundliche Stadt, deshalb ist sie der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, beigetreten. Die Innenstadt insgesamt sollte in dieser Hinsicht Vorbild sein.

Volker Steude,
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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