Keine Diesel-Fahrverbote in Dortmund: Land und Umwelthilfe setzen auf Umweltspur, Tempo 30 und Ampel
Für bessere Luft an B1, Ruhrallee und Brackeler Straße

Tempo 30 und längere rote Ampelphasen will die Stadt hier an der Ruhrallee einführen, um die Abgaswerte in der Luft unter den zulässigen Grenzwert zu senken. | Foto: Schmitz
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  • Tempo 30 und längere rote Ampelphasen will die Stadt hier an der Ruhrallee einführen, um die Abgaswerte in der Luft unter den zulässigen Grenzwert zu senken.
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Verschiedene Verkehrsmaßnahmen sollen an Messstellen in Dortmund die NO2-Belastung der Luft senken. Darauf haben sich die Stadt Dortmund, das Land NRW und der Verein Deutsche Umwelthilfe  (DUH)  vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster bei einem Vergleich zur Umsetzung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet der Bezirksregierung Arnsberg geeinigt. Fahrverbote für Diesel-Kfz wurden so verhindert.

Die Stadt Dortmund war vor Beginn der Verhandlungen zuversichtlich, dass das Land als Beklagte und die DUH als Kläger eine Einigung erzielen würden. Dies ist nach einem 4-stündigen Gespräch am 14. Januar gelungen. Das Ziel ist es, den Immissionsgrenzwert 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Außenluft – gemittelt auf das Kalenderjahr so schnell wie möglich in ganz Dortmund einzuhalten.

Vergleich vor Gericht zugestimmt

Nach der vereinbarten Bedenkzeit haben alle Beteiligten dem Vergleich gestern zugestimmt. Die Stadt hat dafür eine Dringlichkeitsentscheidung herbeigeführt, per Definition von Oberbürgermeister Ullrich Sierau und einem Ratsmitglied getroffen, da eine Einberufung des Rates nicht mehr rechtzeitig möglich war. Die Entscheidung wird dem Rat am 13. Febuar zur Genehmigung vorgelegt.
„Es ist eine gute Nachricht, dass es zu einer gemeinsamen Sichtweise gekommen ist“, wertet Oberbürgermeister Ullrich Sierau das Ergebnis. „Es gibt jetzt eine Reihe von Maßnahmen, an denen wir konsequent arbeiten und die wir auch weiter entwickeln werden. Wenn die Werte sich nicht positiv entwickeln, werden wir im Laufe des Jahres nachsteuern“, so der Oberbürgermeister. „Wir wollen das Ergebnis dieses Vergleichs leben, denn wir haben ein großes Eigeninteresse am Erfolg dieser Maßnahmen. Und wir meinen es ernst:

Luftwerte sollen überall besser werden

Unsere Luftwerte sollen nicht nur an den Messpunkten, sondern überall in der Stadt besser werden.“ Ein Ziel, mit dem auch die Deutsche Umwelthilfe übereinstimmt. Mit dem Ergebnis konnte verhindert werden, dass einseitig nur Dieselfahrer durch Fahrverbote benachteiligt werden. Der weltweite Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselmotoren habe Dieselfahrer schon genug belastet.
„Das waren intensive und sachliche Verhandlungen. Konstruktiv haben das Land und wir mit der DUH bis ins Detail hart diskutiert und nach Lösungen gesucht“, sagt Umweltdezernent Ludger Wilde zum Vergleich, "die vielen Maßnahmen bilden ein wirkungsvolles Gesamtpaket, das die NO2-Immissionen weiter reduzieren wird.“

Grenzwert an 3 Stellen überschritten

Die Maßnahmen seien individuell auf die Situation in der Stadt zugeschnitten und führten an besonders vielbefahrenen Straßen mit Stickstoffdioxidbelastungen über dem Jahresmittelgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter zu einschränkenden Veränderungen. Denn an drei Messstellen, wird der zulässige Grenzwert weiterhin überschritten: am Rheinlanddamm, der Ruhrallee und der Brackeler Straße.
Bei der Einigung vor Gericht wurden zwei Maßnahmenpakete festgezurrt, wobei die 2. Stufe erst dann umgesetzt werde, wenn die 1. Maßnahmen den NO2-Ausstoß nicht unter den Grenzwert senken. Die Stadt muss unverzüglich alle folgenden Maßnahmen des 1. Paketes umsetzen:

Tempolimit und LKW-Durchfahrverbot

· Rheinlanddamm (B1):  Ausdehnung des nächtlichen Durchfahrverbots für LKW größer als 7,5 Tonnen auf 24 Stunden. 40 statt 50 km/h als Tempolimit an der Auffahrt von der Märkischen Straße in Richtung Westen . Bereits geblitzt wird mit der Geschwindigkeitsüberwachung vor den Westfalenhallen.
· Brackeler Straße: Reduzierung des Tempos auf 30 km/h zwischen Borsigplatz und Im Spähenfelde. Der nördliche Fahrstreifen stadteinwärts zum Borsigplatz wird zur Umweltspur für Busse, E-Autos und Fahrräder. Die Spuren stadtauswärts werden spätestens bis März von zwei auf eine reduziert. Die Anlage zur Tempo-Überwachung und des Lkw-Durchfahrverbotes ist in Betrieb und wird angepasst.
· Ruhrallee: Begrenzung auf Tempo 30 zwischen Wall und B1. Außerdem wird die Ampel länger auf Rot geschaltet, so dass weniger Verkehr in Richtung Innenstadt fließt. Beides muss bis Ende Mai erfolgen. 
Sowohl an der Brackeler Straße als auch an der Ruhrallee werden mehrmals der Verkehrzählungen durchgeführt, um falls erforderlich frühzeitig noch stärker nachsteuern zu können.

Im 2. Paket vereinbart wurden:

· B1: LKW-Fahrverbot schon für LKW ab 3,5 Tonnen
· Brackeler Straße: Optimierte Ampelsteuerung (Pförtnerung)
· Ruhrallee: Steuerung des Verkehrs durch zusätzliche Ampelprogrammierung nördlich der B1.

Viele der Maßnahmen sind bekannt und wurden vom Rat beschlossen. Sie finden sich nun im Vergleichstext zwischen dem Land und der Umwelthilfe  wieder. Die Stadt Dortmund wertet das als Anerkennung ihres Bemühens um gute Luft in der Stadt.
Unterm Strich sind sowohl kurzfristige, als auch mittel- und langfristige Maßnahmen vorgesehen, die den Verkehr umweltgerecht verändern sollen.

Planer: Maßnahmen wirken

Viele Maßnahmen für sauberere Luft stehen im Dortmunder Luftreinhalteplan, hierzu zählen die Umwelzone sowie Lkw-Durchfahrtsverbote, Lkw-Routen und Geschwindigkeitsbeschränkungen.
Dass die bereits ergriffenen Maßnahmen wirken, zeigten sinkende NO2-Messwerte.  Diese Entwicklung werde sich nun spürbar fortsetzen, sind die Verkehrplaner sicher.
Sie wollen die Luftschadstoffbelastungen auch durch die Reduzierung des Kfz-Verkehrs und durch eine Förderung der Verkehrswende minimieren. Wichtige Schritte auf diesem Weg sind die Förderung der Elektromobilität, des ÖPNV und des Radverkehrs.

Emissionsfreie City

Zu den bekannten Maßnahmen, die nun im Vergleichstext aufgenommen wurden, zählt der „Masterplan Mobilität 2030“ mit seinen verschiedenen Teilkonzepten wie „Elektromobilität für Dortmund“ und der „Masterplan Nachhaltige Mobilität für die Stadt“ sowie das Projekt „Emissionsfreie Innenstadt“.
Ebenfalls dazu gehören die Modernisierung und Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks sowie der Ausbau des Parkleitsystems und der Park+Ride-Plätze verbunden mit einer Marketing-Offensive.
Auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur durch das Projekt „NOX-Block“ ist Bestandteil. Dabei werden bis zu 400 Ladepunkte für E-Autos in Straßenlaternen eingebaut.

Radverkehr fördern

Ein zentraler Punkt zur NO2-Reduzierung ist die Förderung des Radverkehrs. Der Anteil soll bis zum Jahr 2030 von jetzt rund 10 auf 20 Prozent steigen. Dafür werden zusätzliche Planer für die Planung und den Bau von Radwegen eingestellt und die Investitionen dafür erhöht. Um den Bau des Radschnellwegs Ruhr zu beschleunigen, hat Dortmund die Planungshoheit übernommen und eine weitere Stelle geschaffen.
Beschleunigt wird die Schaffung von 21 weiteren Bewohnerparkzonen im Cityrandbereich, mindestens drei neue Zonen pro Jahr sollen ab 2021 realisiert werden. Für 2020 stehen zwei Zonen vor der Realisierung. Mit enthalten im Katalog sind auch Aktionen des Mobilitätsmanagements für Unternehmen sowie an Schulen und KiTas.

Dieselbusse nachrüsten

Die DSW21-Busflotte liefert einen weiteren Baustein: In fünf Jahren konnten die Stickstoffdioxidemissionen der Busflotte bereits um 52 Prozent gesenkt werden. Weitere Investitionen sind geplant oder angeschoben: Die aktuell verbesserten Bedingungen für Fördermittel des Bundes zur Hardware-Nachrüstung bei Dieselfahrzeugen wird dazu führen, dass die DSW21 sowie die Stadt alle förderfähigen Fahrzeuge nachrüsten wird. Zudem bereitet DSW21 den Einstieg in die Beschaffung von E-Bussen vor.
Mit dem Bau der Nordspange auf dem ehemaligen Gelände der Westfalenhütte und der Verlängerung der Stadtbahn auf das Gelände will die Stadt außerdem für weniger Verkehrsemissionen sorgen. 
Die Stadtspitze legt Wert darauf, dass aus ihrer Sicht die Nichteinhaltung von Zusagen durch die Autoindustrie der Grund für die Verkehrsmaßnahmen ist. Die Autoindustrie müsse endlich ihrer Pflicht und Verantwortung gerecht werden und so schnell wie möglich die Emissionen der Fahrzeuge reduzieren, insbesondere auch durch Hardware-Nachrüstungen. Auch in diesem Punkt war sich die Stadt Dortmund mit allen Beteiligten im Saal des Oberverwaltungsgerichts einig.
Denn nur wenn die NO2-Messwerte unter den Grenzwert sinken, kann der Vergleichsvertrag eingehalten werden.

"Bitte auf Stadtbahn und Rad umsteigen"

Die Dortmunder Stadtverwaltung bittet daher Autofahrer auf dem Weg in die Stadt um Verständnis.  "Besonders hilfreich ist es, wenn Autofahrer auf die Stadtbahn, den Bus oder das Fahrrad umsteigen", heißt es aus dem Rathaus. „Nutzen Sie die P+R-Plätze, wenn Sie die Anreise nicht vollständig auf Bus, Bahn oder das Rad umstellen können. Wählen Sie alternative Routen und verschonen Sie dabei bitte trotzdem die Wohngebiete, auch in der Innenstadt“ heißt die Empfehlung aus den Abteilungen Klima, Luft und Lärm sowie Mobilitätsplanung.

Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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