3 Fragen an die Dortmunder StadtEltern-Vorsitzende Anke Staar zur Wiederöffnung
Schrittweise wieder zur Schule

Noch sind die Schulen geschlossen. Bei der schrittweisen Wiedereröffnung der Schulen sieht die Dortmunder Stadt-Eltern-Vorsitzende Anke Staar viele Herausforderungen auf die Schulen und auch mögliche Benachteiligungen auf die Schüler und ihre Familien zukommen.  | Foto: Schmitz
  • Noch sind die Schulen geschlossen. Bei der schrittweisen Wiedereröffnung der Schulen sieht die Dortmunder Stadt-Eltern-Vorsitzende Anke Staar viele Herausforderungen auf die Schulen und auch mögliche Benachteiligungen auf die Schüler und ihre Familien zukommen.
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Schon eine Woche vor der Schulschließung forderte die Dortmunder StadtEltern-Vorsitzende Anke Staar zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie die Schulen zu schließen. Vor der Wiederaufnahme des Unterrichts stellte der Stadt-Anzeiger Dortmund ihr 3 Fragen:

Was halten sie vom Plan der schrittweisen Schulöffnung der Bundesregierung?
Das die Schulen wieder eröffnet werden, halten wir für unerlässlich, aber erst dann, wenn Hygiene und Sicherheitsfragen in allen Städten abschließend geklärt und vorbereitet werden konnten. Es kann nicht sein, dass immer noch in Krankenhäusern und Praxen notwendige Schutzmaßnahmen fehlen und Standards nachgebessert werden müssen, dass daraus nun Ressourcen für Schule abgezweigt werden, die sich nicht nur auf Schule, sondern auf den Schulweg ausweiten.

Große Herausforderung

Das stellt Kommunen vor großen Herausforderungen der Beschaffung, gerade weil die Kosten für Reinigungsmittel, Hygieneartikel und Schutzkleidung durch die Verknappung extrem explodiert sind. Schuleröffnung heißt nämlich auch, den Blick auf alle Beteiligten auch die Reinigungskräfte, die Begleiter etc. haben zu müssen - wo direkter Kontakt also nicht ausgeschlossen werden kann. Daher müssen ähnliche Hygienestandards gelten wie in allen anderen relevanten Bereichen und können nun nicht in der Schule geschmälert werden. Doch genau diese Standards sind nicht "öffentlich" bekannt und gehen viel zu kurzfristig den Schulträgern, Schulen, Lehrer*innen, Familien und allen anderen Betroffenen zu.

Welche Herausforderungen sehen sie für Schulen, Eltern und Lehrer als besonders schwierig an?
Die große Herausforderung wird es sein, auf die nun vielen individuellen Bedürfnisse einzugehen. Zu den ohnehin schon immer vorbelasteten Schülerinnen und Schülern mit einem Förderbedarf, kommen nun viele Schüler und Lehrer*innen hinzu mit einer besonderen Gefährdung und evtl. auch Angehörige. So müssen die Schulen nicht nur die im Blick haben, die in die Schulen kommen, sondern auch alle anderen die das vielleicht noch ein ganze Weile nicht können. Auch sie haben ein Recht auf Teilhabe und Bildung. Gleichzeitig müssen sie den Schutz aller anderen und für sich selbst im Blick haben.

Ganz neue Konzepte und Lerngruppen

Fächer können nicht mehr so angeboten werden wie bisher und Schüler können nicht in diesen großen Gruppen unterrichtet werden. Es braucht also viele parallele und neue auch übergreifende Konzepte. Schüler kommen mit Eindrücken und Erfahrungen, die auch ihre Familien vor besondere Herausforderungen stellen. Es wird also zu großen Doppelbelastungen kommen.

Laut der Lockerungs-Strategie von Bund- Und Ländern sollen zuerst ab Montag nach den Ferien, die Schulen den hygienischen Schutz vorbereiten, damit die Schüler, die vor Prüfungen stehen, also Abiturienten und Abschlussklassen ab Donnerstag, 23. April, wieder in die Schulen zurück kehren können.In den Grundschulen soll zuerst wieder Unterricht für die höheren Klassen, angefangen mit Klasse 4 in Lerngruppen, mit besonderem Hygiene-Standard angeboten werden. Ist es nicht gerade für Erstklässler, die ja oft noch nicht lesen können, besonders schwer mit geschickten Aufgabe zurecht zu kommen? 
Durchaus beschäftigt uns schon die ganze Zeit die Frage der Gewichtung - Recht auf Bildung vor dem Recht auf Prüfungen? Schüler, die 10,12, oder 13 Jahre zur Schule gegangen sind, haben ihr Leistungen alle schon erbracht, die abschließende Beurteilung von Abschlussprüfungen abhängig zu machen, wird dem nicht gerecht. Unsere Generation hat nie Zentralen Abschlussprüfungen machen müssen und konnte studieren und promovieren. Den Lehrern vor Ort nicht zu zutrauen, dass sie ihre Schüler nicht einschätzen und beurteilen können, würde nicht nur ihre Kompetenz infrage stellen. Es geht auch nicht um die mehr Sicherheit für die Schüler, da Ältere mehr Abstand halten könnten. Auch nicht ob das Abitur oder die Zentrale Prüfung 10 dann weniger wert wäre:

Die Leistungen müssen anerkannt werden

Die Leistungen müssen anerkannt werden! Sondern es geht uns um die wichtigen Ressourcen. Wohl wissend um die Problematiken und den hohen Bedarf vieler Familien, die die ohnehin systemrelevant für uns ihr Leben riskieren, plus die Schüler und Familien die immer schon benachteiligt waren durch eine Behinderung, Erkankung oder soziale Gegebenheiten, die alle schnellstmöglich mehr Unterstützung brauchen. Wir wissen, dass der Betreuungsbedarf sich ab dem 4. Mai vergrößern wird. Man kann Schule nicht abkoppeln von der Betreuung unter diesen besonderen Bedingungen betrachten. Wir müssen also auf eine lange Zeit hin sicherstellen, dass diese besonderen Gruppen unterstützt werden. Es kann nicht sein, dass Mensch tagtäglich ihr Leben riskieren für uns alle und wir nicht alles dafür tun, uns um ihre Kinder zu kümmern.

Unterstützung für Benachteiligte

Es kann nicht sein, dass Mensch, die immer schon benachteiligt waren, keine Unterstützungsangebote bekommen. Wir können diese Konzepte nur gemeinsam entwickeln, dafür müssen wir nun schnellstmöglich begreifen, dass Schule eben nicht nur Lehrort ist, sondern Lebensraum. Dabei muss das Wohl der Schüler, der Familien und Lehrer an erster Stelle stehen. Dazu müssen wir Strategien entwickeln mit Schulaufsicht, Schulträger, Jugendhilfe, Gesundheitsamt und den Eltern gemeinsam: Was wird am dringlichsten benötigt? Wie lassen wir niemanden zurück? Aber wie überfordern wir auch niemanden? Was hilft es uns, wenn durch Überforderung noch mehr Kräfte ausfallen. Wir hätten die Ressourcen nun alle benötigt. Zumal jetzt schon klar ist, dass wenn nur die Abschluss-Schüler wieder in die Schule gehen, die Schulen für die Prüfungen wieder schließen müssen, weil der Raumbedarf sich um ein vielfaches auch für die Prüfungen erhöhen wird.

Wie werden wir Hilfsbedürftigen gerecht?

Wie werden wir also den vielen, die dringlich Hilfe brauchen, gerecht?
Wir hören von vielen Eltern, dass nicht nur die Kinder, sondern auch sie nicht nur von der Betreuungsproblemen, sondern auch von den Aufgaben überfordert sind. Natürlich werden nun Benachteiligungen viel stärker deutlich. Es liegt aber nicht alleine daran, ob Eltern vielleicht Aufgaben ihren Kindern nicht erklären können. weil sie es selbst, vielleicht aufgrund Sprachbarrieren, nicht können. Viele Eltern und Alleinerziehende gehen arbeiten, kommen nach Doppelschichten erschöpft nach Hause, ihre Kinder können sich die Aufgaben vielleicht nicht selbst erschließen oder es gibt mehrere Kinder und alle Aufgaben kommen digital und es gibt nur einen Zugang. Die Palette ist vielfältig...

Schulen nicht alleine lassen 

Das macht Benachteiligungen auch bei Prüfungsvorbereitungen sehr deutlich. Umso wichtiger ist es, dass ein Kontakt zur Schule ermöglicht wird und wenn es nur ein oder zweimal pro Woche halbtags wäre. Die Schere der Benachteiligung erweitert sich nun täglich. Dabei sind auch wieder nicht einmal die Kinder berücksichtigt, die in der Schule sonst zusätzlich durch einen Begleiter unterstützt werden und diesen vielleicht auch zuhause bräuchten. All das sind ungeklärte Fragen.
Fazit: Mit diesen vielen Fragen und besonderen Herausforderungen dürfen wir die Schulen nicht alleine lassen. Wir StadtEltern fordern, dass man hinhören muss, was Familien brauchen, wie es ihnen geht, was Lehrer brauchen , wie es ihnen geht, was Schule und Schulträger brauchen, damit ein Neustart gelingen kann. Das gelingt aber nur gemeinsam und braucht Vorlaufzeit.
Es geht um ein Ausprobieren mit dem Fokus, dass die Gesundheit das Wichtigste sein muss.

Wunsch: auf Bedarf der Familien blicken 

Wir hätten uns von der Kultusminister-Konferenz gewünscht, hier die Brille zu wechseln und auf den nun wichtigen Bedarf der Familien zu blicken und ihn nicht dem Bedarf der Prüfungen unterzuordnen. Noch bedauerlicher ist, dass nun der Eindruck entstanden ist, dass die Konfernz weder den Empfehlung des Robert-Koch-Institut, noch der Kanzlerin folgt und nun jedes Bundesland wieder macht, was es will.
Die einen starten schon Montag mit Prüfungen, die anderen Mitte der Woche und wiederum andere, die Prüfungen schon abgeschlossen haben, können entspannt am 4. Mai beginnen. Das zeigt leider, dass wir nicht hinhören, dass wir die vielen Sorgen der Lehrer, Eltern und Schüler nicht ernst nehmen, sondern nicht mit ihnen nach Lösungen suchen, sondern an gewohnten Machtstrukturen komme was wolle festhalten wollen.

Fair sieht anders aus

Schade, dass setzt natürlich dann auch eine Ministerin unter Druck, die nun aus den Beschlüssen der Kultusminister-Konferenz nicht ausscheren kann, weil dann tatsächlich die Schüler in NRW Probleme bei der Anerkennung ihres Abiturs bekommen, lässt aber auch alle die Prüflinge im Stich, die aufgrund einer gesundheitlichen Gefährdung oder akuten Bedrohung nicht teilnehmen können - fair sieht anders aus.

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Autor:

Antje Geiß aus Dortmund-City

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