Heuchelei im digitalen Zeitalter - Sigmar Gabriels gescheiterter Versuch den Appell der 562 Schriftsteller zu vereinnahmen

"Ein solcher Aufruf darf in der Politik nicht ungehört bleiben!", hat der absolute Fan der Vorratsdatenspeicherung Sigmar Gabriel wirklich gesagt. | Foto: Joerg Wellbrock:  http://www.spiegelfechter.com/wordpress/wp-content/uploads/2013/12/Gabriel-vorratsdatenspeicherm%C3%A4%C3%9Fig.jpg
  • "Ein solcher Aufruf darf in der Politik nicht ungehört bleiben!", hat der absolute Fan der Vorratsdatenspeicherung Sigmar Gabriel wirklich gesagt.
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Das sollte mal wieder eine günstige Gelegenheit für den SPD-Parteivorsitzenden sein, sich mit einem besonderen Thema zu schmücken. Doch der Schuss ging nach hinten los - wie so oft im politischen Leben von Sigmar Gabriel. Am Internationalen Tag der Menschenrechte haben sich 562 international anerkannte Autoren zu einer öffentlichen Intervention gegen die Gefahren der systematischen Massenüberwachung zusammengeschlossen. Gabriel versuchte den Aufruf `Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter` zu vereinnahmen indem er diesen auf seiner Facebookseite als "wunderbare und beeindruckende Aktion" und "tolles Zeichen" lobte. Höchstpersönlich wollte er "die deutschen Unterzeichnerinnen und Unterzeichner Anfang des Jahres zu einem Gespräch einladen".

Etwas Dümmeres hätte sich Sigmar Gabriel eigentlich nicht ausdenken können. Wenn man mal den Koalitionsvertrag zwischen SPD und der Union unberücksichtigt lässt. Aber mit genau diesem Koalitionsvertrag wurde Gabriel dann auch durch die Netzgemeinde konfrontiert. Oder sagen wir besser mit einem Wort: Vorratsdatenspeicherung.

"Massenhafte Überwachung behandelt jeden einzelnen Bürger als Verdächtigen."

Nämlich genau dagegen haben sich die 562 Autoren und ihre inzwischen 99.578 Unterstützer ausgesprochen: "Massenhafte Überwachung behandelt jeden einzelnen Bürger als Verdächtigen." & "Ein Mensch unter Beobachtung ist niemals frei; und eine Gesellschaft unter ständiger Beobachtung ist keine Demokratie mehr."

"Die monatelange Aufbewahrung von Informationen darüber, wer wann wie lange mit wem und wo kommuniziert hat, ohne dass irgendein Verdacht vorliegt, stellt die Abschaffung der Unschuldsvermutung dar. Gabriel und seine SPD streben eben dies mit der Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/24/EG in Deutschland an, zum zweiten Mal schon. So steht es im Koalitionsvertrag auf Seite 147.", stellt die Internetausgabe der Wochenzeitung DIE ZEIT lapidar fest.

"Für einen Moment dachte ich, ich wäre beim Postillion gelandet."

Die harmlosen Kommentare (von weit über 1.000) auf Gabriels Facebookseite lauten "Verlogen", "blanker Hohn", "Heuchler", "Lügner", "Peinlich! Fremdschämen pur!" oder "beschämend". Zackiger wurde es natürlich auch: "Sagen Sie mal, Herr Gabriel, wollen Sie uns veräppeln? Die VDS ist im Koalitionsvertrag aufgenommen und dann posten Sie hier so was. Also jetzt merken die SPDler wirklich nicht mehr die Einschläge. Peinlich, einfach nur noch peinlich!", "Ist das schon Demenz oder blanke Dummheit?" oder "Diese Menschen haben gegen DEINE POLITIK gezeichnet, Du Pfeife!". Es gibt aber auch nachdenkliche Kommentare: "Man fragt sich: Ist Gabriel so dumm? Oder hält er das Volk für selbiges?" oder "Meiner NEIN-Stimme zum Koalitionsvertrag liegt meine Austrittserklärung bei." Freilich gibt es auch jede Menge Spott: "Oh, ein versteckter Aufruf gegen den Koalitionsvertrag zu stimmen." oder "Für einen Moment dachte ich, ich wäre beim Postillion gelandet.".

Gabriel hat offensichtlich ein sehr taktisches Verhältnis zur Wahrheit

Dass der SPD-Parteivorsitzende zumindest bei diesem Thema deutlich unter seinen intellektuellen Möglichkeiten bleibt, hat er bereits Ende November 2013 bewiesen. Damals behauptete er wahrheitswidrig, dass die Vorratsdatenspeicherung die schnellere Identifizierung des Täters des unsäglichen Massakers auf der norwegischen Insel Utøya bewirkt habe. Mal davon abgesehen, dass der feige Mörder Brevik sofort die Waffen niedergelegt hatte, nachdem die Polizei eingetroffen war, weil er gar nicht bereit war, selber zu sterben, gibt es in Norwegen gar kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.

Den Aufruf der 562 Autoren ´Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter` können sie hier lesen und online unterstützen.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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