Teil 4: Der Siegel- und Logo-Dschungel
Was ist eigentlich Nachhaltigkeit?

Foto: Inflationäre Verwendung von offiziellen und herstellereigenen Logos und Siegeln - Fotos: S.Everding
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Hitzerekorde, Starkregen-Ereignisse, Brände in den Regenwäldern, schmelzende Gletscher und Fridays for Future auf den Straßen weltweit – vielen Menschen wird dabei bewusst, dass es ein „Weiter so!“ in Bezug auf den persönlichen Konsum nicht mehr geben kann und darf, um so in der Konsequenz, den Lebensraum auf der Erde auch für zukünftige Generationen erhalten zu können. Im vierten und vorerst letzten Teil dieser Reihe untersuchen wir das Marketing mit Schwerpunkt auf den Aspekten der Nachhaltigekit und fragen uns dabei: Ist das wirklich zielführend?


Stichprobenartige Untersuchung

Im Rahmen einer stichprobenartigen Untersuchung für eine Studienarbeit wurden durch den Autor dieser Zeilen insgesamt vier Einzelhandelsgeschäfte in Dortmund besucht. Um einen möglichst breiten Querschnitt durch die angebotenen Artikel zu erfassen, wurden dabei Produkte unabhängig von der Warengruppe in Augenschein genommen. Insgesamt wurden rund 250 Produkte aus den Warengruppen Körperpflege, Reinigungsmittel, Getränke, Fleischersatz, Süßigkeiten, Bekleidung, Eis, Suppen, Brotbelag und Elektronik geprüft. Davon enthielten 61 Produkte Nachhaltigkeitsmerkmale in der Gestaltung bzw. dort vertretenen Werbeaussagen.

Einordnung der Ergebnisse

Im Rahmen der stichprobenartigen Untersuchung wurde deutlich, dass 90% der Produkte Werbeaussagen über die besonders nachhaltige Produktion oder die Herkunft der Rohstoffe enthalten. Festzuhalten ist hierbei jedoch eine enorme Bandbreite der individuellen Hersteller-Aussagen. Während einige detaillierte Auskunft, beispielsweise über die CO2-neutrale Produktion oder die Herkunft einzelner Rohstoffe geben, kommunizieren anderen wiederum nur „Teilaspekte“ wie beispielsweise ausschließlich die Herkunft eines einzelnen Bestandteils, wie etwa der Umverpackung des eigentlichen Produktes oder die Bambusfront des verkauften Radios.

43 der Produkte und somit 70% der Stichprobe nutzen Logos vor dem Hintergrund einer möglichst eingängigen Kommunikation gegenüber dem (potenziellen) Kunden. Hier stellte sich aber im Rahmen der Erhebung eine gewisse „Reizüberflutung“ dar, denn der Großteil der Hersteller, welche Logos verwendet, nutzt hierbei oftmals zwei und mehr. Dabei ist jedoch unbedingt eine deutliche Differenzierung zwischen herstellerunabhängigen und somit von einer (neutralen) Prüfinstanz oder Institution vergebenen Logos und von den Herstellern und Produzenten selbst erstellten Logos zu treffen.

Im Rahmen der Stichprobe wurden dabei auf den 61 untersuchten Produkten insgesamt 17 verschiedene herstellereigene sowie 23 herstellerunabhängige Logos und Siegel festgestellt. Die Logos gaben dabei sowohl Hinweise auf die verwendeten Rohstoffe sowie deren Anbau (z.B. Fairtrade, FSC, Bio), auf die grundsätzliche rein pflanzliche Zusammensetzung (z.B. Vegan, Leaping Bunny), auf die Produktion (z.B. Klimaneutral, CO2-neutral), auf das mögliche Recycling (z.B. Made for Recycling, kompostierbar) oder über das soziale Engagement des Herstellers (z.B. Social Plastic, Unicef).

Erwähnenswert ist an dieser Stelle noch, dass insgesamt 11 Produkte bzw. deren Hersteller soziale oder ökologischen Projektes auf der Verpackung bewerben. Dabei arbeiten einige der Firmen mit Partnern wie z.B. der Unicef oder Social Plastic zusammen. Andere organisieren eigene Projekte, wie etwa Hygieneprodukte für afrikanische Kinder oder Nahrungsmittel. Aber auch in Deutschland angesiedelte Projekte, wie die Unterstützung von Wildvögeln, werden unterstützt. Zudem finden sich eher pauschale Ankündigungen, wie etwa 10% der Gewinne für „gute Zwecke“ zu geben, 5€ für landwirtschaftliche Vereine oder 10 Cent pro verkauftem Produkt für Kinder in Somalia.

Ob regionaler Kleinbetrieb oder weltweit agierender Großkonzern - für Betriebe jedweder Kategorisierung gibt es wissenschaftlich belegbare Argumente, die Aspekte der Nachhaltigkeit im Marketing ihrer Produkte und Dienstleistungen einzusetzen. So werden bei den Konsumenten positive Assoziationen geweckt sowie ein positives Image erzeugt, was eine höhere Treue zur Folge hat. Daraus resultieren in der Konsequenz sogar klare Vorteile gegenüber den Mitbewerbern.

So fanden sich in jeder der überprüften Warengruppe gleich mehrere Produkte, deren Verpackungen die unterschiedlichsten Aspekte der Nachhaltigkeit bewarben. Angefangen beim reinen Hinweis auf die vollständige Recyclingfähigkeit der Verpackung, über den häufig feststellbaren Einsatz recycelter Rohstoffe und alternativer Materialien wie Papier oder Holz bis zu begleitenden sozialen und ökologischen Projekten.

Fazit

Aktuell ist Nachhaltigkeit ein Kernelement des Marketings geworden und es ist anzunehmen, dass die Hersteller dies in Zukunft weiter ausbauen werden, bzw. Hersteller, die derzeit noch zurückhaltender agieren, hier nachziehen werden. Dabei ist es fraglich, ob die aktuelle Situation aus mehr als 20 herstellerübergreifenden Logos und Siegel sowie zahlreichen Eigenkreationen der Hersteller dem Verbraucher die Orientierung wirklich erleichtert.

Teil 1, Teil 2 und Teil 3 der Serie "Was ist eigentlich Nachhaltigkeit?"

Foto: Inflationäre Verwendung von offiziellen und herstellereigenen Logos und Siegeln - Fotos: S.Everding
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Autor:

Sebastian Everding aus Dortmund-Süd

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