Erste Ratssitzung in Dortmund: stellvertretende Bürgermeister gewählt - DIE LINKE & Piraten protestieren gegen Sitzordnung zwischen Rechtspopulisten und Nazis

Passend zur Fußballweltmeisterschaft wurde im Dortmunder Rathaus bei der Sitzordnung gefoult. | Foto: Stefanie Kleemann, Dortmund-Agentur
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  • Passend zur Fußballweltmeisterschaft wurde im Dortmunder Rathaus bei der Sitzordnung gefoult.
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Die erste Ratssitzung im Dortmunder Stadtrat dauerte nur rund 45 Minuten. In diesen Zeit wurden Birgit Jörder (SPD) und Manfred Sauer (CDU) zu stellvertretenden Bürgermeistern gewählt und die neue Sitzordnung beschlossen, die besagt, dass ausgerecht die Fraktion DIE LINKE & Piraten neben der rechtspopulistischen AfD und einem Rechtsextremen sitzen muss.

Die beiden BürgermeisterInnen Birgit Jörder (SPD) und Manfred Sauer (CDU) wurden bei einer Einheitsliste von SPD&CDU mit 66 Ja-Stimmen, 23 Enthaltungen und 6 Nein-Stimmen gewählt. Der neue Oberbürgermeister Sierau, der nur durch knapp 15 Prozent der Wahlberechtigten legitimiert ist und der sicherlich sein schlechtes Wahlergebnis auch der Stimmenthaltung vieler Wähler der Grünen und LINKEN sowie eines SPD-Kommunalwahlkampfes gerade seiner eigenen SPD in Dortmund-Wickede, deren Themenauswahl schon im Kontrast zum Oberbürgermeister stand, zu verdanken hat, war ja bereits direkt gewählt.

Politisches Foul bei Sitzordnung

SPD und CDU meinen wohl mit der neuen Sitzordnung gerade DIE LINKE wiederholt ärgern zu können. Dies war nämlich nicht das erste Foul bei der Sitzordnung des Rates gegenüber den LINKEN. 2007 musste die gesamte Fraktion in der letzten Reihe des Rates Platz nehmen. 2009 wurden sie erstmals in die rechte Ecke des Rates verschoben – damals verließ die LINKE unter Protest das Plenum.

SPD glaubt die LINKEN im Stadtrat zu sein

Die Dortmunder SPD beansprucht entgegen allen republikanischen Geflogenheiten in den Parlamenten ganz links zu sitzen. Obwohl die wahren LINKEN seit der deutschen Revolution von 1848 und letztlich seit der französischen Revolution von 1789, wie der Name schon sagt, links im Plenum sitzen und eben nicht "Sozialdemokraten", die im schlechtesten Sinne des Wortes konservative Politik betreiben.

Diese konservative Politik ist ja auch der Grund, warum die eigentlichen Konservativen, nämlich die Dortmunder CDU, ihr 20 Prozent-Ghetto bei Kommunalwahlen nicht verlassen kann und eher zufällig, beinahe und ohne eigenes Zutun den SPD-Oberbürgermeister aus dem Amt geschossen hätte, da die Dortmunder CDU zwar immer die Backen weit aufbläst, aber wenn es zum Schwur kommt, in der Regel in der hinteren Falte der SPD verschwindet, wie man es ja rund 40 Jahre bei der Ost-CDU und der SED beobachten konnte. Die CDU ist in Dortmund die Blockpartei der SPD. Die Feststellung des nun aus dem Rat ausgeschiedenen, langjährigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Ernst Prüsse, dass sein größter politischer Erfolg in seiner jahrzehntelangen politischen Laufbahn die Platzierung des damaligen CDU-Fraktionsvorsitzenden Hengstenberg als Geschäftsführer bei der stadteigenen EDG war, ist dafür ein sehr schönes Beispiel, wenn auch nicht das einzige. Wobei Prüsse freilich EDG-Aufsichtsratsvorsitzender ist.

"Wir protestieren gegen die beschlossene Sitzordnung entschieden“, so Fraktionssprecher Utz Kowalewski. DIE LINKE & PIRATEN-Fraktion brachte daher eine alternative Sitzordnung in den Rat ein, die ohne politische Fouls gegenüber den Ratsfraktionen auskommt und alle verfügbaren Sitzplätze im Plenum ausschöpft. (siehe unten drittes Bild)

Willkommensgruß an Piraten

"Die Tatsache, dass wir sogar zwei Plätze außerhalb des Plenums belegen sollen, damit sich andere Fraktionen ein Wohlfühlklima schaffen, werten wir als besonderen Willkommensgruß auch an die Adresse der Piratenpartei“, zeigt sich der stellvertretende Fraktionssprecher Christian Gebel erbost.

Besonders enttäuscht zeigen sich die acht Ratsvertreter der neuen Formation darüber, dass auch SPD und Grüne keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen ließen und lieber der AfD zu guten Plätzen im Plenum verholfen haben, als der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN eine geschlossene Sitzordnung zu ermöglichen. "Wir dachten bisher, wir hätten einen antifaschistischen Grundkonsens. Da liegt offenbar aber noch viel Arbeit vor uns", so Fraktionsvize Nursen Konak.

Das NPD-Ratsmitglied wurde übrigens in der letzten Wahlperiode verurteilt, weil es ein Mitglied der Linkspartei am Dortmunder Hauptbahnhof angegriffen und verletzt hatte. Ein gewalttätiger Übergriff auf Mitglieder der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN ist daher nicht auszuschließen und fiele in die Verantwortung der für die Sitzordnung verantwortlichen Parteien SPD, CDU und leider auch der Grünen, deren Bundestags- und Europafraktion ja schon in der Ukrainefrage jegliche Distanz zu faschistischen Organisationen vermissen läßt.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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