- Die Geschichte des Gasthofes „Zur Mühle“

Die Eingangstür der hist. Gaststätte ist die des alten Pfarrhauses in der Werimboldstraße
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  • Die Eingangstür der hist. Gaststätte ist die des alten Pfarrhauses in der Werimboldstraße
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Eine Traditionsgasstätte in Dortmund-Kurl blüht wieder auf...

- Das Haus der Gaststätte „Zur Mühle“ wurde im Jahre 1823 von Gottfried Buchbinder für landwirtschaftliche Zwecke erbaut. Danach hielt eine kleine Schuhmacherei Einzug und 1827 kam die Schankwirtschaft dazu. Der Name „Zur Mühle“ wurde von der schräg gegenüber liegenden Ölmühle abgeleitet, welche aber der 1923 beginnenden Kanalisierung des Körnebachs zum Opfer fiel und später abgerissen wurde. Gottfried Buchbinder betrieb damals nicht nur die Wirtschaft und die Schuhmacherei, er bekleidete auch das Amt des Ortsvorstehers von Kurl. Als die Cöln-Mindener Eisenbahn im Jahre 1847 in Courl einen Haltepunkt einrichtete, war der wirtschaftliche Aufstieg unseres kleinen Bauerndorfes nicht mehr aufzuhalten. Die neue Eisenbahnlinie war auch Voraussetzung für die Ansiedlung von größeren Betrieben wie der Zeche Kurl (Courl I-II) und später auch der Fa. Haniel. In der Gaststätte von Fritz Schnier wurden von 1848 bis 1866 die Bahnfahrkarten verkauft und der Wirt war der erste Billeteur der des neuen Haltepunktes.
1840: Der 1. Mühlenwirt Fritz Buchbinder schließt den notariellen Pachtvertrag mit dem Grundbesitzer Freiherr von Boeselager.
Die Gaststätte „Zur Mühle“, im Volksmund kurz „Mühle“ genannt, hatte auch einen guten Ruf als Tanzlokal. Beliebt war um 1900 das mechanische Piano, welches nach Einwurf von 10 Pfennigen Musik machte. Bis in die 1920er Jahre fanden sonntags Tanzveranstaltungen mit Klavier und Geige statt. 1926 wurden 2-Mann-Kapellen modern, später spielten drei bis vier Musiker zum Tanz auf.
Auch die Gartenwirtschaft mit Kinderspielplatz wurde in den 1920er Jahren im Sommer gerne von den Spaziergängern angenommen. Der Preis für ein Bier lag bei 20 Pf. und erhöhte sich bei Tanzveranstaltungen um weitere 5 Pfennige.
Erwähnenswert ist noch, dass der Saal der Gaststätte im Kriegsjahr 1915 als Hilfslazarett diente und die „Mühle“ nach der Eingemeindung von Husen/Kurl zur Stadt Dortmund ab 1928 nicht mehr an der Mühlenstraße, sondern an der Lüner Straße (und heute Kurler Straße) lag. Auch gastierte 1928 im Saal für 8 Tage ein Zirkus und die Tanzveranstaltungen (mit Tanzkursen!) wurden von 1946 bis 1954 wieder aufgenommen. 1947 wurde der Anbau des Hauses umgestaltet und der Friseur Brüggeshemke zog dort ein.
Die etwas älteren Husen/Kurler werden sich noch mit einem Schmunzeln an die sog. Kitzelkammer erinnern. Das war die 3-stufige Treppe zum Bierkeller der Gaststätte, auf der sich so hervorragend flirten ließ.
Die in den Räumlichkeiten ausgestellten teilweise über 300 Jahre alten Exponate ließen so manchen Museumsleiter neidisch werden. Dazu gehörten beispielsweise ein Flachsbrett, ein Spinnrad, ein Vorderlader und eine noch funktionsfähige Standuhr.

Auch der sich in der Gaststätte über der Tür befindliche Spruch regte immer wieder zur Heiterkeit an. Er lautete: „Des Morgens tut ein Schnäpschen gut, desgleichen auch am Tage, und wer des Abends schnapsen tut, dem schwinden Sorg und Plage. Desgleichen soll der Branntewein um Mitternacht nicht schädlich sein, und wer es tut versuchen, dem schmeckt er auch im Streuselkuchen.“

Neben den Taubenfreunden von „Heimweh Fleier“ und „Zur Mühle“ hatten die Sportschützen sowie ca. 50 Kegelvereine in den 1990er Jahren hier ihr Domizil. Auch die Polizei hatte von 1957-1972 in den Nebenräumen der Gaststätte ihren Polizeiposten Husen/Kurl untergebracht. Zum Jubiläum 1977 besuchte eine Reiterstaffel den Jubilar.
1962 wurde die „Mühle“ nach der Hörder Traditions-Gaststätte „Zum Treppchen“ als zweitältestes Lokal in Dortmund in einer Dokumentation des Fernsehens (ZDF) gewürdigt. Die Gaststätte „Wenkers“ am Alten Markt in Dortmund ist zwar mit seiner 582-jährigen Tradition noch älter, besteht aber längst nicht mehr im Original-Gebäude. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde zum Tag des offenen Denkmals am 13.09.1998 sogar in die Dortmunder Denkmal-Route mit aufgenommen und konnte besichtigt werden. Als die über mehrere Jahre andauernden Baumaßnahmen zur Beseitigung des Eisenbahnüberganges Kurler Straße begannen, gab es für den Landgasthof aber keine Überlebenschancen mehr. Der Betrieb wurde zum 30. Juni 2001 geschlossen.
Nach der Freigabe der Kurler Straße im Jahre 2008 erweckten Josip und Etilena Tolo die Traditionsgaststätte wieder zum neuen Leben. Für Josip Tolo war die „Mühle“ kein Neuland. Er war schon 1994/95 hier Küchenchef und übernahm nach Zwischenstationen in der Marina in Bergkamen und dem „Grünen Winkel“ in Werne mit seiner Frau Etilena den Gasthof.

In den Räumen des Restaurants präsentiert P. Kocbeck unter dem Titel „Kurler Notizen“ Infos und historische Fotografien aus Kurl entlang der Körne.

Wo?:
- Restaurant Zur Mühle, Kurler Str. 132, 44319 Dortmund-Kurl

Autor:

Peter Kocbeck aus Dortmund-Ost

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