Glosse zur Corona-Impfung für über 60-Jährige:
Frust bei Corona-Sonderimpfaktion über Ostern: „Erfolgsnummer“ oder „Stück aus dem Tollhaus?“

Mehreren Millionen anspruchsberechtigten Senioren in NRW ist an den Osterfeiertagen zugemutet worden, 30 Stunden lang vergeblich um die Wette zu laufen, um nach dem „Windhundprinzip“ eine vorgehaltene Wurst – sprich: einen der knappen Impftermine mit dem Reststoff Astraceneca - zu ergattern, die sich Minister Laumann als Corona-Sonderimpfaktion ausgedacht hatte, nach dem Motto: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. Nur für 365.000 der 5 Mio. über 60- bis 79-Jährigen im ganzen Land erfüllte sich die Hoffnung auf einen frühzeitigen Impftermin nach ununterbrochenen Bemühungen – alle anderen hatten vergeblich die zusammengebrochene Hotline der kassenärztlichen Vereinigung oder die überlastete online-Buchung stunden- und tagelang angewählt. Dennoch wurde die unzumutbare und größtenteils missglückte Aktionsform mit dem in Kauf genommenen Massenansturm (mit 25 Mio. Zugriffen in 2 Stunden) anschließend in Politik und Medien als „erfolgreiches Krisenmanagement“ zur Pandemiebekämpfung verkauft, mit angeblich kaum nennenswerten „kleinen technischen Buchungsproblemen“.

Den gesamten Karsamstag und Ostersonntag verbrachten die Großeltern nicht etwa mit ihren Enkeln, sondern mit ihrem Telefon und wählten sich ohne Erfolg ganztägig die Finger wund – das ständige Besetzt-Zeichen der Hotline-Nummer im Ohr. Auch helfende Söhne oder Töchter mit ihren parallelen Bemühungen hatten überwiegend keinen Erfolg. Und auch die PC-kundigen Senioren oder ihre Helfer wurden zum Narren gehalten: Sie erhielten bei der versuchten online-Terminbuchung die Antwort: „Sie erhalten umgehend eine Bestätigungs-Email, die sie anklicken müssen“. Doch die zugesagte Bestätigungs-Email ging zumeist erst anderthalb Tage später ein – just zu dem Zeitpunkt, als gegen 14 Uhr am Ostersonntag die Meldung kursierte: „Bereits alle Termine in sämtlichen 30 Impfzentren des Landes sind ausgebucht“.

Die gefährdeten Senioren haben Zeit zu warten

Angeblich hätte es über einige Provider schneller geklappt, erfuhr man hinterher, aber welcher Senior hat schon für seinen Privatgebrauch mehrere Email-Adressen bei unterschiedlichen Providern? Am Ostersonntag hieß es dann mittags: „Nur in Olpe und in Lüdenscheid sind noch die Hälfte Termine frei, in Gelsenkirchen nur noch wenige Termine erst ab Mitte Juli.“ Doch über die Hotline gab es dann die Auskunft: „Es gilt das Wohnortprinzip nach Postleitzahl. In Olpe oder Lüdenscheid würde man deshalb als Auswärtiger abgewiesen“, obwohl man bereits eine elektronische Buchungsbestätigung erhalten hat und zum Fahrtaufwand mit 100 km Entfernung bereit war. Bei denjenigen, die einen Termin in ihrem jeweiligen Impfzentrum ergattert hatten, kam es trotz Terminvorgabe zu Wartezeiten bis zu anderthalb Stunden – Senioren haben ja Zeit am Ostersonntag.

Jedoch vor allem die vielen 70-bis 79-Jährigen, die leer ausgingen und von vielen 60-Jährigen „überrundet“ wurden , waren frustriert, galten sie doch als besonders gefährdete und deshalb bevorrechtigte Altersgruppe in der Priorität 2, so jedenfalls die eindringliche Empfehlung des Ethikrates und aller Virologen und Epidemiologen. Doch deren Rat wurde wegen der vorgezogenen Berufsgruppen (Lehrer, Erzieherinnen, Ärzte, Pflegekräfte, Polizisten, Feuerwehrleute etc.) übergangen, wofür die zurückgestellten Senioren noch großes Verständnis hatten. Sie wurden vertröstet auf die bevorstehenden Impfstoff-Lieferungen an die Hausarztpraxen ab 3. oder 6. April nach Ostern. Dort aber soll nicht mehr die strikte Altersreihenfolge gelten, sondern die individuelle Entscheidung der Hausärzte.

Leere Versprechungen aus dem NRW-Gesundheitsministerium?

Doch für die Arztpraxen werden nun erst für Ende April 2 Mio. Impfdosen für ganz NRW in Aussicht gestellt. Vorher bekommen sie nur die Reste aus der Osteraktion in einer Größenordnung von 85.000 Impfdosen. Davon bekommt jede Praxis nur 20 bis max. 26 Impfdosen pro Woche, das sind 4 bis 5 pro Tag, bevorzugt für Patienten mit Vorerkrankungen. Der Hausarzt kann also z.B. nur 2 Ehepaare pro Tag impfen, beginnend mit dem Jahrgang 1941, also mit den 79- bis über 80-Jährigen, Wenn dann vielleicht Ende April/Anfang Mai weitere Lieferungen kommen, geht es weiter mit den 78 bis 77-jährigen usw. für die Erstimpfung, im Juli/August Sommer dann vielleicht die Zweitimpfung. Und so enden die meisten Märchen: „Und wenn sie (bis dahin) nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“…. Aber im Fernsehen durften sie schon mal die werbewirksame Impfung des 65-jährigen Bundespräsidenten mitverfolgen sowie mindestens 5 Impfungen in Oberarme in jeder Nachrichtensendungen zur Animation.

Es ist nicht viel übrig geblieben vom Versprechen und der Terminzusage des NRW-Gesundheitsministers Laumann: „Bei den über 70-Jährigen, die ebenfalls ab 3. April einen Impftermin machen können, soll es nicht zu Terminverzögerungen wegen der Sonder-Impfaktion mit Astraceneca für ab 60-Jährige kommen“. Von einer Impftermin-Nachfrage nach Ostern bei den Hausärzten soll jedoch abgesehen werden, so heißt es nunmehr, sondern die über 70-Jährigen sollen so lange warten, bis sie von ihrer Heimatkommune irgendwann angeschrieben werden. Das kann wohl auch erst im Mai oder später sein, darauf sollte sich die am meisten gefährdete Altersgruppe schon mal einstellen. In Krisenzeiten ist sich jeder selbst der Nächste, zumal wenn mit dem Impfpass demnächst die größere Bewegungsfreiheit winkt? Diese Mentalität befördert man jedenfalls mit den „Windhundaktionen“ der hilflos wirkenden politischen Krisenmanager. Aber bald erfahren wir sicher wieder Neues von der nächsten kompetenten Ministerpräsidentenkonferenz - getreu dem Motto: „Was stört uns unser Geschwätz von gestern?“

Wilhelm Neurohr
Haltern am See

Autor:

Wilhelm Neurohr aus Haltern

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