Beerdigung auf afrikanische Art: Ruhestätte Rotlachs

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„Wie wäre es, wenn Sie in einer Kuh bestattet werden? Oder in einem Fisch?”
Die Zeile im Schaufenster des Bestattungshauses Drees klingt provokant. Aber sie ist eine Einladung, die für westliche Augen ungewöhnliche Sarggestaltung des westafrikanischen Künstlers Paa Joe noch bis zum 15. August zu begutachten.

Eines möchte Reiner Drees gleich zu Beginn klarstellen: „Ich möchte den bei uns ausgestellten Sarg nicht verkaufen, ich möchte nur den Menschen hier die afrikanische Begräbniskultur näher bringen“, erzählt der Inhaber des Bestattungsinstituts an der Bodelschwingher Straße 216.
In seinem Schaufenster prangt dieser Tage ein Sarg in Form eines Rotlachses. Der handgefertigte Sarg muss bereits eine weite Reise von Ghana ins Ruhrgebiet zurückgelegt haben - ursprünglich gedacht war er für die letzte Reise eines Verstorbenen.

Reiner Drees wurde durch einen Fernsehbericht auf die ghanaische Begräbniskultur aufmerksam und beschäftigte sich daraufhin mit dieser individuellen Form der Sargtischlerei. Sie hatte ihren Ursprung vor rund 60 Jahren in Teshi, einem Fischerdorf an der Küste des westafrikanischen Landes. „Seitdem erfreut sich dieses Handwerk wachsender Beliebtheit“, weiß Drees.

Der dort vorherrschenden Überzeugung nach besitzen die Verstorbenen erheblichen Einfluss auf die noch lebende Verwandtschaft und müssen durch aufwendige Bestattungsfeiern wohlwollend gestimmt werden. Dabei spielen die bunt bemalten Holzsärge, die einen klaren Bezug zu den Vorlieben, dem Status oder zur Berufstätigkeit des Verstorbenen herstellen, eine wichtige Rolle. Die einheimische Bezeichnung lautet „abebuu adekai“ oder „okadi adekai” - was so viel bedeutet wie „fantastischen Särge”.

„Das ‚Fahrzeug‘ für die letzte Reise kann tatsächlich ein nachgebildetes Fahrzeug sein, eine Frucht, ein Alltagsgegenstand wie etwa ein moderner Turnschuh, oder eben wie hier ein Fisch“, berichtet Reiner Drees. „Ein Rotlachssarg ist in Ghana inzwischen schon beinahe ein Klassiker für Rotlachsfischer, die oft wochenlang auf See sind.“
Während seiner Recherche nahm Reiner Drees Kontakt mit der Galerie „Krombholz & Schnake“ auf, die sich bereits seit längerem mit den afrikanischen Sargkünstlern befasst und diese in ihren Räumen in Münster und Bergheim ausstellt.

Der nun in Dortmund präsentierte Rotlachs ist ein Werk von Paa Joe. Der gelernte Sargtischler eröffnete 1974 in seinem Heimatdorf Teshi eine eigene Schreinerei. 1978 entstand in dreimonatiger Handarbeit der erste „fantastische” Sarg. Inzwischen hat Paa Joe zahlreiche Aufträge und sein Ruf reicht weit über die Grenzen Ghanas hinaus. Unter anderem zeigt das British Museum in London seine Arbeiten.

In Dortmund ist der Rotlachs noch bis zum 15. August zu sehen. Aufgrund der positiven Resonanz erwägt das Bestattungsunternehmen, in Zukunft weitere ungewöhnliche Särge aus Ghana zu zeigen. Sie hier einmal zu verkaufen, werde aber schwierig, meint Drees: „Wir haben in Deutschland eine Bestattungsfrist von acht Tagen - die Fertigung des Sarges dauert länger.“

Autor:

Katharina Steinhüser aus Dortmund-West

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