Großstadtmelodie in Stein und Glas

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Das Rauschen der Großstadt - ist es mehr als nur Rush-hour und Lärm ? Was ist städtisches Leben ? Ich verknüpfe damit immer noch fein gekleidete Menschen, die morgens mit der Öffentlichen oder mit ihren Autos zur Arbeit eilen. Wobei mich der Öffentliche Traffic mit Zügen aller Art und Straßen- und U-Bahnen mehr interessiert. Autos haben wir immer und überall. Die möchte ich hier aussparen.

Mich fasziniert es immer wieder, wenn am frühen Morgen, Menschen geschäftig aus Bahnhofshallen eilen, um in eine Straßen- oder U-bahn umzusteigen, um ihren Weg zur Arbeit zu nehmen. Sie eilen zu ihren Bäckereien und Büdchen, um sich für den Tag zu versorgen mit Brötchen, Zeitungen und zuweilen auch mit Zigaretten. Sie duften noch fein nach frischem Rasierwasser, Deodorant oder Parfüm. Viele tragen ihre Musik im Ohr und hören auf nichts anderes, als das was die kleine Schnur ins Ohr ihnen vermittelt. Manche sind ohne Musik und sitzen in ihrer Bahn mit einer Zeitung oder einem Buch - die meisten allerdings klappern auf ihrem I-phon herum oder auf einem Labtop,.

So früh am morgen mit dabei zu sein, wenn der Strom der Beschäftigten sich in den Bauch der Großstadt ergießt, um dort herum zu rumoren in den verschiedenen Büros und Geschäften, hat mir immer schon Freude bereitet. Klar, ich war eine von ihnen - wußte, wo ich mein Geld verdiene und wußte, wo ich hin gehöre.

Im Sommer gesellen sich viele Radfahrer hinzu, die auf leisen Reifen durch die Gegend surren - manchmal tragen sie einen Anzug, einen Fahrradhelm und einen Rucksack auf dem Rücken und wirken ein wenig uniformiert. Auch auf kleinen Tretrollern sah ich häufig schon Leute über die großen Geschäftsstraßen über den Bürgersteig eilen hin zu ihrem Arbeitsplatz - auch im Anzug und mit Krawatte. Irgendwann schluckt ihre Arztpraxis, ihr Notarbüro oder ihre Immobilienmaklerei sie auf und dort treten sie ihren Dienst an, ohne je geschwitzt zu haben bei ihrem frühsportlichen Eigentransport.

Der Feierabend hingegen zeigt sich - großstädtisch betrachtet - anders. Müde sitzen sie in ihren Bahnen, radeln träge mit ihren Rädern oder gehen noch ein Stück des Weges irgendwohin, bevor der heimatliche Herd sie anschweigt. Andere aber werden mit einem Abendessen belohnt für des Tages Mühen, weil schon längst eine Familie um den Tisch sitzt in Erwartung des Papa oder der Mama - oder der/des Geliebten.

Mein Augenmerk gilt nach Feierabend aber mehr jenen, die überhaupt keine Lust haben, sofort nach Hause zu eilen. Jenen, die ihr zu Hause immer dabei haben und sich gerne umschauen in ihrer Umgebung nach Orten oder Menschen, die ihnen ein Feierabendwohlgefühl vermitteln könnten.

Da winkt der Feierabendkaffee, das Feierabendbier, der Feierabendwein - oder auch das Feierabendessen. Das ist für mich das, was städtisches Leben ausmacht ! Nach der Arbeit so ganz spontan beim Sushi-Japaner ein paar Röllchen genießen. Oder in einer der Brauereien erstmal abschalten bei ein paar Gläsern Bier. Oder einfach in einem Park sitzen und den Vögeln lauschen bei ihrem Einschlafkonzert. Die Großstadt bietet so viele Möglichkeiten, nach der Arbeit einfach mal andere Wege zu gehen, als immer nur jene nach Hause.

Sei es, das jemand die Idee entwickelt, spontan ins Kino zu gehen oder ins Theater im Alltagskleid oder in die Oper. Sei es die Bar in einem eleganten Hotel. Das ist das Feeling, das nur eine Großstadt vermitteln kann. Man denke sich, das ein Arzt nach Feierabend am Rheinufer ein Brötchen ißt mit einer Flasche Bier dazu und schaut sich danach ein Theaterstück an. Verrückt, würden Sie sagen - der muß verrückt sein ! Aber warum eigentlich nicht ? Die Spuren des Alltäglichen verlassen - das bietet die Großstadt. Das ist städtisches Leben !

Ich muß einhalten - die meisten Städter, die ich kenne, tun das natürlich nicht. Oder kenne Sie jemand, der nach Büroschluß einfach so mal zum Rheinufer-Cafe pilgert, um dort zu warten, bis in der Oper "La Boheme" mit ein paar Restplätzen aufwartet ?

Die Gastronomen, die bis tief in die Nacht arbeiten, die sind da schon etwas unkonventioneller. Ich erinnere mich an meine Zeit als Servicekraft in der Altstadt vor vielen Jahren. Damals gab es nichts Entspannenderes, als mitten in der Nacht noch irgendwo in einer Nachtbar einen ersten Drink zu sich zu nehmen, um dann morgens mit allen Kollegen der Nacht gemeinsam in einem Hotel zu frühstücken. Man hätte natürlich auch mit der Taxe nach Hause fahren können - aber wer den ganzen Abend bis in die Nacht arbeitet und am Tag schläft, hat nur diese eine Möglichkeit des geselligen Lebens und nimmt das natürlich auch wahr.

Großstädtisches Leben - Orte finden, die in der Mittagspause attraktiv sind, wie der kleine Metzger um die Ecke oder die kleine Bäckerei oder ein kleiner Spaziergang entlang des Rheinufers mit einem Brötchen in der Hand. Oder eines der vielen kleinen Mittagsspeiserestaurants für unter 7,- Euro Mittagessenpreis. Davon bietet Düsseldorf jede Menge.

Großstädtisches Leben - Orte finden nach Feierabend. Davon bietet Düsseldorf mehr als genug. So auch den Kö-Bogen. Ich war immer dagegen, das der Kö-Bogen gebaut wurde, dachte mir, das es an den Schadowarkaden ausschauen würde, wie in Frankfurt an der Zeil. Eingemauert zwischen Hochhäusern würde man dort auf seine Bahn warten - wo früher der Blick auf eine große freie Fläche vor dem Hofgarten verweilen konnte.

Nun haben wir den Kö-Bogen. Eine Steinwüste am Schadowplatz. Und was soll ich sagen- dem Architekten Libekind ist dort ein wahres Kunstwerk gelungen. Das elegante Ambiente, was viele Großstädte an zentralen Punkten ausmacht, findet sich nun genau an diesem Kö-Bogen wieder.

"Steigenberger Parkhotel" lädt ebenso zum kurzen Verweilen auf der Terrasse ein, wie "Poccino" - und alles mit Blick auf den Hofgarten, den kleinen Teich mit seinen Enten und es gibt jede Menge Möglichkeiten, sich entweder auf den Steinstufen mit mitgebrachten Leckereien zu versorgen oder aber in einem der Bistros zu schlemmen.

Schön wäre es nur, wenn, wie in anderen Großstädten, auch Händler dort Ware verkaufen dürften an etwas preiswerteren Ständen. Das fehlt noch in Düsseldorf und würde dieser Stadt erst recht genau an dieser Stelle das Flair verleihen, was sie in der Altstadt schon lange hat. Nämlich volkstümlich zu sein und noch offener für die spontanen Feierabend-Flaneure, die ein wenig auf ihr Geld achten müssen. Da macht es schon einen Unterschied, ob man am Kö-Bogen den genannten Gastronomen fast 3,- Euro für einen Cappu hinlegt oder ob da vielleicht ein Kiosk steht mit Kaffee aus ToGo für 1,50 Euro z.B. - oder auch eine Flasche Altbier zu einem zivilen Preis.

Auch das ist Großstadt im Weltmaßstab gesehen - das in all dem eleganten Gewusel jeder die Chance hat, sich preiswert zu verköstigen und nicht nur auf die teuren Etablissements angewiesen ist, wenn er dort mal verweilen möchte. Zwischen all den feinen Restaurants am Kö-Bogen eine Curry-Wurst-Bude, ein Bierstand, ein Weinstand und ein paar Straßenhändler und Schuhputzer. Das würde ich mir für diesen feinen Kö-Bogen wünschen. Er wäre dann noch "großstädtischer" - aber vom Herzen her, wenn Sie verstehen, was ich meine.

Gehen Sie nach Athen, Istanbul, London, Paris, Kopenhagen, Rom, Prag, z.B. - da ist das so. Da können Sie auf den Champs Elysees z.B. sitzen vor Mc'Donald und Ihr Butterbrot verzehren, die Toilette benutzen - und niemand stört es. Der Stadt Paris tut es keinen Abbruch. Aber es ist lebendig dort. Ja, das fehlt mir noch am Kö-Bogen ! Ich wünsche mir, das dieses architektonische Meisterwerk von Herrn Libekind noch ein wenig mehr mit echtem großstädtischen Leben angehaucht wird !

Autor:

Karin Michaeli aus Düsseldorf

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