Schlecker mit Hintergrund

Schmerzvolle Zukunftsperspektive | Foto: Kostas Koufogiorgos
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Schlecker ist ja in allen Schlagzeilen der Medien zu finden und somit auch in Bottrop.
Im Arbeitsamtsbezirk Bottrop/Gladbeck/Gelsenkirchen haben wir also mittlerweile über 200 Schlecker-Frauen, die arbeitslos geworden sind.
Über genauere Ursachen und Hintergründe erfährt man allerdings nur die üblichen pauschalen Aussagen.
Bei Schlecker geht es nämlich nicht um die Rettung der 13.200 Arbeitsplätze, sondern vorrangig um die Befriedigung der Banken und Gläubiger.

Der entscheidende Hauptgläubiger ist der Kreditversicherer Euler Hermes, der Waren im Wert von über 300 Millionen Euro abgesichert hat.
Euler Hermes ist der weltweit führende Kreditversicherer mit Tochter-Gesellschaften in über 50 Länder und hat den Firmensitz in Paris.
Das riesige Finanzimperium gehört zu einem Konzernnetz, das in den höchsten Kreisen der globalen Finanzwirtschaft mitspielt.
Sie besitzen sogar eine eigene Rating Agentur, die analysiert die Bonität von über 40 Millionen Unternehmen und bietet Investoren und Banken ihre Dienste an.
Euler Hermes wiederum gehört genauso wie die Münchner Rück-Versicherung zur Konzerngruppe der Allianz, die mit ihren unzähligen Gesellschaften und Konzernbeteiligungen weltweit als größter Versicherungskonzern und Finanzdienstleister auftritt.

Hier werden nicht nur die wahren Entscheidungen über Untergang oder Überleben getroffen, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsprüfer, Inkassomanager und Insolvenzverwalter organisiert.
Daher ist auch Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz mit der gekonnten Abwicklung von Schlecker beauftragt.
Im Vorfeld hat man nämlich schon die lukrativen und gewinnträchtigen Schlecker-Tochtergesellschaften in Tschechien und Frankreich verscherbelt, wobei es ja noch weitere 11.000 Filialen im Ausland gibt, außer den XL-Märkten und IhrPlatz, dessen Zukunft noch ungewiss ist.
Das bringt natürlich noch gute Insolvenzgewinne für beteiligte Banken und Gläubiger und auch eine ordentliche „Zerschlagungsprämie“ für den Abwickler.
Ob der ehemalige Milliardär Schlecker, der auch noch Metzgereien, Bau- und Möbelmärkte besitzt, eventuell mit seinen Privatvermögen haften könnte, ist wohl sehr abwegig.
Denn in unserem Rechts- und Wirtschaftssystem hat man die Verursacher noch nie ernsthaft zur Rechenschaft gezogen, oder zum Schadensersatz verurteilt.
Ganz im Gegenteil, da gibt es für den angerichteten Schaden und Missmanagement noch riesige Millionenabfindungen und die Rechnung bezahlt die Allgemeinheit mit Arbeitslosigkeit und Altersarmut.

Angeblich soll die Familie Schlecker ja nur noch über 40 Mio. Euro verfügen, die sie natürlich nicht freiwillig rausrücken wird.
Aber um die Schleckers braucht man sich wohl keine Sorgen machen, denn jeder gewitzte Geschäftsmann oder Unternehmer der etwas auf sich hält, hat rechtzeitig nicht gerade unerhebliche Summen in den zahlreichen Steuerparadiesen angelegt.
Der einzige der den richtigen Durchblick hat, ist der NRW-FDP-Chef Christian Lindner, ein knallharter Vertreter des Neoliberalismus, der folgendes sagte: „Die Schonung der Insolvenzmasse und der Banken, sowie die Fortführung jedes Geschäftes ist nicht die Aufgabe des Staates.“
Im Klartext heißt das, Banken und Konzerne die sich verspekuliert haben, müssen unbedingt mit Steuergelder durch Rettungsschirme, Bürgschaften und EU-Gelder in 3-stelligen Milliardensummen gerettet werden, da sie ja „systemrelevant“ sind.
In diesem Zusammenhang bedeutet systemrelevant auch gleichzeitig, dass die Staatspolitik als Erfüllungsgehilfe der Finanz- und Konzernwirtschaft, sich voll in deren Abhängigkeit befindet.

Da sind die 13 200 Schlecker-Arbeitsplätze natürlich etwas nebensächlich und wurden nun mal Opfer der freien sozialen Marktwirtschaft.
Wo gehobelt wird, da fallen eben auch Späne, sagt der Volksmund, wohingegen die WAZ auch schon die Schuldigen ausgemacht hat.
Schuld an der ganzen Misere sind die Schlecker-Frauen nun einmal selbst.
Denn es sollen fast ausschließlich Vollzeitkräfte gewesen sein, die sogar nach Tariflohn bezahlt wurden, was in dieser Branche gar nicht üblich ist.
Dann besitzen sie noch die Unverschämtheit sich zu wehren und tausende von Kündigungsschutzklagen einzureichen.
Wer will da schon solch renitenten Mitarbeiterinnen eine neue Chance geben?
Sie sollten sich lieber einmal ein Beispiel an Opel Bochum nehmen, die auf einen Teil ihres Lohnes und tarifliche Errungenschaften freiwillig verzichteten.
Denn die unbelehrbaren Vertreter von IGM und BR haben auf Druck von GM die Belegschaften genötigt, auf Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld zu verzichten und ohne Lohnausgleich länger zu arbeiten.
Das alles in der trügerischen Hoffnung, das Werk und die Arbeitsplätze erhalten zu können.
Dabei ist der Termin der Beerdigung schon längst festgelegt.

Über die wirklichen Arbeitsbedingungen und Skandale bei Schlecker will ich gar nicht mehr berichten.
Doch wenn die Gewerkschaften solche Beschäftigungsverhältnisse zulassen und dulden, braucht man sich auch über die logischen Folgen nicht aufregen.
Solche prekären Arbeitsbedingungen mit Dumpinglöhnen von Leiharbeit bis zu Werksverträgen gehören abgeschafft und verboten.
Da hilft natürlich keine Sozialpartnerschaft, denn sonst steht mit Sicherheit der nächste Skandal bereits vor der Tür.

Autor:

Rolf Zydeck aus Bottrop

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