Gastbeitrag - Jenny meets Ulrike Knospe und Tim D. Lee

Im Zusammenhang mit meinem Besuch auf dem Shakespeare Festival in Neuss haben sich die Darsteller Ulrike Knospe und Tim D. Lee einen Moment Zeit für mich genommen, um mir Fragen rund um das Schauspiel zu beantworten. Lest selbst, was sie unter anderem zum Thema Shakespeare, dem (oftmaligen) Desinteresse der Jugend an klassischer Literatur und dem Schauspiel im Allgemeinen zu sagen haben.
Viel Spaß, Eure Jenny

Jenny: "Frau Knospe, auf der Bühne spielen Sie unter anderem in Klassikern wie dem „Faust“, oder eben wie momentan in Shakespeares „Sommernachtstraum“ mit. Können Sie denn verstehen, dass die Jugend von heute sich immer weniger für klassische Werke zu interessieren scheint und sich ungern mit den Stoffen befasst?"
U. Knospe: "Das wird, glaube ich, in der Schule schon ein bisschen gesät. Es kommt auch sehr darauf an, wie der Stoff den Schülern dort nahegebracht wird. Meine Schwägerin ist Lehrerin und sie sucht immer nach ganz aktuellen, oder sehr gegenwartsbezogenen Momenten und sie erzählt auch oft tolle Sachen darüber, wie die Schüler darauf reagieren. Ich finde auch, dass beim Theater immer mehr versucht wird, den Stoff für junge Leute "in Form zu bringen"."

Jenny: "Was macht Ihnen beiden mehr Spaß? Macht es Ihnen mehr Spaß auf der Bühne, oder vor der Kamera zu stehen?"
T. D. Lee: "Das kann man gar nicht so sagen, das hängt immer von der Arbeit ab. Ich möchte beides nicht missen. Nur auf der Bühne zu stehen wäre auf Dauer langweilig und nur vor der Kamera wäre auch nicht genug. Es hat beides seine Qualitäten und seinen Genuss."
U. Knospe: "Es ist eine unterschiedliche Spielweise, die man jeweils machen darf. Und gerade das macht total Spaß. Man kann vor der Kamera ganz andere Sachen machen, als auf der Bühne und umgekehrt. Das ist total schön."
T. D. Lee: "Auf der Bühne muss man eher größer spielen mit lauter Stimme. Vor der Kamera kann man sich ganz zurück nehmen und wenn es ein gutes Drehbuch ist, dann ist es vor der Kamera eher ein klassisches„Weniger-ist-mehr“."

Jenny: "Frau Knospe, Sie haben ja unter anderem schon in Produktionen, wie beispielsweise dem „Tatort“ mitgespielt. Was glauben Sie, welche Rolle spielt das deutsche Fernsehen im Vergleich zu der doch häufigen Konkurrenz aus Amerika?"
U. Knospe: "Gerade der „Tatort“ hat, glaube ich, einen ganz klaren Stellenwert in Deutschland. Er ist überhaupt nicht wegzudenken, das ist quasi ein Ritual. Das ist er bei mir und war es auch bei meinen Eltern. Wahrscheinlich wird er es auch in absehbarer Zeit bei meinem Sohn sein. Deshalb glaube ich, dass er einen festen Platz in der TV-Landschaft eingenommen hat. Amerikanische Formate gehen einfach in eine andere Richtung. Zum Teil auch von der Spielweise und von der Handlung. Die haben zum Teil auch ein ganz anderes Budget."

Jenny: "Heute Abend sehen wir ja den Sommernachtstraum. Würden Sie sich beide eventuell noch für eine andere Rolle interessieren, als für Ihre eigenen?"
T. D. Lee: "Ich finde alle Rollen eigentlich sehr spannend. Für Oberon bin ich noch ein bisschen zu jung. Es kommt immer drauf die Konzeption der Inszenierung an und darauf, wie man die Rollen besetzen will. Bei uns sind sie ja eher sehr klassisch besetzt. Puck ist natürlich eine tolle Rolle."
U. Knospe: "Puck, würde ich auch sofort sagen."
T. D. Lee: "Das ist DIE Rolle schlechthin in dem Stück. Sie kittet das Stück zusammen."

Jenny: "Herr Lee, Sie haben ja sowohl in festen Ensembles, als auch als freiberuflicher Schauspieler gearbeitet. Was hat Ihnen besser gefallen und würden Sie sagen, dass die einen Traumberuf haben?"
T. D. Lee: "Also, ich würde sagen, dass es sich bei meiner Anstellung bei der Bremer Shakespeare Company um ein Angestelltenverhältnis handelt, wie man es sich besser nicht wünschen kann. Wir sind ein selbstorganisiertes Theater. Das heißt, wir Schauspieler entscheiden, wer bei uns inszeniert. Wir entscheiden auch, welche Stücke wir spielen und manchmal sogar auch, welche Rollen wir übernehmen. Das heißt, wir sind sehr autark in den Entscheidungen, die wir treffen. Das ist im klassischen Stadttheater meistens nicht so. Da bekommst du gesagt, was du zu tun hast. Du bist da so ein bisschen der Sklave der Entscheidungen der Intendanz... und das ist bei uns weniger der Fall. Ss hat natürlich auch seinen Vorteil, wenn man frei arbeitet. Was schlecht ist: man hat kein festes Gehalt, das was auf einen zukommt ist ungewiss, aber manchmal daher auch sehr viel spannender und sehr viel aufregender. Man hat halt nur dieses Projekt und man weiß nicht was kommt und das beflügelt einen auch manchmal."

Jenny: "Der Sommernachtstraum ist ja eines der meist gespielten Stücke überhaupt, ist es auch Ihr Lieblingsstück?"
U. Knospe: "Lieblingsstück kann ich bei Shakespeare ganz schlecht sagen, weil ich finde, dass er eine Fülle von unglaublich schönen Stücken geschrieben hat. Es gibt Lieblingsstellen (lacht), auf jeden Fall, und ich finde den Aufbau des Stückes toll. Es ist unglaublich schön geschrieben und ich mag die Figuren. Aber Shakespeare hat so viel geschrieben, dass ich jedem anderen Stück Unrecht tun würde, wenn ich nun eines als mein "Lieblingsstück" bezeichne. Ich finde aber wirklich, dass der Sommernachtstraum ein ausgezeichnetes Stück ist. Von den Handlungen, über die Personen bis hin zu den Sätzen, die einfach immer stimmen. Die auch heute und auch auf manch private Situation, egal wie alltäglich sie ist, immer passen. Also ich mag das Stück wahnsinnig gern, aber Lieblingsstück kann man bei Shakespeare gar nicht sagen."
T. D. Lee: "Ja, das könnte ich fast so unterschreiben."

Jenny: "Sie haben im Laufe Ihrer Karriere sowohl vor, als auch hinter der Kamera gearbeitet, Herr Lee. Könnten Sie sich vorstellen irgendwann nur noch hinter der Kamera zu stehen und gar nicht mehr zu spielen?"
U. Knospe: "Und mich zu engagieren?" (alle lachen)
T. D. Lee: "Das weiß ich nicht. (lacht) Also, ja (zu Ulrike). Das weiß ich gerade nicht. Das sind Sachen, die kann man entscheiden, wenn es dann so weit ist. Ich meine, wenn es mal so weit ist, dass ich damit so viel Geld verdiene hinter der Kamera, dass ich mir es leisten kann nicht mehr vor der Kamera zu stehen, dann muss ich eine Entscheidung treffen und dann werde ich sehen, wie diese ausfallen wird."

Jenny: "Wie sehen Ihre Pläne für die laufende und nächste Saison aus?"
U. Knospe: "Ich bin ja in der, je nach Sichtweise, glücklichen, oder auch nicht so glücklichen Situation des freien Arbeitens. Das muss man auf sich zukommen lassen. Wenn es toll läuft, hat man drei, vier Baustellen und versucht, alles gut hinzubekommen und manchmal weiß man es dann gar nicht. Auf jeden Fall laufen der „Sommernachtstraum“, und auch das Repertoire der Shakespeare Company super gut und wird auch noch weiter laufen. Es gibt Projekte für nächstes Jahr und alles hört sich total spannend an. Aber da weißt Du mehr." (zu Lee)
T. D. Lee: "Aber wir haben Dich doch schon gefragt, oder nicht?"
U. Knospe: "Ja, ein Stück darf ich in der nächsten Spielzeit noch mitspielen. Das finde ich auch ganz toll, weil ich das sehr, sehr schätze mit den Kollegen zu arbeiten,... aber darüber hinaus weiß ich tatsächlich gar nichts."
T. D. Lee: "Wir wissen auch noch nicht so viel über das, was dann kommen wird..., aber wir machen nächstes Jahr „Romeo und Julia“."

Jenny: "Hier in Neuss??"
T. D. Lee: "Nicht hier, wir wissen ja nicht was hierhin eingeladen wird. In Bremen. Zusätzlich machen wir noch die Königsdramen einmal durch. Das sind die beiden Projekte, die ganz fest stehen. Wir arbeiten aber auch noch mit einem Regisseur vom Globe in London an einer Stückentwicklung. Wir spielen Shakespeare und haben noch ein zweites Standbein, die „Dramatikerwerkstatt“. Da entwickeln wir selber Stücke und das machen wir auch nächstes Jahr. Was abgesehen davon noch auf dem Spielplan steht, wissen wir noch nicht genau."

Jenny: "Also darf man gespannt sein?"
T. D. Lee: "Man darf immer gespannt sein bei uns." (alle lachen)

Also, ich für meinen Teil bin wirklich gespannt wie ein Flitzebogen, welche Ensembles nächstes Jahr an dem Shakespeare Festival in Neuss teilnehmen dürfen und drücke der Bremer Shakespeare Company ganz fest die Daumen!

Autor:

Cornelia Wilhelm aus Düsseldorf

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