Handwerk erwartet Einigung auf steuerliche Förderung der Gebäudesanierung

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Seit einem Jahr warten Investoren und Handwerk auf eine Einigung von Bund und Ländern zur steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung. Ende Juni will der Vermittlungsausschuss entscheiden. Im Interview mit der Nord-West-Zeitung in Oldenburg sagt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke: "Hausbesitzer haben dann hoffentlich Klarheit und geben grünes Licht für aufgeschobene Investitionen in Milliardenhöhe." Das Handwerk ist vorbereitet, so Schwannecke, bietet aktuell 200 Fortbildungen rund um die Energiewende an.

Herr Schwannecke alle reden von der Energiewende. Bringt sie dem Handwerk volle Auftragsbücher mit goldenem Boden?

Holger Schwannecke: Die Energiewende hat viele überrascht. Da stecken manche Risiken drin, aber wir sehen vor allem die Chancen für das Handwerk, die die drei Säulen bieten: Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Netze. Das alles kann man nur umsetzen mit der Kompetenz der Handwerks-Betriebe. Nur: Es muss auch endlich losgehen.

Was fehlt?

Schwannecke: Die Politik hat fast ein Jahr verschenkt. Nun endlich machen Bundesregierung und Länder ernst mit der steuerlichen Förderung der Gebäudesanierung. 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs landet in Gebäuden. Wenn es darum geht, schnell Energiesparziele zu erreichen, müssen wir dort ansetzen. Am 26. Juni erwarten wir eine Einigung im Vermittlungsausschuss, am 6. Juli könnte der Bundesrat die Förderung beschließen. Hausbesitzer haben dann endlich Klarheit und geben hoffentlich grünes Licht für aufgeschobene Investitionen in Milliardenhöhe.

Architekten klagen, dass Handwerker oft schlampig bei der Gebäudesanierung arbeiten...

Schwannecke: Protest! Das Handwerk ist bestens vorbereitet: 20.000 Gebäude-Energieberater wurden ausgebildet und die Ausbildungsordnungen modernisiert. Dafür hat uns die EU-Kommission sogar ausdrücklich gelobt. Aber die Technologie entwickelt sich gleichzeitig rasant. Um die Mitarbeiter auf der Höhe der Zeit zu halten, werden aktuell rund 200 Fortbildungen allein für die fast 30 Berufe angeboten, die die Energiewende schultern. Einen Hinweis gestatten Sie mir noch zur Architekten-Kritik: Manchmal wird auch geplant, was gar nicht umzusetzen ist.

Schafft das Handwerk auch 2012 ein Wachstum, vielleicht sogar ein dickes Plus?

Schwannecke: Also, Plus unterschreibe ich sofort. Die Dicke ist interpretationsfähig. 2011 war ein Superjahr mit 7 Prozent Umsatzwachstum. Diese gute Entwicklung haben wir mitnehmen können ins erste Quartal 2012 – es war das beste seit 20 Jahren. Und 90 Prozent der Handwerker schauen positiv in die Zukunft. Kein Wunder bei Auftragsreichweiten von sieben Wochen und mehr. Unsere Prognose lautet deshalb: Mindestens 2,5 Prozent Umsatzplus beim Handwerk für 2012 - verbunden mit 25.000 mehr Beschäftigten. Unter einem Vorbehalt: Dass die europäische Entwicklung nicht noch alles umdreht.

Was sind die größten Zugpferde?

Schwannecke: Natürlich die Bereiche Bau und Ausbau, aber auch Handwerke für den privaten Bedarf: Die Lage am Arbeitsmarkt schafft Vertrauen, die Zinsen sind niedrig und die Lohnzuwächse stimmen. Ausgezeichnet läuft auch der Zuliefererbereich für die Industrie mit einem zweistelligen Plus im ersten Quartal.

Es gibt die Möglichkeiten für Privathaushalte, Handwerker-Rechnungen steuerlich abzusetzen. Wie ist die Resonanz?

Schwannecke: Ich höre, dass das Instrument eine ganze Menge bewirkt hat, besonders bei kleinteiligen Handwerkerleistungen, die anfällig für Schwarzarbeit sind. Die Bürger reagieren sofort, wenn sie etwas bei der Steuer zurückholen können. Die Bundesregierung hat zurzeit eine Bewertung in Auftrag gegeben. Die sollten auch die Länder abwarten, bevor sie ein erfolgreiches Instrument zusammenstreichen. Aber man kann die Regelung sicher weiterentwickeln und vereinfachen.

Ein Vorschlag?

Schwannecke: Etwa durch Zusammenlegung mit dem Steuerbonus für Dienstleistungen im Haushalt.

Wie steht es um die Billiglohn-Konkurrenz aus dem Ausland?

Schwannecke: Es hat 2011 mit der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit viele Befürchtungen gegeben: Da kommt die große Welle von Arbeitsemigranten und die bringen alle ihre Lohnvorteile mit. Doch nichts war. Warum? Viele Polen und Tschechen waren in andere Länder ausgewandert oder als Selbständige längst in Deutschland tätig! Dazu kommt: In Polen sind angesichts gewaltiger Infrastrukturprojekte Handwerker knapp. Die Löhne steigen.

Es gibt unglaubliche viele junge Leute in Europa, die gut ausgebildet und trotzdem arbeitslos sind. Warum bieten Sie nicht eine Chance beim deutschen Handwerk?

Schwannecke: Machen wir! Herzlich willkommen! Wir sind bereits in Gesprächen, wie die herkommen können, die wir brauchen. Junge Leute aus Südeuropa, die ausgebildet sind und Deutschkenntnisse haben. Aber wir wollen auch Schulabgängern, etwa aus Spanien, eine Chance geben. Hier wird gegenwärtig verhandelt, wie die Möglichkeiten in Betrieben und Bildungsstätten genutzt werden können. Pilotprojekte laufen bereits.

Interview: Gunars Reichenbachs

Quelle: ZDH

Zu Handwerksthemen finden Sie ebenfalls Beiträge unter http://malerillu.de. , dem Online Magazin der Maler- und Lackierer-Innung Düsseldorf sowie unter http://maler-düsseldorf.de und http://energie-und-fassade.de

Autor:

Heiner Pistorius aus Düsseldorf

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