Das Gift der Frauen...

Im edelsten Ambiente eines mondänen Landgasthauses an der Obermosel, geführt von einer niederländischen Gesellschaft, sitze ich gemeinsam mit Traudel und Emile an einem Tisch. Sie bieten auf der Tapaskarte Mozarellasticks und Frikandeln sowie Bitterballen an - zwischen Chorizo und Oliven und ich freue mich, das die Holländer so unkonventionell sind. Ich sehe gut aus, braungetönt vom täglichen Schwimmen im Freibad, fühle mich gut in der alten Heimat - sehe zu, wie die Bedienung mit einem großen Korb, gefüllt mit Brot, hin und wieder an die Tische schreitet, auf das der Gast sich Brot nehme.

Emile ist verzückt - er fühlt sich wohl am Tisch, plaudert über die Kunst des Luxemburger Palais, lächelt und genießt seinen Elbling. Es könnte alles so schön sein. Da schreit Traudel plötzlich ganz laut, mir zugewandt: "Ich sehe es genau ! Du hast unter den Augen so weiße Perlen - das ist Schweiß ! Du schwitzt ja !"

Mir ist nicht bewusst, das ich schwitze. "Nein, ich schwitze nicht."
"Doch, du schwitzt - du wirst doch wohl nicht abstreiten wollen, das du schwitzt !", schreit sie laut und aufgeregt.
"Ich weiß nicht, was ich jetzt dazu sagen soll", war meine ehrliche Antwort.

Und wieder insistierte sie, das ich schwitze und es sei doch nur ihr Mitleid, was sie mir zu Teil werden lasse und sie verstehe nicht, warum ich so böse sei. Ich schweige, gebe nach, lasse sie auspendeln.

Die schöne Stimmung war kaputt, besserte sich allerdings schnell wieder, als der nette Maitre du Hotel Platz an unserem Tisch nahm und uns vom "Dark Dinner" erzählte, das sie manchmal in Trier veranstalten,

Essen in absoluter Dunkelheit. Mit Traudel und Emile. Die würde sich danach nicht mehr wieder erkennen. Die würde ich im Dunkeln derart bemalen, das sie den Abend niemals vergessen würde.
Und dann würde ich schreien: "Was hast du in der Hose ? Etwa ein Tröpfchen ? Oder ein Flättchen ? Gib's zu - du brauchst dich dafür nicht zu schämen ! Das passiert uns doch allen mal !" Ja, das würde ich machen - in meiner Fantasie.

In der Realität überlege ich, ob ich mit den beiden nochmal gemeinsam essen gehen soll. Jeder Tag ist Lebenszeit und soll angenehm ausklingen mit guten Gedanken... Die weltenrealitäten sind schon hart genug...

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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