Führerscheinprüfung: Durchfallquote steigt aus unterschiedlichen Gründen

Weil der Leistungsdruck in der Schule groß ist, machen Schüler nicht mal so eben nebenher ihren Führerschein, meinen Experten.
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Immer mehr Fahrschüler fallen durch die Prüfung. Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes scheiterten in NRW im vergangenen Jahr 35 Prozent in der Theorie (+ 6,7 Prozent) sowie 29 Prozent (+ 2,6 Prozent) in der praktischen Prüfung. Die Gründe dafür sind nach Expertenmeinung vielschichtig.

"Einen Führerschein zu machen, hat für junge Leute heute oft nicht mehr den Stellenwert wie in früheren Jahren. An erster Stelle steht häufig der Kauf des neuesten Smartphones", sind sich der Castrop-Rauxeler Fahrlehrer Damian Kuczera und Friedel Thiele, Vorsitzender des Fahrlehrer-Verbandes Westfalen mit Sitz in Recklinghausen, einig. Viele seien "gar nicht mehr heiß" auf die Fahrerlaubnis. 
 
Gleichzeitig hätten sich Lernbereitschaft und Lernverhalten verändert, heißt es beim Fahrlehrer-Verband Westfalen. "Viele Bewerber absolvieren nur ihre theoretischen Pflichtstunden. Das sind beim Pkw-Führerschein 14 Doppelstunden. Danach sind die Bewerber erst einmal weg", schildert Friedel Thiele die Situation in Fahrschulen. Doch der Verbandsvorsitzende westfälischer Fahrlehrer gibt zu bedenken: "Mit 14 Doppelstunden sind wir in den Fahrschulen nicht in der Lage, das ganze Lernprogramm durchzunehmen. Ausbildung braucht Zeit!"

Zum Lernen mittels App meint Thiele: "Das ist kein Ersatz für den theoretischen Unterricht, sondern reines Auswendiglernen und Prüfungstraining. Man erfährt im Normalfall nur, ob eine Frage richtig oder falsch beantwortet wurde. Erklärungen dazu gibt es aber nicht." Zudem gehe es nicht um kurzfristiges Wissen für die Prüfung. Das Gelernte müsse auch auf der "Festplatte" gespeichert werden.

Weitere Gründe für das veränderte Lernverhalten sieht Thiele in "Helikopter"-Eltern, die den Tagesablauf ihrer Kinder organisierten, sowie im Abitur nach acht Jahren (G8). Viele Schüler könnten erst am frühen Abend Fahrstunden nehmen. Weil die Schule sie bis in den späten Nachmittag beanspruche, habe sich das ganze Zeitfenster der Ausbildung verschoben, so Thiele. Die Folgen für die Fahrschulen: Man müsse mehr Personal einsetzen, um die Fahrschüler in der verbleibenden kürzeren Zeit auszubilden.

Für Damian Kuczera, Fahrlehrer der Fahrschule Damian, "ist ferner die Belastbarkeit der Führerscheinbewerber gegenüber früher zurückgegangen". Das gelte auch für die motorischen Fähigkeiten. Das häufige und lange Sitzen vor dem Computer fordere seinen Preis. "Diese Bewerber nehmen einfach nicht mehr am kreativen Leben teil."

Die Gründe für die – allerdings nur leicht gestiegene – Durchfallquote bei Führerscheinprüfungen sieht Fahrlehrer Matthias Müller von der Fahrschule "meinOttke" vor allem in den gestiegenen Anforderungen der Ausbildung. Für Schüler bestehe zudem hoher Leistungsdruck in der Schule. Da sei der Führerschein nicht mal eben nebenher zu machen.

Zu den Ursachen erhöhter Durchfallquoten bei theoretischen und praktischen Führerscheinprüfungen gehört nach Aussagen des Bundesverkehrsministeriums auch die wachsende Zahl von Ausländern, die sich zur Fahrschulprüfung anmeldeten.

Weil für die Umschreibung eines Führerscheins aus dem Ausland keine theoretische und praktische Ausbildung wie eine Sonderfahrt auf der Autobahn, sondern je nach Herkunftsland der Flüchtlinge nur die theoretische und/oder praktische Prüfung vorgeschrieben sei, sieht der Vorsitzende des Fahrlehrer-Verbandes Westfalen, Friedel Thiele, den Gesetzgeber gefordert. Nur so lasse sich die Durchfallquote verringern.
Insgesamt sei diese in den vergangenen ein bis zwei Jahren allerdings nur um 1,2 Prozent gestiegen. "Leider wird nicht differenziert, wer ohne vorherige theoretische und praktische Ausbildung bei der Prüfung durchfällt." Die Realität sei nämlich, dass die Fahrschulen nicht schlecht ausbildeten.

Für Fahrlehrer Damian Kuczera wollen sich viele, die den Führerschein aus ihrer Heimat umschreiben lassen wollen, das Geld für eine Ausbildung vor der Prüfung sparen. "Damit gehen sie ein hohes Risiko ein." Im schlimmsten Fall koste eine nicht bestandene Prüfung mehrere hundert Euro Gebühr.

Für Fahrlehrer Herbert Stein scheitern Flüchtlinge, die ihre komplette Führerscheinausbildung in Deutschland absolvieren, bei der Prüfung deutlich seltener als jene, die ihre Fahrerlaubnis nur umschreiben lassen wollen.

Autor:

Lokalkompass Castrop-Rauxel aus Castrop-Rauxel

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