14 Prozent der Angegriffenen waren unter 18 Jahre alt
Mehr Menschen in NRW waren von rechter Gewalt betroffen

2019 gab es in Nordrhein-Westfalen (NRW) 202 rechte Gewalttaten mit mindestens 322 direkt betroffenen Menschen, darunter eine zunehmende Anzahl von Kindern. Dies ist das Ergebnis der Jahresstatistik der Opferberatung Rheinland (OBR) und BackUp, den beiden Beratungsstellen für Betroffene extrem rechter, rassistischer, antisemitischer und anderer menschenfeindlich motivierter (kurz: rechter) Gewalt.

Die beiden Beratungsstellen registrierten 2019 eine leichte Abnahme der rechten Gewalttaten gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig stieg die Zahl der von dieser Gewalt direkt betroffenen Menschen. So wurden vermehrt Menschen angegriffen, verletzt oder massiv bedroht, die zu zweit oder in größeren Gruppen unterwegs waren. 14 Prozent der Betroffenen waren unter 18 Jahre alt. Das häufigste Tatmotiv war, wie in den Vorjahren, Rassismus: 67 Prozent aller 2019 registrierten
Gewalttaten waren rassistisch motiviert, mindestens 239 Menschen wurden wegen ihrer (vermeintlichen) Herkunft oder Religionszugehörigkeit angegriffen und zum Teil erheblich verletzt.

Zu den Betroffenen zählen Menschen, die seit Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt in NRW haben oder in Deutschland geboren wurden, Schwarze Menschen, Muslime, Rom und Geflüchtete. Die beiden Beratungsstellen weisen seit Jahren auf das erschreckende Ausmaß rassistischer Gewalt und die zunehmende Unsicherheit betroffener Menschen und Gruppen hin. Sie unterstützen Angegriffene und Geschädigte und fordern in jedem Einzelfall die gesellschaftliche Solidarität mit den Opfern.

Landesbeauftragter gegen Rassismus?

Dies allein reicht aber aus Sicht der Beratungsstellen nicht: „In NRW könnte die Einrichtung einer oder eines Landesbeauftragten gegen Rassismus eine wichtige Maßnahme sein, um die Notwendigkeit gesamtgesellschaftlicher Solidarität in Politik und Öffentlichkeit bewusster zu machen“, so Birgit Rheims von der OBR.

Angriffe auf sogenannte „politische Gegner“ haben 2019 gegenüber den Vorjahren erneut zugenommen (2019: 46, 2018: 43, 2017: 34). Rund 23 Prozent aller 2019 registrierten Gewalttaten
richteten sich gegen Menschen, die sich politisch und zivilgesellschaftlich gegen Rechtsextremismus
und Rassismus einsetzen oder für Demokratie, Pluralität und Geflüchtete engagierten. Die Jahresbilanz 2019 der OBR und BackUp dokumentiert vor allem versuchte Tötungen (6 % der Angriffe), einfache und gefährliche Körperverletzungen 79 %), Brandstiftungen (knapp 3 %) sowie
einige Bedrohungen und Sachbeschädigungen (9 %), die aufgrund ihrer massiven Folgen für die Geschädigten als Gewalttat gewertet werden.

Rassismus benennen- auch bei psychischer Krankheit

Besonders erschreckend war die Gewalttat in Bottrop und Essen zum Jahreswechsel 2018/2019. Ein
Mann war aus rassistischen Motiven mehrmals gezielt mit seinem Auto in feiernde Menschengruppen gefahren. Vor dem Landgericht Essen wurde der Täter in zwölf Fällen wegen Mordversuchs angeklagt. Mindestens 69 Menschen waren laut Anklage direkt von der rassistisch motivierten Tat betroffen. „Dass der Täter vor Gericht für schuldunfähig befunden wurde, war für viele schwer zu verkraften. Die Anerkennung einer rassistischen Tat als solche ist für die Betroffenen enorm wichtig, um das Erlebte  besser verarbeiten zu können“, sagt Sabrina Carrasco Heiermann von BackUp. „Rassismus muss als solcher benannt werden – auch wenn der Täter psychisch krank ist“.

Detaillierte Informationen und Grafiken sind im Hintergrundpapier „Monitoring rechter Gewalt in
NRW 2019“ zu finden.

Autor:

M Hengesbach aus Dortmund-City

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