Würdiges Gedenken an die Opfer des Faschismus in Bochum am 5.Mai 2015 am Stadtpark!

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Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der Linken und Günter Gleising, Vorsitzender der VVN-BdA Bochum erinnerten gestern an der Gedenktafel im Bochumer Stadtpark an die Widerstandskämpfer und Zwangsarbeiter, die hier Anfang April 1945 Opfer von Nazi-Verbrechen wurden. Die Gestapo, die damals ihren Sitz in einer beschlagnahmten Villa auf der Bergstraße 76 hatte, erschoss allein hier, im Keller der Gestapowache, wenige Stunden vor dem Einmarsch der amerikanischen Truppen, 20 Menschen und verscharrte diese in Bombentrichtern im Stadtpark. Bei Verhören oder Folterungen der Gestapo starben in der Bergstraße oder dem Polizeipräsidium in der Uhlandstraße weitere 14 Menschen.
Zu den Ermordeten gehören der frühere KPD-Abgeordnete im Provinziallandtag, Adolf Straube, der Sozialdemokrat Wilhelm Hüser aus Castrop-Rauxel, der Küster Friedrich Wilhelm Espenhahn aus Witten und der Kommunist Karl Springer aus Bochum.
Nach der Befreiung von Faschismus und Krieg im Mai 1945 wurden die Leichen, die im Stadtpark verscharrt waren, ausgegraben und auf dem Friedhof am Freigrafendamm beerdigt. Auf Initiative der VVN-BdA stellte die Stadt Bochum 2008 die durch Spendengelder finanzierte Tafel auf.
(Unter Verwending eines Textes auf www.Bo-alternativ.de(

Im Folgenden die Rede von Sevim Dagdelen:

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Anwesende,
ich begrüße Euch ebenfalls sehr herzlich und bedanke mich bei Günter Gleising und der örtlichen Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten für die Einladung.
Wir haben uns heute hier versammelt, um der Befreiung Deutschlands vom Faschismus zu erinnern und der toten Nazigegner zu gedenken. Wir verneigen uns heute in Demut vor den Millionen Menschen, die von den deutschen Faschisten ermordet wurden. Vor den Widerstandskämpfern, den Kommunisten und Sozialisten, den Sozialdemokraten und den Humanisten. Vor den Jüdinnen und Juden genauso, wie vor den Menschen mit Behinderungen, den Homosexuellen und denen, die von den Nazis als sogenannte „Asoziale“ in KZ’s interniert und ermordet wurden.
Die Verbrechen der Nazis sind historisch einzigartig. Niemals in der Geschichte hat es eine derart industriell betriebene Massenvernichtung von Menschen gegeben, wie durch die deutschen Nazis. Daran kann niemals genug erinnert werden
Der Marxist Walter Benjamin hat in seinen Thesen Über den Begriff der Geschichte zurecht darauf hingewiesen, dass die Geschichte niemals vor den Herrschenden sicher ist. Benjamin schrieb: „In jeder Epoche muss versucht werden, die Überlieferung von neuem dem Konformismus abzugewinnen, der im Begriff steht, sie zu überwältigen.“ Und er schrieb weiter: Auch die Toten werden vor dem Feind, wenn er siegt, nicht sicher sein. Und dieser Feind hat zu siegen nicht aufgehört.“ Was wir zur Zeit an Versuchen erleben, die Geschichte der Befreiung vom Faschismus umzuschreiben, trifft genau Benjamins Warnung. So muss daran erinnert werden:
Den höchsten Blutzoll für die Befreiung Deutschlands von der Nazibarbarei hat die damalige Sowjetunion erbracht. Millionen Sowjetbürger fielen im Kampf mit den faschistischen Soldaten. Auch daran muss heutzutage erinnert werden. Wir leben in einer Zeit, in der die deutsche Bundesregierung den beendet geglaubten Kalten Krieg“ gegen Russland wiederbelebt hat und antirussische Stimmungsmache wieder Teil der deutschen Politik ist. Wir hingegen lehnen dies entschieden ab!
Es ist eine Schande, dass die Bundesregierung in diesem Zusammenhang sogar versucht, das Gedenken an die Sieger über den deutschen Zivilisationsbruch zu entsorgen. Sie verweigert damit vor allem den Angehörigen der Roten Armee ein ehrendes und würdiges Gedenken. Das ist ein offener Affront gegen die noch lebenden und den für die Freiheit gefallenen Befreier. Wir senden hier von Bochum aus eine Botschaft aus. Frau Merkel, Herr Steinmeier. Wir wollen ihren neuen Geschichtsrevisionismus nicht, der versucht die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung zu minimieren.
Auf das Schärfste verurteilen wir auch die Paktiererei einer übergroßen Koalition aus CDU/CSU, SPD, aber auch Bündnis 90/Die Grünen mit ukrainischen Faschisten und anderen extrem rechten Parteien und Organisationen. Wohin bundesdeutsche Politik wieder führt, erleben wir derzeit, ausgerechnet im 70. Jahr der Befreiung vom Faschismus. Das von der Merkel-Regierung gestützte Regime in der Ukraine verabschiedete kürzlich antikommunistische Gesetze, die eine regelrechte Jagd auf Minderheiten, Kommunisten, Linke, Kriegsdienstverweigerer und Andersdenkende im Land befördern und einhergehen mit einer Verehrung von Nazi-Kollaborateuren der OUN und UPA. Dies passiert in einer Zeit, in der in der Ukraine Andersdenkende und Regimekritiker ihres Lebens nicht mehr sicher sein können und wo brutale Gewalt und Morde, wie etwa auf dem Maidan, am 2. Mai 2014 in Odessa, oder die jüngst geschehenen, die sich gegen Regimekritiker richteten, nicht einmal aufgeklärt werden. Ich muss Euch ganz offen sagen, diesen historischen Tabubruch, den eine deutsche Bundesregierung, an der auch Sozialdemokraten beteiligt sind, bezüglich der Ukraine begangen hat, beschämt mich nicht nur. Er macht unglaublich wütend. Was hier passiert, stärkt die extreme Rechte in Europa, die vielerorts, etwa in Ungarn, oder auch in Frankreich, überdurchschnittliche Erfolge verbuchen konnte. Es droht mehr denn je, dass rassistisches, menschenverachtendes und nazistisches Gedankentum wieder auf dem Vormarsch ist. Den Weg dafür haben vielerorts diejenigen geebnet, die sich selbst als sogenannte politische Mitte bezeichnen. Aber eben dies kennen wir ja bereits aus der deutschen Geschichte. Gegen diese Kumpanei brauchen wir einen neuen antifaschistischen Aufbruch.
Vor diesem Hintergrund ist es mehr denn je unerlässlich, die Stimme zu erheben, gegen Nazis und ihre Unterstützer in Nadelstreifen, aber auch gegen das Kriegsgetrommel, Deutschlands, der USA, der NATO und deren Verbündeten! Wir müssen lauter und entschlossener denn je, einstehen für eine Politik des Friedens, des Antifaschismus und der sozialen Gerechtigkeit. Sonst droht aus dem von der selbsternannten „westlichen Wertegemeinschaft“ wieder angeheizten Kalten Krieg schnell ein „heißer“ zu werden.
Ich verneige mich voller Respekt vor den Opfern der faschistischen Barbarei und all denjenigen, die sich in diesen schwierigen Zeiten Werten wie der internationalen Solidarität und dem Wunsch nach Frieden verpflichtet würden und möchte meine Rede mit einem Zitat von Karl May beenden: „Wie man den Krieg führt, das weiß jedermann; wie man den Frieden führt, das weiß kein Mensch. Ihr habt stehende Heere für den Krieg, die jährlich viele Milliarden kosten. Wo habt ihr eure stehenden Heere für den Frieden, die keinen einzigen Para kosten, sondern Millionen einbringen würden?“
In diesem Sinne, kämpfen wir damit sich der Schwur der Buchenwaldhäftlinge erfüllt: Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg!

Autor:

Christoph Nitsch aus Bochum

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