Julia meets Teufel ("Tanzwut")

Foto: Fotograf: Alexander Hien
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Pünktlich zum neuen Album "Höllenfahrt" bekam Julia eine Audienz beim Teufel höchst persönlich.

Es wurde über das neue Album gesprochen, über Konzerte, Mittelalter und... auch über Alkohol.

Zudem erklärte uns der Teufel, was es mit dem mexikanischem Schnaps mit dem Wurm auf sich hat.

Viel Spaß beim Lesen!

Julia: "Vor "Tanzwut" warst du Mitglied bei "Corvus Corax" und im Internet steht, dass ihr von den mittelalterlich-anmutenden Instrumenten weg wollt…"
Teufel (blickt verwundert): "So habe ich das nie gesagt. Ich hab mich vor 3 Jahren von meinen alten Musikerkollegen getrennt, aber nicht von der Mittelaltermusik."

Julia: "Gut, dass wir das geklärt haben."
Teufel: "Mit "Tanzwut" bin ich schon seit 17 Jahren unterwegs und wir machen sowohl Rock- als auch Mittelaltermusik, wie es viele andere Bands der Branche auch machen. Mein Ursprung liegt in der Mittelalter-Musik. Damit hab ich angefangen und da komme ich her. Gerade der Dudelsack ist mein Instrument."

Julia: "Da Tanzwut nicht gegründet wurde, ... wie entstand Tanzwut?"
Teufel: "Tanzwut ist aus der Mittelalter Musik entstanden. Wir, Brandan und ich, hatten damals schon eine Weile herum experimentiert. Wir versuchten Rock-Musik und Mittelalter-Musik miteinander zu verbinden. Die ersten Sachen sind damals mit Mitgliedern von "Rammstein", also mit der damaligen Punkband "Feeling B", entstanden. Das war kurz nach der Wende. Zu der Zeit war ich auch eine ganze Weile mich Micha ("In Extremo") unterwegs. Da wir alle irgendwie aus dem gleichen Dunstkreis kamen, entwickelte sich auch ziemlich viel parallel. Wir, Brandan und ich, haben dann mit "Tanzwut" angefangen, Micha mit In Extremo. Bei Tanzwut haben wir u. a. auch elektronische Elemente eingebaut, was viele Bands nicht gemacht haben und im Grunde ist das auch unser Markenzeichen. Das hebt uns ein wenig ab von den anderen Bands. Rock-Musik und Mittelalter das machen viele. Wir machen Rock-Musik, Mittelalter und Electronic. Das ist eben der typische Tanzwut Sound."

Julia: "Für unsere Leser ist es bestimmt interessant zu erfahren: Wie entstand die Figur des Teufels? Denn markant ist diese Figur schon."
Teufel: "Ein echter Spielmann bekommt seinen Namen verliehen. Ich stelle mich nicht hin und sage: "So, jetzt bin ich der Teufel!" So geht das nicht. Damals war es Brandan von "Cultus Ferox", der mir den Namen verliehen hat. Ich sang immer eine Ballade in der es um einen Spielmann ging, der, während die Pest umging, betrunken auf die Straße fiel. So kam es, dass er zusammen mit den Leichen in die Pestgrube geworfen wurde. Eine ziemlich ekelige Angelegenheit war das. Jedoch war er durch den Alkohol so desinfiziert, dass ihm nichts passiert ist. Er ist dann im Morgengrauen aus der Pestgrube gestiegen und fing an, Dudelsack zu spielen. Die anwesenden Totengräber dachten, er wäre der Teufel, haben sich bekreuzigt und riefen: „Der Teufel kommt aus der Pestgrube im morgendlichen Nebel heraus und spielt seinen lauten Dudelsack.“ Dann sind sie natürlich erst einmal davongelaufen. Da ich dieses Lied ganz oft gesungen habe, habe ich den Namen Teufel bekommen und seitdem trage ich eben diesen Namen. Da hatte ich aber noch keine Hörner. Ich hatte viele Frisuren. Mittlerweile trage ich die Haare in der Form schon 15 Jahre."

Julia: "Gab es diese Geschichte schon vorher oder entstand sie aus deiner Feder?"
Teufel: "Die Ursprungsgeschichte gab es schon. Es ist die Geschichte über den liebe Augustin in Wien. Julia: "Der Name "Tanzwut" ist aus dem Mittelalter abgeleitet und bezeichnet den Tanzrausch, während der Pest, als die Leute so lange tanzten bis sie umfielen."

Julia: "Wie wurde das zu eurem Bandnamen?"
Teufel: "Wir haben einst diese Aufzeichnung gefunden, die aus einer Kirche kam. Als die Pest ausbrach, dachten die Menschen, es sei eine Strafe Gottes. Da gab es neben den Geißlern, die durch ihre Schläge und offenen Wunden die Pest am meisten verbreitet haben, die Spielleute, die zu der Tanzwut Bewegung ausgerufen haben. Sie sind dann von Ort zu Ort gezogen und haben den Leuten gesagt: „Morgen leben wir vielleicht alle schon gar nicht mehr! Wollen wir dann heute nicht all das irdische Gut verprassen und versaufen? Das braucht ihr morgen sowieso nicht mehr. Also lasst uns euer Schwein schlachten, das Fass Wein öffnen, denn morgen können wir es nicht mehr trinken und deshalb lasst es uns heute tun. Lasst uns feiern und tanzen.“ Dann haben sie getanzt und gefeiert als gäbe es keinen Morgen mehr und es waren Massenbewegungen, in denen tausende von Menschen mit ihnen gezogen sind und dann das von Stadt zu Stadt. Dann ist dieser Tanzrausch ausgebrochen. Bei Großveranstaltungen wie Festivals, kann man sich die Ausmaße vorstellen und das eben im Mittelalter. Somit war "Tanzwut" für uns der ideale Bandname. Das ist keine Wortschöpfung, das gab es damals schon."

Julia: "Das ist wirklich hochinteressant. Du hast es eben schon erwähnt, dass es neben der Rockband "Tanzwut" auch die Mittelalterband gibt. Wieso fahrt ihr denn diese beiden Schienen und entscheidet euch nicht nur für die Rockband oder Mittelalterband?"
Teufel: "Wie gesagt: In der Dudelsackmusik liegen unsere Wurzeln. Ich gehöre mit zu denjenigen, die die Mittelaltermusik, in der Marktform wiederbelebt haben. Ich meine damit die Verbreitung von Dudelsack und Trommel-Musik. Das ist unser Verdienst. Ich bin einer der ersten gewesen - mit ein paar Kollegen -, die sich auf die Straße gestellt haben und diese Musik gemacht haben. Das war damals noch vor der Wende im Osten und unser Plan war es eben zu sagen: „Wir sind freie Spielleute und Vagabunden.“, ... und wenn die Leute das damals schon im Mittelalter überlebt haben, wieso sollten wir das nicht auch? Straßenmusik war in der DDR verboten. Wir hatten auch mittelalterlichen Klamotten an und wanderten umher, wie wir dachten, dass es damals war. Unsere Instrumente haben wir uns selber gebaut und fanden den Dudelsack extrem cool, weil er so laut ist. Wir haben dann mehrere Dudelsäcke übereinander gespielt. Die Entwicklung fuhr nach und nach fort und dann öffneten sich die Grenzen. Wir kamen in den Westen und gingen auf Mittelaltermärkte. Die haben uns angesehen wie die ersten Autos, weil sie sowas noch nie gesehen haben. Bei unserem ersten Besuch haben wir auch gemerkt, dass die Leute im Westen mit dem Mittelalter ganz anders umgehen. Dort war mehr das höfische Mittelalter im Vordergrund... mit Strumpfhöschen, Flötchen und Harfen. Dann kamen wir an und haben in unsere Dudelsäcke getrötet und die sind fast vom Leder gefallen. Alle fragten sich: "Was ist das und wo kommt das denn her?" Und da merkten wir, dass wir etwas Einzigartiges geschaffen hatten, ohne dass wir es wussten. Mittlerweile ist das ganz normal. Es gibt Marktsackpfeiffen überall. Im Internet gibt es Shops, in denen man Mittelaltersachen kaufen kann und wir haben die Dudelsack Epidemie in Deutschland verbreitet. Wir waren es, wir haben es verzapft."

Julia: "Stichwort "Dudelsack". Wie kommt man darauf, dieses Instrument zu erlernen?"
Teufel: "Vorher habe ich u.a. Gitarre gespielt und dann habe ich gemerkt, dass, wenn ich in einer Kneipe spielte, mir immer alle reinquatschten beim Spielen. Das ging mir fürchterlich auf die Nerven. Irgendwann waren wir in Bulgarien und dort habe ich einen bulgarischen Ziegendudelsack gesehen. Ich dachte direkt: "Das ist geil. Der ist schön laut und wenn ich den in der Kneipe spiele, müssen alle leise sein. Da kann dir keiner dazwischen quatschen." Dann habe ich versucht, mir so einen Dudelsack zu besorgen und habe mich damit auseinander gesetzt. Bald darauf stand ich in der Kneipe auf dem Tisch und alle haben gefeiert. Noch ein wenig Rhythmus dazu, dann ging die Party ab. Das ist genau das Richtige fürs Saufgelage."

Julia: "Auf dem "M’era Luna 2013" hatte euer neuer Song „Das Gerücht“ Premiere. Gibt es für euch einen Unterschied auf der Bühne, wenn ihr einen neuen Song präsentiert, im Gegensatz dazu, wenn ihr einen Klassiker zum Besten gebt? Oder denkt ihr euch: "Die Masse wird eh feiern also ist es egal!"?"
Teufel: "Na, so cool sind wir auch wieder nicht. Wenn du mit einem Song zum ersten Mal, auf dem "M’era Luna" auf die Bühne gehst, vor dir steht diese Masse an Leuten und du hast einen neuen Song im Gepäck, da geht dir der Arsch auf Grundeis. Da hast du wirklich ein bisschen Muffe, aber das gebe ich auch zu und das finde ich cool, dass man nicht so cool ist."

Julia: "Kommen wir nun zu eurem neuen Album, das am 6. September erscheint. „Höllenfahrt“ wird es heißen. Neben gewohnten Klängen wird es aber auch neue Elemente geben. Inwiefern dürfen wir was Neues erwarten?"
Teufel: "Der "Tanzwut" Sound ist definitiv erhalten. Wir verwenden schon deutsche Texte, machen Rockmusik und natürlich spielen wir Dudelsäcke, aber die Platte ist bis jetzt das Beste, die wir mit Tanzwut geschaffen haben. Das können wir behaupten. Es war schwer nach „Weiße Nächte“ noch einen drauf zu legen, aber es ist uns gelungen. Es ist einfach das fetteste Album, das wir bis jetzt gemacht haben. Überraschend wird es wahrscheinlich nicht sein. Wir hoffen natürlich, dass die Leute überrascht sind, aber wir haben keine speziellen Sachen eingebaut wie Trompeten, Geigen oder was auch immer. Es ist eher eine Platte die Tanzwut verkörpert."

Julia: "Im Moment seid ihr auf großer Tour unterwegs, u.a. auch in Russland. Wie sind eure Impressionen in Bezug auf ausländische Konzerte?"
Teufel: "Es gibt Unterschiede zum deutschen Publikum, das ist ja logisch. Es wäre schon merkwürdig, wenn alle wie die Deutschen wären. Wir waren schon in vielen Ländern und in jedem war die Mentalität unterschiedlich. Genauso wie wir Deutschen uns von anderen Nationen unterscheiden. In Mexiko, zum Beispiel, habe ich Sachen erlebt, die würdest du hier niemals erleben. Da sind die Leute wirklich verrückt. Wir spielten in einer mexikanischen Stierkampfarena und neben der Bühne hing ein Bungeeseil mit einem Schild „Zona Extrema“. Da konnte sich jeder dran gehangen und mitten in die Leute in die Arena springen. Da habe ich nur gedacht: "Ein wahrer Indianer kennt keinen Schmerz!". In Deutschland kann ich mir das nicht vorstellen. Obwohl... Verrückte gibt es überall. Aber die waren komplett durchgeknallt. Genauso wenn du in Russland spielst. Die Russen saufen dann ihren Wodka und machen Party hinterher, da kommst du dann gar nicht mehr aus dem Bermuda Dreieck raus. Machen die Mexikaner auch. Deren Tequila ist auch nicht gerade gesundheitsfreundlich. (lacht)"

Julia: "Auch schon Tequila probiert? Auch den mit dem Wurm?"
Teufel: "Na klar. Ich war schon fünf Mal in Mexiko und hatte auch schon die ein oder andere Tequila-Vergiftung. Gerade wenn du Musik machst. Da du schon auf Tequila ansprichst: Wir waren mal in Mexiko in der Stadt Tequila. Da kommt das Getränk her und da kommst du dir vor wie in einem Italo Western. Ganz flache, weiße Häuser mit kleinen Balkons dran, wie in „Spiel mir das Lied vom Tod“. Genau da ist eine Schnapsfabrik, wo sie aus der Agave (Kakteenpflanze) diesen Tequila herstellen. Das Getränk mit dem Wurm heißt "Mezcal". Eine andere Agavensorte, nämlich die mit dem gelben Rand. "Mezcal" ist eine ganz andere Geschichte, die Halluzinationen verursachen soll."

Julia: "Wieder einmal was dazu gelernt. Heute tretet ihr hier auf dem "Burgfolk 2013" auf. Wenn du hier als Besucher wärst, welche Bands wären für dich ein Must-see?"

Teufel: "Also, "Eric Fish And Friends" würde ich mir ansehen. Gestern hat "Faun" gespielt, ... die hätte ich mir angesehen. "Heimataerde" sind auch gut."

Julia: "Abschließende Frage: In wenigen Jahren steht der 20.te Geburtstag von Tanzwut an. Wird das groß gefeiert?"

Teufel: "Ist das schon so weit? Warte da muss ich erst Mal zurückrechnen. Ist das schon so lange her? Nunja damals waren wir nicht nüchtern, da kann keiner wissen wann die Band gegründet wurde."

Julia: "Also, ist in dieser Hinsicht noch nichts geplant?"
Teufel: "Nein, aber gut dass du es angesprochen hast (lacht). Ich bin manchmal auch mit meinem Geburtstag ein wenig verstreut und vergesse ihn selber. Dann kommen Leute an und schenken mir was und ich weiß nicht warum."

Autor:

Cornelia Wilhelm aus Düsseldorf

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