Diskussion um einen „ehrenamtlichen Ordnungsdienst“
Bürgermeister Tobias Stockhoff beantwortet Fragen zum Stand der Überlegungen

Viele Regelverletzungen – illegale Müllentsorgung, falsch Parken, Hundehaufen liegen lassen, Mülleimer aus der Halterung treten, Graffiti schmieren und und und – sind keine Kavaliersdelikte.
  • Viele Regelverletzungen – illegale Müllentsorgung, falsch Parken, Hundehaufen liegen lassen, Mülleimer aus der Halterung treten, Graffiti schmieren und und und – sind keine Kavaliersdelikte.
  • hochgeladen von Michael Menzebach

Dorsten. Die Diskussion um die mögliche Verstärkung des hauptamtlichen Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) um ehrenamtliche Unterstützung zeigt, dass die Idee offenbar teilweise missverstanden wird. Darum hier Antworten von Bürgermeister Tobias Stockhoff auf Fragen zu diesen Überlegungen.

Was erwarten die Bürger vom Ordnungsdienst?

"Viele Regelverletzungen – illegale Müllentsorgung, falsch Parken, Hundehaufen liegen lassen, Mülleimer aus der Halterung treten, Graffiti schmieren und und und – sind keine Kavaliersdelikte. Wer das tut, verursacht nicht nur erhebliche Kosten, sondern stört auch das Zusammenleben in unserer Stadt ganz empfindlich. Viele Bürgerinnen und Bürger ärgern sich massiv über vermüllte Ecken, über zugeparkte Gehwege und Ausfahrten. Diese Regelverletzungen richten sich nicht gegen „die Stadt“, sondern treffen ganz konkret andere Menschen. Von uns als Stadtverwaltung wird erwartet, dass wir solches Fehlverhalten ahnden und abstellen. Das erfahren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wenn sie direkt aus der Bürgerschaft angesprochen werden. Das höre ich immer wieder in meinen „Vor-Ort“-Terminen und in den Stadtteilkonferenzen. Und das ist auch immer wieder Gegenstand der Berichterstattung in Medien." 

"Was kann der KOD in der Praxis leisten?"

Der Kommunale Ordnungsdienst, kurz KOD, hat eine Fülle von Aufgaben zu bewältigen. Der öffentliche Kontroll- und Streifendienst ist nur ein Teil davon. Gerade diese Streifengänge aber werden von Bürgerinnen und Bürgern besonders gewünscht – denn schon Präsenz zu zeigen, hat erstaunliche Wirkung. So meldete ein Bürger, dass nach einer einzigen KOD-Streife an einem Spielplatz die Zahl der Hundehaufen im Umfeld spürbar zurückgegangen ist. Es hat sich blitzschnell herumgesprochen, dass wir da ein Auge drauf haben. Auch die erst vor wenigen Tagen thematisierte Verdreckung der Fußgängerzone mit Zigarettenkippen hat nach Kontrollgängen sichtbar nachgelassen. Bei der Überlegung, einen ehrenamtlichen KOD als Unterstützung des hauptamtlichen zu installieren, geht es also vor allem darum, die Präsenz zu erhöhen.

Wie kann das in der Praxis aussehen?

"Die Überlegungen sind noch nicht abgeschlossen. Vorbild ist hier aber sicher die Stadt Karlsruhe, die seit Jahren sehr erfolgreich Ehren- und Hauptamtliche in Teams einsetzt.  Wir können uns gut vorstellen, dass Ehrenamtliche die hauptamtlichen KOD-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihren Streifengängen begleiten, insbesondere abends und an Wochenenden. Dort, wo immer zwei KOD-ler unterwegs sind, könnten die Hauptamtlichen deutlich entlastet werden, um andere Aufgaben zu übernehmen oder um den Präsenzdienst zu verstärken. Neben gemeinsamen Streifengängen mit hauptamtlichen Kräften sind außerdem Einsätze zu besonderen Anlässen möglich, etwa bei Stadtfesten oder Großveranstaltungen." 

Wie ist die Diskussion entstanden?

"Als im Haupt- und Finanzausschuss über einen SPD-Antrag beraten wurde, wie dem „Kippen-Problem“ in der Fußgängerzone begegnet werden kann, kam von den Grünen die Anregung, vielleicht könnten Bürger gewonnen werden, die Müllsünder ansprechen. Dieser Vorschlag trifft im Kern die Überlegungen der Stadtverwaltung, die dann in der Sitzung kurz umrissen wurden."

 
Wer kommt für den ehrenamtlichen KOD in Frage?

"In anderen Städten hat es sich bewährt, dass es nicht mehr ehrenamtliche als hauptamtliche Kräfte gibt, damit eine gute Betreuung im Alltag gewährleistet ist, insofern müsste es ein Bewerbungs- und Auswahlverfahren geben. Andere Städte verlangen dazu ein polizeiliches Führungszeugnis, erfragen genau, ob die Bewerber diesen Dienst gewissenhaft und mit der nötigen Neutralität leisten wollen. Auf jeden Fall müssen Ehrenamtliche gut geschult werden. 60 bis 80 Stunden Unterricht plus jährliche Nachschulungen sind die Regel."

 
Warum Ehrenamt im Ordnungsdienst?

"Ein solches staatliches Ehrenamt ist nicht ungewöhnlich: In den freiwilligen Feuerwehren und im Technischen Hilfswerk übernehmen Bürgerinnen und Bürger Hilfsdienste, als Schöffen in Gerichtsverhandlungen und Schiedspersonen sind sie Teil des staatlichen Handelns.
Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich engagieren, haben generell oft spezielle Ortskenntnisse, sind gut bekannt und angesehen. Im Ordnungsdienst würde das die Akzeptanz erhöhen, wenn „Sünder“ ertappt und angesprochen werden. In anderen Städten hat sich außerdem gezeigt, dass die Ehrenamtlichen durchaus als Bewerber in Betracht kommen, wenn hauptamtliche Stellen zu besetzen sind.  Wichtig ist auch der folgende Aspekt: Der KOD ist auch eine Eingriffsverwaltung, die Fehlverhalten ahndet – dies oft in einer klassischen Konfliktsituation: Da steht „die Stadt“ gegen „den Bürger“, der seine Pommesschale ja nur deshalb ins Gebüsch wirft, weil gerade kein Mülleimer in der Nähe ist. Ehrenamtliche im KOD wären also ein starkes Signal, dass es keine behördliche Schikane ist, wenn die Einhaltung von Regeln angemahnt wird und Verstöße geahndet werden." 

Und wenn ich meinen Nachbarn anschwärzen möchte . . . ?

". . . dann habe ich in einem ehrenamtlichen KOD nichts verloren – und vermutlich auch kein Interesse daran. Bürger, die nur auf individuelle und konkrete Regelverstöße in ihrem Umfeld hinweisen möchten, können dies schon heute auf vielfältige Weise tun: Ein Anruf im Amt, eine E-Mail an die Stadtverwaltung oder ein Eintrag über die BürgerApp."

Wie geht es jetzt weiter?

"Die aktuelle Diskussion zeigt mir einmal mehr, dass es in der Bürgerschaft ein großes Interesse gibt, das Thema grundsätzlich aufzugreifen. Denn der gefühlte Eindruck bei vielen Dorstenerinnen und Dorstenern ist, dass sich immer mehr Menschen einen feuchten Kehricht um die einfachsten Spielregeln für ein gutes Miteinander scheren. Es geht nicht darum, diese Stadt lückenlos zu überwachen oder zu einer Stadt der Denunzianten zu werden. Sondern es geht darum, dass wir gemeinsam in der Stadtfamilie für ein vernünftiges Miteinander einstehen. In diesem Sinne werden wir uns in den nächsten Wochen tiefer mit der Frage nach Einführung eines ehrenamtlichen Ordnungsdienstes beschäftigen, werden uns Modelle in anderen Städten genauer angucken und ein Konzept dafür entwickeln."

Autor:

Michael Menzebach aus Haltern

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