Zu viele Risiken - Kommunalaufsicht rügt Bochumer Haushaltsplanung

Bochumer Rathaus | Foto: Hans-Jürgen Wiese

Der Haushalt der Stadt wurde genehmigt. Aufatmen bei Rot-Grün. Doch wer den Genehmigungsbescheid der Kommunalaufsicht gelesen hat, der sieht auf welch wackeligen Füßen die Haushaltsplanung und die Haushaltssicherung auch dieses Jahr wieder stehen.

Doch zunächst stellt sich die Frage, warum muss Bochum seinen Haushalt überhaupt genehmigen lassen? Das müssen seriös wirtschaftende Städte nämlich nicht tun.

Ein Haushaltssicherungsverfahren, in dem sich eine Stadt wie Bochum den Haushalt genehmigen lassen muss, wird von der Kommunalaufsicht nur bei Städten angeordnet, die nicht mit ihren Finanzen haushalten konnten und aufgrund ihrer verfehlten Finanzpolitik in eine Existenz bedrohende finanzielle Schieflage geraten sind.

Deswegen bekommen sie quasi einen Aufpasser, der ihr Finanzgebaren kontrolliert, der sich alle 3 Monate die Finanzunterlagen vorlegen lässt, die Zahlen prüft und, alles genehmigen muss, weil man den Städten nicht (mehr) zutraut, dass sie eigenständig verantwortungsvoll wirtschaften.

Die Genehmigung des Haushaltes soll allerdings nur erteilt werden, wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept hervorgeht, dass spätestens im zehnten auf das Haushaltsjahr folgenden Jahr der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird, also die Ausgaben der Stadt nicht mehr über den Einnahmen liegen.

Die Stadt Bochum befindet sich bereits seit den 90er-Jahren jedes Jahr im Haushaltssicherungsverfahren. In jedem Haushaltssicherungskonzept dieser Jahre hat die Stadt versichert, dass das Sicherungskonzept dazu führen wird, dass die Haushaltskonsolidierung in 10 Jahren erreicht wird. Halten konnte sie die Versprechen leider nie. Die Konzepte erwiesen sich als untauglich, ihr Ziel zu erreichen. Genehmigt wurden Sie zum großen Teil trotzdem.

Entsprechend wird deutlich, was eine Genehmigung wert ist: Ziemlich wenig.

Liest man den Genehmigungsbescheid zu diesem Jahr, so wird klar, warum die Haushaltssicherungskonzepte der Stadt nicht geeignet sind, das ständige Aufreißen neuer Haushaltslöcher wirksam zu verhindern:

Die Kommunalaufsicht kritisiert, dass sie bisher die Jahres- und Gesamtabschlüsse der Stadt nicht fristgerecht erhält und die Veröffentlichungspflichten nicht eingehalten werden. Zwar wurden zuletzt endlich die diesbezüglichen Vorgaben des § 96 (1) GO-NRW erfüllt, aber immer noch nicht die des § 116 (5) GO-NRW und des § 80 (5) GO-NRW.

Kritisiert wird von der Kommunalaufsicht, dass die von der Stadt im Haushaltsplan angenommenen Wachstumsraten nicht realistisch sind und von den Vorgaben des Landes abweichen. So hält die Bezirksregierung die Planungen der Stadt bei den Gewerbesteuererträgen für stark risikobehaftet und unrealistisch. Hier würden z.B. bereits für 2016 Steuererträge aus dem Verkauf von Opelflächen einberechnet, obwohl die Vermarktung erst 2018 beginnt.

In die Annahmen der Stadt zu der Senkung der Personal- und Versorgungsaufwendungen für die städtischen Mitarbeiter besteht ebenfalls kein Vertrauen. Auch die Ansätze der Einnahmen der Stadt aus LWL-Umlage und dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer, hält die Kommunalaufsicht für nicht realistisch. Das Risiko sei hoch, dass die eingeplanten Einnahmen so nicht eintreten.

Ausdrücklich erklärt die Kommunalaufsicht, dass die Defizite bei den Seniorenheimen weiter zu hinterfragen seien und hier wirksam gegengesteuert werden muss. Offensichtlich hält man auch hier die Bemühungen noch nicht für ausreichend.

Bei einigen Konsolidierungsmaßnahmen der Stadt fehlen der Kommunalaufsicht die Konzepte, wie die eingestellten Einsparungen erreicht werden sollen. Beispielhaft werden genannt: Reduzierung des städtischen Anteils an den Gehwegreinigungen, Reduzierung des Zuschusses für die Musikschule, Ausweitung der bewirtschafteten Parkflächen, Erhöhung der Elternbeiträge für KiTas und Tagespflege. Dem Haushaltssicherungskonzept ist nach Ansicht der Aufsichtsbehörde nicht nachvollziehbar zu entnehmen, wie die gesetzten Sparziele tatsächlich erreicht werden sollen.

Auch die Art und Weise wie die Stadt Investitionskredite über Kommunalkredite aufnimmt, hält die Kommunalaufsicht für fragwürdig und hinterfragenswert. Hier bestehe ebenfalls Optimierungsbedarf.

Zusammengefasst sieht die Kommunalaufsicht Risiken bei den Zinsen für die Liquiditätskredite, der Gewerbesteuerentwicklung, bei den Schweizer Fremdwährungskrediten und der Realisierbarkeit und Wirksamkeit einzelner Sanierungsmaßnahmen. Also, fast überall da, wo es um richtig Geld geht.

Abschließend wünscht der Regierungspräsident Gerd Bollermann (SPD) in seinem Genehmigungsbescheid der Stadt viel Erfolg. „Und viel Glück“ hätte er ergänzen können, denn nur mit ganz viel davon können die Ziele des Haushaltssicherungskonzeptes auch nur annähernd erreicht werden.

Dass bald das nächste Finanzloch gestopft werden muss, ist absehbar. Haushaltsplanungen, die auf Glück basieren, statt auf realistischen und vorsichtigen Annahmen, sind nicht hilfreich, um die finanziellen Probleme der Stadt dauerhaft zu lösen.

In ihrer Pressemitteilung versucht die Oberbürgermeisterin mal wieder von den eigentlichen Problemen abzulenken und verkauft die Genehmigung des Haushaltes als Erfolg. Auch bei WAZ und Ruhrnachrichten bleibt eine Analyse der finanziellen Lage der Stadt aus, stattdessen schreibt man die Pressemitteilung der Stadt in wesentlichen Teilen einfach ab. Indem man die Lage der Stadt schön redet, löst man die weiterhin ungelösten Probleme aber leider nicht, sondern verschweigt nur ihr Gewicht und ihre Dringlichkeit.

Volker Steude
Die STADTGESTALTER - politisch aber parteilos

BoWäH - Bochum und Wattenscheid ändern mit Herz

Autor:

Dr. Volker Steude aus Bochum

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