Leben griechische Rentner wirklich im Luxus? - Sargnagel für Rentensystem durch letzten Schuldenschnitt

Nach acht Kürzungsrunden in vier Jahren beträgt die Durchschnittsrente 713 Euro im Monat. Fast 50 Prozent der Rentner leben unterhalb der von der EU definierten Armutsgrenze von 665 Euro. Nichtsdestotrotz verlangen die Gläubiger hier weitere Kürzungen der Altersbezüge von fast zwei Milliarden Euro dieses und nächstes Jahr.
  • Nach acht Kürzungsrunden in vier Jahren beträgt die Durchschnittsrente 713 Euro im Monat. Fast 50 Prozent der Rentner leben unterhalb der von der EU definierten Armutsgrenze von 665 Euro. Nichtsdestotrotz verlangen die Gläubiger hier weitere Kürzungen der Altersbezüge von fast zwei Milliarden Euro dieses und nächstes Jahr.
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Die EU-Sparpakete sowie die des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben in Griechenland ein beispielloses Desaster angerichtet. Dennoch bestehen die Gläubiger – allen voran die Bundesregierung – auf weiteren Kürzungen. Um die zu rechtfertigen, wird bekanntlich bereits kräftig Stimmung gegen Athen gemacht.

Aber leben die griechischen Rentner tatsächlich im Luxus? Wohl kaum! Nach acht Kürzungsrunden in vier Jahren beträgt die Durchschnittsrente 713 Euro im Monat. Drei Viertel der Rentner haben weniger als 1000 Euro. Die ärmsten von ihnen erhalten zwar einen Zuschuss von 169 Euro. Dennoch leben fast 50 Prozent der Rentner unterhalb der von der EU definierten Armutsgrenze von 665 Euro. Nichtsdestotrotz verlangen die Gläubiger hier weitere Kürzungen der Altersbezüge von fast zwei Milliarden Euro bis 2016.

Rentner: Fast 50 Prozent unterhalb der Armutsgrenze

Gehen die Griechen früh in Rente? Eher nicht. Nur 15 Prozent aller Rentner sind jünger als 60 Jahre alt. Die griechische Regierung hat vorgeschlagen, das Rentenalter schrittweise zu erhöhen. Von den Pensionen leben Millionen, nicht nur die Rentner, auch Kinder und Arbeitslose. 25 Prozent der Griechen sind ohne Job, die Jugendarbeitslosigkeit liegt sogar bei 50 Prozent und da es Arbeitslosenhilfe nur für maximal ein Jahr gibt, bedeutet das: 90 Prozent der Jobsucher erhalten keinen Cent. Sozialhilfe? Hartz IV? Gibt es alles nicht.

Dass viele Griechen früh in Rente gegangen sind und das System überlastet ist, liegt ebenfalls an der Krise. Der Staatssektor hat seine Bediensteten unter dem Spardiktat um ein Drittel reduziert, häufig wurden die Menschen in die Frührente abgeschoben. Zudem flüchteten sich viele Griechen in die Frühverrentung, weil ihr Job gefährdet war und es in Griechenland keinerlei Aussicht auf einen neuen Arbeitsplatz gibt – und man ohne Job schnell ganz ohne Geld dasteht. Die Rente ist das einzig halbwegs sichere.

Sargnagel für Rentensystem durch letzten Schuldenschnitt

So stieg auf der einen Seite die Zahl der Anspruchsberechtigten – wobei man anmerken muss, dass die Zahl der Ruheständler an der Gesamtbevölkerung in Griechenland sogar niedriger liegt als hierzulande. Auf der anderen Seite schrumpften die Einnahmen der Rentenkasse durch Massenentlassungen und Lohnkürzungen. Und als Sargnagel kam dann auch noch der Schuldenschnitt für Griechenland. Der belastete die Gläubigerbanken in Europa zwar kaum, dafür aber das griechische Rentensystem, das seine Reserven in Staatsanleihen angelegt hatte. Diese Reserven schrumpften durch den Schuldenschnitt um 60 Prozent.

Ohne Zweifel muss das griechische Rentensystem reformiert werden. Dafür braucht es aber Zeit. Das Beharren der Gläubiger auf Kürzungen führt das Land nur immer tiefer in den Abgrund – in den ökonomischen und den sozialen.

Sicherlich hat Griechenland in der Vergangenheit unzählige wirtschaftliche Fehler begangen und man kann auch sagen, dass es über seine Verhältnisse gelebt hat. Aber wirtschaftliche Schulden darf man nicht mit moralischer Schuld verwechseln. Daher müssen Griechenland die Schulden erlassen und dem Land ein Neustart mit Reformen ermöglicht werden. Alles andere ist (Selbst)betrug, da sich Griechenland unter dem Diktat der EU und der Last der astronomischen Altschulden nie erholen kann. Das gebietet auch die wirtschaftliche Mitschuld der Kreditgeber, die den historisch größten Kredit der Menschheitsgeschichte ausgerechnet einem der schwächsten Kreditnehmer gewährt haben.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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