Der Mindestlohn und das Friseurhandwerk

Seit 1. August 2015 gilt auch für das Friseurhandwerk der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 €uro pro Stunde.

Wir, die Wertegemeinschaft „Der faire Salon“ hatten uns schon im Vorfeld für faire Löhne ausgesprochen und viel in Richtung „Pro Mindestlohn“ bewegt.
Lange war darüber spekuliert worden, welche Auswirkungen das haben würde, ob das durchsetzbar ist. Es gab viele Pro- und ebenso viele Kontrastimmen.

Interessant ist deshalb ein Blick auf den Status Q im Friseurhandwerk:

Arbeitsmarkt:
unsere Anfrage an die Agentur für Arbeit ergab: es gibt keine erkennbaren Auswirkungen im Arbeitsmarkt des Friseurhandwerks, welche auf die Einführung des Mindestlohnes zurückzuführen wären.
Nach wie vor herrscht ein großer Personalmangel, wobei es erstaunt, dass über lange Zeit hinweg über 250 Friseure/innen im Raum Düsseldorf arbeitslos sind und waren. Das ist aber ein anderes Thema.

Kunden:
Auswirkungen für die Kunden sind zu verzeichnen. Insgesamt hat sich das Preisgefüge leicht nach oben bewegt, wobei hier differenziert werden muss:
bei den Betrieben die immer schon Tariflöhne (und mehr) gezahlt haben wurden lediglich die normalen Kostensteigerungen weitergegeben.
Zum Teil gravierend verändert haben sich die Preise bei den Discountern.
Hier sind Preisanhebungen bis zu 50 % zu beobachten.

Manches kommt auch jetzt erst zu Tage. So gibt es Unternehmen, die seit je her mit besten Löhnen und Arbeitsbedienungen geworben haben, aber jetzt die Preise um 30 und mehr Prozent anheben müssen und dies mit der Einführung des Mindestlohns begründen. Wer hier nachdenkt merkt das hier etwas nicht stimmen kann.
So kostete beispielsweise ein normaler Trockenhaarschnitt beim größten deutschen Discounter KLIER bisher 15 €, im (zum selben Unternehmen gehörenden) „Friseur der kleinen Preise“ 11,- Euro. Beide Betriebe (dieses Beispiel in Düsseldorf) liegen nur wenige 100 m auseinander.
Jetzt kostet der gleiche Haarschnitt bei KLIER 20 € - entspricht einer Steigerung von 33%.

Mitarbeiter
freuen sich natürlich über ein geregeltes, oft höheres Einkommen. Natürlich gibt es nach wie vor viele Betriebe, die deutlich über Tarif und fair bezahlen, aber das ist nicht die Masse.
Die Discounter machen nach wie vor den großen Umsatz, während vielen Familienbetrieben die Kunden (durch vermeintlich günstigere Preise) entzogen und weggelockt werden.
Hier sind oft nicht genügend Kunden (und damit Einnahmen) vorhanden um höhere Löhne zu finanzieren.

Die Trinkgelder sind nach den Preisanhebungen etwas zurückgegangen, so hört man.
Das hat aber wohl auch mit der Einstellung unserer Gesellschaft zu tun. Die Geiz ist geil Mentalität ist zwar rapide rückläufig, aber bei wirklicher Wertschätzung sind wir gesellschaftlich noch nicht so ganz angekommen.

Zukunft:
Natürlich können Mitarbeiter nur von einem, ausreichenden erwirtschafteten, Umsatz entlohnt werden, sonst geht es nicht. Einen Pflichtumsatz in Höhe des 4,4 fachen Bruttolohns bei Dumpingpreisen von 13 € pro Dienstleistung zu fordern ist allerdings ein fragwürdiges Unterfangen.
Während das in normalpreisigen Geschäften durchaus üblich und auch möglich ist, wird dies im Discountbereich fragwürdig.
Wir hören immer wieder von zeitlich reduzierten Arbeitsverträgen (seitens der Arbeitgeber) mit der Begründung, das erwirtschafteter und geforderter Umsatz nicht übereinstimmen.

Der Stundenlohn ist jetzt gesetzlich, die Arbeitszeit frei bestimmbar, das machen sich Billigfriseure und Discounter gerne zu Nutzen und reduzieren mit solchen Begründungen die Arbeitszeiten.

Die Tatsache, dass solche Forderungen (im Discountbereich) kaum erreichbar sind, macht diese Vorgaben in meinen Augen sittenwidrig. Zu einer diesbezüglichen Anfrage beim Zentralverband des Friseurhandwerks wollte man sich dort nicht äußern.
Auch gibt es Mitarbeiter die als Teilzeitkräfte gemeldet sind, aber deutlich mehr arbeiten, Lohnanteile unter der Hand kassieren. Aus diesem Grund ist die Nachweispflicht der Beschäftigungszeiten eingeführt worden, Zoll und Finanzkontrolle Schwarzarbeit kontrollieren täglich und stoßen regelmäßig auf Verstöße die krass geahndet werden.

Stark im Kommen ist auch die Vermietung von Arbeitsplätzen. Hier muss sich der Friseur in einem Salon einmieten, er gilt dann als freiberuflicher Mitarbeiter. Mit List und Tücke wird die Scheinselbstständigkeit umgangen, das ist rechtlich inzwischen mehr oder weniger (Dank schlauer Füchse und schwammiger Gesetze) legalisiert.Das Nachsehen hat im Zweifelsfall einzig und allein der / die freiberufliche Mitarbeiter/in.
Man denke an Urlaub oder krankheitsbedingte Ausfälle… !
Der Stuhl Vermieter (meist Discounter) ist immer fein raus.

So wird es auch in Zukunft viel Arbeit und viele Gedanken um faire Arbeitsplätze, faire Löhne, Leistungen und Preise geben.
In den Salons der Wertegemeinschaft "DER FAIRE SALON" profitieren die Mitarbeiter seit jeher von höheren Löhnen, die Kunden von höherer Qualität und die Chef von zufriedenen Kunden und Mitarbeitern....

„Der faire Salon“ ist eine Wertegemeinschaft im Friseurhandwerk, unterwegs in Richtung hanseatischen Kaufmannsdenken und Nachhaltigkeit.
Ziel der aktuell 430 zugehörigen Friseurunternehmen ist eine qualitativ hochwertige Dienstleistung, faire Bezahlung und Nachhaltigkeit in allen Belangen.
Die Initiative stellt den Menschen mit Ziel einer WinSituation für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen in den Vordergrund der täglichen Arbeit.
Gegründet wurde die Initiative von Friseurmeister und Fachautor René Krombholz aus Düsseldorf, Kooperationspartner ist das größte europäische Fachmagazin für das Friseurhandwerk TOP HAIR International.

Autor:

Rene Krombholz aus Düsseldorf

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