Aktiv für "Ärzte ohne Grenzen"

Seinen letzten Einsatz hatte Pascal Muhitira im vergangenen Jahr in Uganda. | Foto: privat
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Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" geht mit ihren Mitarbeitern dorthin, wo medizinische Hilfe dringend gebraucht wird.

Unterstützt wird die Arbeit des Vereins von vielen ehrenamtlichen, aber auch von hauptamtlichen Mitarbeitern.

Pascal Muhitira ist einer von ihnen. Ursprünglich stammt er aus Burundi, geboren wurde er in der Hauptstadt Bujumbura, dort machte der heute 44-Jährige auch eine Berufsausbildung zum Krankenpfleger.

So ausgefallen, wie mancher vielleicht denken könnte, ist die Berufswahl dort nicht: "Weder in Deutschland noch in Afrika ist es für einen Mann ungewöhnlich, als Krankenpfleger zu arbeiten! Da gibt es auch keine Unterschiede zwischen den Kulturen, Männer in Afrika verrichten die gleichen Tätigkeiten in diesem wie in anderen Berufen wie Männer in Europa." Bereits 1998 begann seine Tätigkeit für die "Medicins sans frontières" (MSF) in Burundi.

"Es war vor allem der humanitäre Aspekt der Arbeit, der mich interessiert hat. Die Motivation war einfach nach der Schule das Interesse am medizinischen Beruf und die Freude an der Arbeit mit anderen Menschen, die Tätigkeit bei Ärzte ohne Grenzen hat sich über die Organisation während des Krieges in Burundi dann zufällig ergeben."

Die Konflikte zwischen Hutu und Tutsi im benachbarten Ruanda hatten auch auf Burundi ausgestrahlt. Muhitira begann zunächst bei MSF als Krankenpfleger zu arbeiten. Als Teamleiter organisierte er für Ärzte ohne Grenzen ein mobiles Krankenhaus. Später war er erst als Pflegeverantwortlicher und dann als Projektleiter in internationalen Projekten tätig.

"Es war zu Anfang sehr schwierig, die Leute hatten Angst, ins Krankenhaus zu gehen." Besonders im Grenzgebiet zwischen Burundi und Tansania gab es viele Rebellen, die Lage war unsicher. Die Hutu hatten Angst vor den Tutsi, viele Mitarbeiter in den Krankenhäusern und auch die Bewohner der Gegend waren geflüchtet. "Die mobile Klinik hat sich bewährt, viele Menschen wären sonst ohne medizinische Versorgung gestorben."

Der nächste Einsatz als festangestellter Mitarbeiter führte Pascal Muhitira in den Niger. Viele Kinder dort waren infolge Unterernährung schon gestorben, "das war eine große Katastrophe." Es folgten verschiedene Einsätze im Tschad, In Burkina Faso, Kongo und Mauretanien.

Es gab schwierige Projekte, mit Flüchtlingen, wie zum Beispiel in einem Flüchtlingslager im Tschad, oder in Mauretanien, wo Muhitira sich um Flüchtlinge aus Mali kümmerte. Die Arbeit führte auch in nicht ungefährliche Gebiete, neben den ethnischen Konflikten gab es ausgehend von den Unruhen in Mali religiöse Konflikten zwischen Muslimen und Christen. Die Helfer wurden angegriffen, zum Beispiel im Tschad. "Dort gab es in einer Woche gleich zwei Angriffe. Ich hatte Angst, bin nicht rausgegangen aus dem Lager."

"Die Muslime wollten nicht mehr in christlich geführte Krankenhäuser gehen. Also haben wir ein neues Krankenhaus gegründet, für Christen und Muslime. Das hat funktioniert. Es gab sehr viel Sicherheitspersonal und wir haben regelmäßig alle Zimmer in der Klinik kontrolliert." Ein Projekt, das im Gegensatz zu vielen anderen zeitlich begrenzten Hilfsaktionen noch existiert.

"Dass ich selbst aus Burundi kam, hat mir die Arbeit in den Nachbarländern nicht unbedingt erleichtert", erzählt Pascal Muhitira. "Burundi war schließlich als Land nicht neutral. Soldaten aus Burundi haben die Muslime in den Nachbarländern unterstützt."

Neben der schwierigen und oft auch gefährlichen Arbeit gab es aber auch eine glückliche und folgenschwere Begegnung: Bei seiner Arbeit für MSF in Afrika hat Pascal Muhitira seine heutige Frau kennengelernt. Ute Muhitira ist Kinderärztin an der Dortmunder Kinderklinik und war als freiwillige Helferin gemeinsam mit ihm im Einsatz.

"Natürlich wollte meine Frau immer, dass ich nach Deutschland komme, aber ich konnte mir das nicht vorstellen", lacht Muhitira. Zwischen seinen Einsätzen in Afrika war Muhitira immer wieder für Vor- und Nachbesprechungen sowie Fortbildungen in Paris. "Die Stadt war mir einfach zu groß, zu lebendig, zu unruhig. Ich habe gedacht, ganz Europa ist so. Meine Frau hat mich dann überzeugt, Dortmund zu besuchen. Ich habe gesehen, dass hier alles ein bisschen ruhiger ist, das gefällt mir gut."

Seit 2011 lebt Pascal Muhitira nun in Dortmund, im gleichen Jahr war die Hochzeit. "Die ersten beiden Jahre waren schwierig, und Deutsch zu lernen war das allerschwerste für mich."

Aus dem Paar ist mittlerweile eine Familie geworden, mit einem fünfjährigen Kind und zweijährigen Zwillingen. Ute Muhitira arbeitet Schichtdienst im Krankenhaus, Pascal Muhitira macht ebenfalls Schichtdienst in einem Essener Flüchtlingsheim, das von European Homecare betrieben wird. "Im Grunde mache ich dort die gleiche Arbeit wie schon bei MSF in Afrika. Ich arbeite mit Flüchtlingen." Sehr beliebt ist er dort bei den Flüchtlingen, und die vielefältigen Erfahrungen, die er in Afrika gesammelt hat, kann er dort gut einsetzen.

Sein Blick auf Afrika kommt mittlerweile von außen: "Hier funktioniert immer alles, es gibt immer Wasser und Strom, das ist schon anders als in Afrika." Die humanitäre Arbeit gibt das Ehepaar trotz Familie und einem mitunter schwierig zu organisierenden Alltag nicht auf: "Im letzten Jahr war ich für zwei Monate in Uganda."

Auch im kommenden Jahr sind wieder Kurzeinsätze geplant. European Homecare wusste schon bei der Einstellung, dass Pascal Muhitira für die Ärzte ohne Grenzen aktiv ist. "Ich schicke eine Mail mit den Daten, zu denen ich verfügbar bin, und dann wir der passende Einsatzort gefunden. Aber da ich inzwischen Familienvater bin, gehe ich nicht mehr in Krisengebiete." Denkbar ist für die Familie aber ein gemeinsamer und längerer Einsatz für die Ärzte ohne Grenzen, vielleicht im übernächsten Jahr.

Info:

"Ärzte ohne Grenzen" wurde am 21. Dezember 1971 von 12 Ärzten und Journalisten in Frankreich gegründet

Das Netzwerk hat Sektionen in 19 Ländern

Ein internationales Büro in Genf koordiniert die Projekte

Jährlich werden für Projekte der Organisation etwa 3000 Ärzte, Psychologen, Krankenschwestern, Hebammen und Logistiker rekrutiert

Am 17. Juni 2016 gab MSF bekannt, dass der Verein aus Protest gegen die europäische Migrations- und Asylpolitik keine Gelder mehr bei den Institutionen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten beantragt

Nach eigenen Angaben betrugen 2015 die Einnahmen 1,44 Milliarden Euro und die Ausgaben für Nothilfeprojekte 1,28 Milliarden Euro. 92 Prozent der Einnahmen stammten aus privaten Spenden von mehr als 5,7 Millionen Spendern

In mehr als 60 Ländern unterhält MSF medizinische Hilfsprojekte und bildet auch teilweise Mitarbeiter im Land fort.

Die Hilfsprojekte reichen von medizinischer Nothilfe über Bereitstellung von sauberem Wasser und Latrinen bis zur medizinischen Aufklärung der Bevölkerung

Die Organisation weist aber auch, wie im Falle Tschetscheniens oder des Kosovo, auf Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts hin

Für die humanitäre Arbeit wurde MSF 1999 der Friedensnobelpreis verliehen

Weitere Infos über die Hilfsorganisation gibt es unter aerzte-ohne-grenzen.de

Autor:

Lokalkompass Dortmund-City aus Dortmund-City

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