Mit dem Rad auf den Spuren der Kindheit

Wer sein Fahrrad liebt...der schleppt. Horst Stabenau trägt sein zerlegtes Fahrrad in einer speziellen Reisetasche auf der Schulter. | Foto: privat
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  • Wer sein Fahrrad liebt...der schleppt. Horst Stabenau trägt sein zerlegtes Fahrrad in einer speziellen Reisetasche auf der Schulter.
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Vielleicht erinnern Sie sich noch an die zwei Brüder aus Lütgendortmund, die im vergangenen Jahr den Jakobsweg bestritten (der West-Anzeiger berichtete)? Diese beiden haben sich in ein neues Abenteuer gewagt: Horst und Manfred Stabenau machten sich einmal mehr auf den Weg - dieses Mal per Drahtesel entlang der Weichsel.

„Noch auf dem Jakobsweg sagte mein Bruder zu mir: Horst, und nächstes Jahr besuchen wir unsere Geburtsstadt in Polen. Und fahren die Weichsel entlang - mit dem Kanu“, blickt Horst Stabenau lachend zurück.
Gesagt, getan. Kaum aus Santiago de Compostela zurückgekehrt, fingen die Brüder Horst (70) und Manfred (68) Stabenau an, ihre Tour durch Polen zu planen. „Nur die Idee mit dem Kanu mussten wir verwerfen, da das einfach nicht realisierbar war“, erzählt Stabenau - und wirkt dabei irgendwie erleichtert. „Wir einigten uns dann auf eine Fahrradtour.“
Mit dem Flugzeug ging es von Dortmund nach Kattowitz, von dort mit dem Zug in die Karparten, dem Quellgebiet der Weichsel, und ab da mit dem Rad quer durch Polen. Doch bevor die Reise richtig beginnen konnte, stand Horst Stabenau schon vor dem ersten kleinen Abenteuer: „Da wir unsere Fahrräder im Flugzeug nur in einer Spezialtasche transportieren durften und diese kleinere Maße hat, mussten wir die Räder für den Flug auseinandernehmen. Puh, hab ich geschwitzt beim Zusammenbau. Fast drei Stunden habe ich gebraucht.“ Doch schlussendlich war kein Schleifgeräusch mehr zu hören, die Sattel saßen richtig und die Pedale waren fest. Es konnte losgehen.
Der wichtigste Punkt der Reise war klar: Schwetz an der Weichsel. Eben jener kleine Ort, an dem die Brüder 1940 und 1943 geboren wurden - und aus dem sie, die Russen direkt vor der Tür, im Jahre 1945 fliehen mussten. „Wir haben unser Geburtshaus gesucht - und auch gefunden“, freut sich Horst Stabenau.
Ansonsten ging es für die rüstigen Rentner durch Wislar, Krakau, Warschau, Danzig, Zopot und Auschwitz - in einigen Städten blieben sie auch bis zu zwei Tage, um sich ein bisschen umzusehen. Besonders berührt hat die beiden dabei das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, das nun als Museum an die Gräueltaten des Nazi-Regimes erinnert. „Was mich besonders beeindruckt, hat ist die Tatsache, dass die Ausstellung auch ohne grausame Bilder sehr ergreifend ist.“
Und wie war die Tour an sich? „Also ganz ehrlich“, sagt Horst Stabenau voller Inbrunst, „das Ganze ist so nicht empfehlenswert. Es gibt entlang der gesamten Strecke von insgesamt 1153 Kilometern nur einen einzigen Radweg. Und der ist auch nur fünf Kilometer lang.“
Den gesamten Rest sind die beiden Brüder auf einer Landstraße gefahren, die ein sehr hohes LKW-Aufkommen hatte. Die Strecke ist für Radtouren eigentlich gar nicht angelegt, da sonst niemand dort entlang fährt. Die Stabenaus haben also Pionierarbeit geleistet, sozusagen.
„Die Brummis sind wirklich hautnah an uns vorbei gefahren, daran musste man sich erst einmal gewöhnen. Aber großes Kompliment: Die LKW-Fahrer haben wirklich vorbildlich Rücksicht auf uns genommen.“ Und vielleicht ist es ja auch schon bald vorbei mit der unausgebauten Strecke. Denn Horst und Manfred Stabenau haben einen ehemaligen polnischen Reiseleiter auf ihrer Tour kennengelernt und wollen nun alles daransetzten, dass die Nord-Süd-Route durch Polen auch für Radfahrer besser zugänglich gemacht wird.

Auf die Frage, was die rastlosen Rentner für das nächste Jahr geplant haben, lacht Horst Stabenau laut los: „Da besteigen wir den Kilimanjaro. Allerdings hat mir mein Bruder bei dem Vorschlag einen Vogel gezeigt.“
Doch dann folgen ein paar Ausführungen über den ostafrikanischen Berg, inklusive Erfahrungsberichten von Freunden Horst Stabenaus. Und man merkt, nicht nur an diesem gewissen Funkeln in seinen Augen: Er meint das irgendwie ernst.
Bleibt also abzuwarten, ob im kommenden Jahr der nächste Reisebericht ansteht. Unter dem Motto: „Der Berg ruft!“

Wer sein Fahrrad liebt...der schleppt. Horst Stabenau trägt sein zerlegtes Fahrrad in einer speziellen Reisetasche auf der Schulter. | Foto: privat
Horst (r.) und Manfred Stabenau mit ihren schwer bepackten Drahteseln. Auf ihrer Rad-Tour durch Polen besuchten die beiden Brüder ihren Geburtsort,  bestaunten Sehenswürdigkeiten und wissen jetzt, wie es sich anfühlt, nur zehn Zentimeter neben einem LKW die Landstraße entlang zu radeln. | Foto: privat
Autor:

Katharina Steinhüser aus Dortmund-West

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