Hartmut Anders-Hoepgen übergibt sein Amt in Dortmund als Sonderbeauftragter für Vielfalt und Toleranz
Das Engagement gegen Rechtsextremismus und für Demokratie übernimmt Manfred Kossack

Hartmut Anders-Hoepgen (l.) geht als Dortmunder Sonderbeauftragter für Vielfalt, Toleranz und Demokratie in den Ruhestand und übergibt die Aufgabe, die seiner Meinung nach noch größer geworden ist, als vor 12 Jahren, an seinen Nachfolger Manfred Kossack.  | Foto: Schmitz
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  • Hartmut Anders-Hoepgen (l.) geht als Dortmunder Sonderbeauftragter für Vielfalt, Toleranz und Demokratie in den Ruhestand und übergibt die Aufgabe, die seiner Meinung nach noch größer geworden ist, als vor 12 Jahren, an seinen Nachfolger Manfred Kossack.
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Vor 12 Jahren, als Hartmut Anders-Hoepgen ehrenamtlicher Sonderbeauftragter der Stadt wurde, hätte er nicht gedacht, dass er eine Aufgabe übernimmt, die sich erledigt. Aber dass seine kommunale Koordinierungsstelle für „Vielfalt, Toleranz und Demokratie“ (VTD) eine Herausforderung wird, die sich noch verschärft, "nicht nur ein Dortmunder, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem wird", das hätte er nicht geglaubt.

Jetzt geht der Dortmunder, der dem Kampf gegen Diskriminierung ein Gesicht gab, in den Ruhestand. Als Nachfolger des 75-jährigen Anders-Hoepgen, der das Amt zwölf Jahre innehatte, hat Oberbürgermeister Ullrich Sierau den langjährigen Arbeitsdirektor von DSW21/DEW21, Manfred Kossack (66), benannt. Viel Zustimmung gab es dafür im Ältestenrat.
Manfred Kossack will Hartmut Anders-Hoepgen, der am 27. Februar auf einer Veranstaltung zur Förderung der Demokratie verabschiedet wird, am 1. März folgen. „Die Stelle ist zu bedeutsam, als dass wir ein Vakuum über mehrere Monate hinnehmen könnten“, sagt der OB, der Kossack zunächst für ein Jahr beruft.

Extremismus und Populismus

Für Dortmunds Oberbürgermeister ist es unabdingbar, dass Stadt und Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus nicht nachlassen und weiter Flagge zeigen. Dazu gehören neben dem vielfältigen Engagement der Dortmunder auch die Arbeit der Koordinierungsstelle sowie die Stelle des Sonderbeauftragten.
„Wir wehren uns entschieden gegen jede Art von Ausgrenzung, Rassismus, Antisemitismus oder Extremismus. Dortmund ist und bleibt eine vielfältige Stadt, die sich von Hetzern und Spaltern nicht auseinander dividieren lässt“, so Sierau. „Insofern geht mein großer Dank an Hartmut Anders-Hoepgen, der die Aufgabe sehr persönlich genommen hat und ein bekanntes Gesicht des Engagements für eine offene und tolerante Gesellschaft und in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ist.“

"Idealer Nachfolger"

Sierau weiter: „Da die gesellschaftliche Arbeit von Hartmut Anders-Hoepgen auch mit Angriffen verbunden war, ist sein Einsatz gar nicht hoch genug zu bewerten.“
Mit Manfred Kossack stehe ein idealer Nachfolger für die Koordinierungsstelle bereit. „Manfred Kossack ist bestens vernetzt und bekannt“, so das Stadtoberhaupt. „Er kennt sich in Wirtschaft und Arbeiternehmerschaft aus. Es ist wichtig, dass zwischen gesellschaftlichen Gruppen vermittelt wird und Wege geebnet werden, die sonst nicht gangbar wären. Dafür steht Manfred Kossack – das ist von großem Wert für die Stadt.“
„In den letzten zwölf Jahren wurde durch Hartmut Anders-Hoepgen und die Koordinierungsstelle eine sehr gute Arbeit geleistet“, sagt Manfred Kossack. „Es ehrt mich sehr, für die Stadtgesellschaft anzutreten und die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rechtspopulismus mit Hilfe der Bürger weiterzuführen und mit voranzubringen. Es ist eine herausfordernde Arbeit, der ich mich gerne stelle.“ Für Hartmut Anders-Hoepgen ist der Nachfolger eine sehr gute Wahl. „Ich freue mich sehr über die direkte Wiederbesetzung“, sagt der Sonderbeauftragte.

Aktionsplan auf den Weg gebracht

Vor 12 Jahren stand Hartmut Anders-Hoepgen wenige Tage vor seiner Pensionierung, als OB Dr. Gerhard Langemeyer ihn bat, ehrenamtlicher Sonderbeauftragter der neu zu schaffenden „Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie - gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus“ zu werden. "Damals breiteten sich die Nazis aus und dachten, der Politik auf der Nase rumtanzen zu können. Aus meiner Sicht gab es damals bürgerkriegsähnliche Zustände", erinnert Oberbürgermeister Sierau an die Zeit. Und er widerspricht, dass Dortmund eine Hochburg der Nazis sei: "Wir sind eine Hochburg zur Bekämpfung von Nazis", betont er.

Der Vorhof des Extremismus

Auch, dass es dabei auch um Rechtspopulismus gehe: "der sich immer mehr als Vorhof des Rechtsetremismus entpuppt. Da müssen wir sensibel und wachsam sein", stellt Sierau klar.
Vor 12 Jahren gab der Rat der Stadt der Verwaltung den Auftrag, einen lokalen Aktionsplan für Vielfalt, Toleranz und Demokratie zu erstellen. Der Grund waren die zunehmenden Aufmärsche und Aktionen von Rechtsradikalen und Neonazis, denen sich die Stadt damals ausgesetzt sah. Das Engagement dagegen zu organisieren, sollte Hartmut Anders-Hoepgen in die Hand nehmen. Ihm fiel die Entscheidung nicht schwer: „Ich bin 1944 geboren. Mein Vater war schon tot, als ich geboren wurde. Das hat mich beschäftigt“, sagt er. „Mein Adoptivvater hatte ein Jahrzehnt in Gefangenschaft verbracht. Ich war fünf oder sechs Jahre alt, als er in die Familie kam. Er war gezeichnet vom Krieg und den Folgen und ich habe die zertrümmerten Städte gesehen.“ Das hat ihn in seiner politischen Wahrnehmung geprägt.

"Gedankenübel findet wieder Anklang"

Ihn treibt es nach wie vor um, „was an Gedankenübel - ich sage Gedankenübel, nicht Gedankengut - wieder Anklang findet“, sagt er mit Blick auf Rechtsextremismus. Der Rechtspopulismus bereite dem Rechtsextremismus immer stärker den Weg. Das Ziel, die Demokratie als Ganzes abzuschaffen, werde immer deutlicher sichtbar. „Das ist die Motivation, die mich bewogen hat, die Beauftragung zu machen.“ Und beim Blick zurück fügt er hinzu: "Das was wir gemacht haben, kann man als modellhaft bezeichnen." Was Hartmut Anders-Hoepgen, der als Sachverständiger im Landtag war, dringend fehlt ist ein Demokratiefördergesetz. "Das ist dringender als je", war er entsetzt, als es nicht beschlossen wurde. Er beobachte, wie der Rechtsextremismus sich auffächere. Deshalb sei couragierte, demokratische Stärke das Thema für die nächste Zeit. Beteiligung müsse weiter ausgebaut, Demokratie gefördert werden.

Umfassendes Handlungskonzept

Für diese Aufgabe hat der Rat mit dem Aktionsplan den Grundstein gelegt, der mehrfach fortgeschrieben wurde. Einher ging eine Analyse der Problemlagen des Rechtsextremismus in Dortmund. Das Ziel war und ist ein umfassendes städtisches Handlungskonzept für Vielfalt, Demokratie und Toleranz.
Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, denn Prävention ist ein wichtiger Baustein des Aktionsplans. Alle Dortmunder seien gefordert, sich gemeinsam für eine vielfältige Gesellschaft einzusetzen. Mittlerweile ist - nicht zuletzt wegen der erkannten Notwendigkeit und der vielfältigen Aufgaben - die hauptamtliche Struktur in der Koordinierungsstelle gewachsen. Eine vierte Stelle ist ausgeschrieben. Komplettiert wird das hauptamtliche Team durch Kim Wollnik, als externe Projektbegleitung für das Programm „Demokratie leben!“, „Partnerschaften für Demokratie“.

Back up: Beratungsstelle für Opfer

Seit 2011 gibt es eine Beratungsstelle für Opfer von rechtsextremer und rassistischer Gewalt: Back up, finanziert von Stadt und Land. Seit 2014 hat der Verein „Backup - Comeback - Westfälischer Verein für die offensive Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus“ die Trägerschaft für die Opferberatung übernommen. Im Kampf gegen Rechtsextremismus und Intoleranz konnten viele Erfolge verbucht werden. Die Zahl der Runden Tische und Bündnisse hat zugenommen. Die Stärkung und vor allem die wichtige Vernetzung der Beteiligten wurden deutlich verbessert. Der Begleitausschuss für die Koordinierungsstelle, der auch über die Projektanträge entscheidet, sowie die Akteurs- bzw. Demokratiekonferenzen spielen eine wichtige Rolle.

Auch der BVB ist beteiligt

ast alle stadtgesellschaftlich wichtigen Akteure sind beteiligt, auch der BVB. Zudem ist im Aktionsplan das Thema Rechtspopulismus genauso wie die Bereiche Prävention und Öffentlichkeitsarbeit hinzugekommen.
DGB-Vorsitzende Jutta Reiter begrüßt, dass Manfred Kossack Nachfolger von Hartmut Anders-Hoepgen wird: "Nur weil wir vor einer Kommunalwahl stehen, darf ein solch wichtiges Amt nicht unbesetzt bleiben. Gerade in der aktuellen Situation dürfen wir keinen Zweifel an der klaren Haltung der Stadt aufkommen lassen. Manfred Kossack ist gut vernetzt und in der Stadt bekannt, so dass er diese Aufgabe gut erfüllen wird.“

Arbeitskreis begrüßt neuen Partner

Und Georg Deventer vom Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus freut sich, dass Hartmut Anders-Hoepgen bei BackUp-ComeBack weiterhin dem Verein für die offensive Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus vorsteht. "Ich bin mir sicher, dass Manfred Kossack sich ebenfalls hoch engagiert, kompetent und empathisch einbringen wird. Auch er ist in unserer Stadt gut vernetzt und - ich füge noch hinzu - auch überparteilich", freut er sich auf die Zusammenarbeit. Und auch die jüdische Gemeinde begrüßt die Ernennung von Manfred Kossack, da sie ihn als zuverlässigen und engagierten Partner im gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus und Diskriminierung kennengelernt habe.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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