Wir suchen Eure Hits des Herbsts

Aule Wievers Summer sagt man op Waddisch Platt. Ob Altweiber, Indian Summer oder Herbst: Wirklich liebenswürdig ist die Jahreszeit nicht. Bunt wie der Frühling aber spröde, nachsommerlich, vorwinterlich, ohne Duft in der Luft, es sein denn, die Kartoffelfeuer kokeln. Gibt es Herbstmusik? Bestimmt gibt es sie. Wir suchen Eure Lieblingslieder für die Zeit in der die Ostfriesenmischung im Steingut vor sich hin simmert und der Spekulatius im Supermarktregal … ach ne, der gammelt da ja schon seit August.

Hier sind meine drei Fall-Favourites:

3. The Milk and Honey Band: Maryfaith Autumn

Ein auf ewig bestens gehütetes Geheimnis des Pop. Multiinstrumentalist Robert White schreibt eine pastoral-psychedelische Musik, die vermutlich viel mehr Menschen gefallen dürfte als je von der Existenz dieser unglaublich erfolglosen, unglaublich sympathischen kleinen Band erfahren haben. Kümmert keinen, am wenigsten die Urheber dieser kompositorischen Konfektstücke. Maryfaith Autumn aus dem Album Dog Eared Moonlight von 2009 ist ein typisches Beispiel für die manipulative Macht dieses zusammengeklauten Sounds. Da schillert das feuchte Kastanienlaub noch ein bisschen dunkler und mufft dem Humus noch etwas modriger entgegen unter der glaubensstarken Jungfer stahlblauem Himmel.

2. Van Morrison: Moondance

Mehr Erotik wäre was für den Strand von Ibiza. Wir befinden uns hier an der Irischen See, aber es knistert gewaltig. Soll die Natur doch alle Lockstoffe aus der Welt heraussaugen, Kastanien zerschmettern und die Bienchen in ihren Waben steif und stieselig werden lassen. Unter dem Oktoberhimmel mit seinem fahlen gelben Mond lässt Vans lasziver Scat-Gesang knackig-zarte Wangen erröten.

1. XTC: Harvest Festival

Die Patina der Erinnerung streut ihren Flitter auch auf skurbutgefährdete Lebensmittelmarken-Episoden. Die Mittellosen sammeln für die Verzweifelten, der Landadel schaut amüsiert auf die rührende Kollektion Dosenpfirsich auf dem Erntedank-Altar. Angegraut könnte man sich versöhnen mit diesem zynischen Schauspiel. Andy Partridge kann das nicht. Er lässt verstimmte Kinderflöten in den Wohlklang grätschen und kommt zum eigentlich Erinnerswerten: Über Klappstuhllehen hinweg erhascht der Zinnsoldaten-Feldherr einen Blick, der ihm nichts sagt aber alles verheißt. Die präpubertäre Erotik entwickelt im Laufe der Jahre (in Abwesenheit der Blick-Verschenkerin) ein sehnsüchtig-unschuldiges Eigenleben. Es gibt zwar so etwas ähnliches wie ein Happy End, aber sie kriegen sich nicht.

Autor:

Henrik Stan aus Düsseldorf

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