Lohnabschluss in der Metallindustrie ist eine massive Enttäuschung

Bekowerdo ist enttäuscht über den Tarifabschluss der IG Metall
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In der Pressemitteilung der IG Metall zum aktuellen Tarifabschluss heißt es: Die IG Metall hat den Tarifabschluss in Nordrhein-Westfalen als für beide Seiten guten Kompromiss bezeichnet. „Das ist ein Abschluss mit Pilotcharakter. Die Beschäftigten bekommen eine deutliche Erhöhung ihrer Realeinkommen und damit einen fairen Anteil am wirtschaftlichen Erfolg“, sagte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, am Freitag in Köln.

Das Ergebnis zeigt jedoch alles andere als eine deutliche Erhöhung der Realeinkommen, was bei der geringen Forderung der IG Metall auch zu erwarten war. Unter Berücksichtigung der Einmalzahlung ergibt sich in diesem Jahr ein Jahresergebnis von wenig mehr als 2,0 Prozent. Im nächsten Jahr bleibt es unter zwei Prozent Zuwachs.

Aber selbst bei diesem niedrigen Abschluss wurde zusätzlich noch eine Differenzierungsklausel vereinbart, die es den Tarifvertragsparteien erlaubt, für verbandsgebundene Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten eine Verschiebung der Entgelterhöhung vorzunehmen. Mit diesem Abschluss und mit dem Abschluss im öffentlichen Dienst ist bis Ende 2017 für die gesamte deutsche Tariflandschaft die Zwei-Prozent-Marke als festgelegte Zielvorgabe anzusehen.

Welche Auswirkungen hat die deutsche Lohnpolitik im Inland?

Deutschland betreibt seit Jahren Lohnzurückhaltung. Das erfolgte durch starke politische Einflussnahme der Regierung ab Mitte 1999 zu Lasten der Position der Gewerkschaften. Aufgrund wirtschaftspolitischer Hilflosigkeit wurden Anfang der 2000er Jahre lupenreine neoklassische Methoden angewendet. Man hat einfach die Empfehlungen des neoliberal ausgerichteten Sachverständigenrates in die Agenda 2010 übernommen, garniert mit etwas Merkantilismus aus dem 17. und 18. Jahrhundert.

Wohin diese Politik geführt hat, stellen wir nun fest. Die Lohnzurückhaltung war und ist für die Binnennachfrage sehr schädlich. Man hat jahrelang auf Reallohnsteigerungen verzichtet und damit aber auch die Binnennachfrage geschwächt. Dies führte zum Verlust von Unternehmen und Arbeitsplätzen. Wenn die Reallöhne nun etwas steigen, liegt dies nicht an den hohen Tarifabschlüssen sondern an der durch Deutschland maßgeblich mitverursachten europäischen Deflation.

Das ist jedoch kein Grund zum Jubeln, da Reallohnsteigerungen mit Deflation erkauft wurden. Hinzu kommt eine schlechte wirtschaftliche Entwicklung in ganz Europa, die vom größten Gläubigerland Deutschland entscheidend geprägt ist.

Hat die europäische Währungsunion vor diesem Hintergrund noch eine Chance?

Im Saldo bleibt die Spaltung Europas aufgrund des deutschen Exportbooms und den damit einhergehenden irrsinnigen Leistungsbilanzüberschüssen. Diese Spaltung überwindet man aber nicht dadurch, dass man weiterhin durch niedrige Tarifabschlüsse Lohndumping betreibt und die anderen europäischen Länder niederkonkurriert. Kennzeichen einer Währungsunion ist ja nicht nur die Aufgabe der nationalen Währungen zugunsten einer einheitlichen Währung sondern auch die Vereinbarung eines Inflationsziels, das in jedem Mitgliedsland eingehalten werden sollte. Das vereinbarte Ziel in der europäischen Währungsunion liegt bei ca. 2%.

Die südeuropäischen Länder sind über das Ziel hinausgeschossen und versuchen nun als brave „Merkel-Schüler“ über eine drastische Sparpolitik mit drastischen Lohnsenkungen, wie im Falle Griechenland, dem falschen „Vorbild“ Deutschland nachzueifern. Wie man feststellen kann, hat dies in die Katastrophe geführt.

Es gibt nur ein Land, das sich fast exakt an die Vorgabe von 2% Inflation gehalten hat - und das ist Frankreich. Deutschland liegt aufgrund der oben beschriebenen Lohnpolitik weit darunter. Wer hat denn nun alles richtig gemacht - Frankreich oder Deutschland? Die neoliberalen Ökonomen würden natürlich für Deutschland stimmen, weil Deutschland ja grundsätzlich immer alles richtig macht. Das ist aber leider falsch. Obwohl Frankreich alles richtig gemacht hat, kommt das Land jetzt in Schwierigkeiten, da sich Deutschland aufgrund des Lohndumpings einen künstlichen Wettbewerbsvorteil verschafft hat. In Frankreich gab es sogar vor einigen Jahren eine Großdemonstration für höhere Löhne. Es ging dabei aber nicht um höhere Löhne in Frankreich sondern um höhere Löhne in Deutschland - das ist ja schon bezeichnend.

Welche Lösung gibt es ?

Es wird keine Lösung geben, wenn Deutschland nicht Marktanteile abgibt, die in der Vergangenheit durch relative Lohnsenkungen erschlichen worden sind. Im Klartext heißt das, dass in Deutschland die Löhne so stark steigen müssen (und zwar oberhalb des Produktivitätszuwachses), dass das vereinbarte Inflationsziel von 2% eingehalten wird. Das hätte den Vorteil, dass die Binnennachfrage signifikant erhöht wird und die unsinnigen Exportüberschüsse abgebaut werden.

Wenn die herrschende Politik diesen Zusammenhang nicht erkennt oder erkennen will, führt der weitere Weg in die Katastrophe, denn die Schuldner-Länder können irgendwann aufgrund der steigenden Schuldenlast ihre Importe nicht mehr bezahlen.

Autor:

Rüdiger Beck aus Dortmund-City

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