Duisburgs Friseur-Innung führt am Donnerstag ein Gespräch mit dem Krisenstab
„Wir fühlen uns im Stich gelassen“

Einige Friseurbetriebe haben aufgrund der Corona-Verordnungen das Handtuch geworfen, berichtet die Duisburger Friseur-Innung. „Aufgeben kommt nicht in Frage“, meint Friseurmeisterin Jana Richter (l.), stellvertretend für andere Kollegen. Doch vieles muss sich ändern.
Fotos: Reiner Terhorst
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„Die Stimmung ist schlecht, und unsere Gefühlslage schwankt zwischen Wut, Unverständnis und Empörung.“ Irene Panse, Obermeisterin der Duisburger Friseur-Innung, verweist mit diesem Satz auf eine „riesige Ungleichbehandlung, die manche Betriebe um die Existenz fürchten lässt. Einige werden das nicht überleben.“

„Aufgrund der unterschiedlichen Handhabung der geltenden Verordnungen macht sich bei unseren Mitgliedern Unsicherheit und Unwissenheit breit“, erläutert sie im Gespräch mit dem Wochen-Anzeiger. Dass Städte und Kreise oft eigene Wege in der Bekämpfung der Corona-Pandemie gingen und gehen, sei nichts Neues. Aber dass in Duisburg andere Regeln gelten als in den unmittelbaren Nachbarstädten, hätte gravierende Folgen.

Seit dem 6. April ist in Duisburg für den Friseurbesuch ein negativer Schnelltest in einem der hiesigen Testzentren erforderlich oder aber ein bestätigter Selbsttest, lautete es in einer Mitteilung der Stadt. In Nachbarstädten wie Düsseldorf, Mülheim oder Dinslaken hingegen konnte man weiterhin ohne Vorlage eines negativen Testergebnisses zum Friseur gehen.

Testphase endet am
kommenden Dienstag

Irene Panse, die für immerhin gut 100 Mitgliedsbetriebe spricht, sieht darin eine „ungeheuerliche Wettbewerbsverzerrung“. Viele Kunden würden in die Nachbarstädte fahren und seien möglicherweise auf Dauer verloren. Vorsorglich werde man deshalb gegen die Duisburger „Zusatz-Sonderverordnung“ eine einstweilige Verfügung auf den Weg bringen.

Über das, was ein bestätigter Selbsttest sei, gab es zudem unterschiedliche Auffassungen. Zahlreiche Anfragen beim Krisenstab und bei der „Corona-Clearingstelle“ im Dezernat des Oberbürgermeisters hätten das verdeutlicht. Letztlich hatte die Kreishandwerkerschaft erreicht, dass für einen „Pilot-Zeitraum“ von 14 Tagen das Testen vor Ort bei den Friseuren unter deren „Aufsicht“ erlaubt sei. Am kommenden Dienstag endet diese Testphase. Wie es dann weitergehe, wisse noch niemand.

Am Donnerstagmorgen kommt es deshalb zu einer „Zoom-Konferenz“ zwischen Stadtdirektor und Krisenstabsleiter Martin Murrack, der Kreishandwerkerschaft und der Friseur-Innung. „Das ist dringend nötig, denn bei vielen von uns ist es nicht fünf vor zwölf, sondern bereits fünf nach zwölf“, so die Innungs-Obermeisterin. „Um einen Begriff aus unserer Branche zu strapazieren, nenne ich die Situation haarsträubend“, ergänzt sie fast zynisch.

Alle Ergebnisse
werden dokumentiert

„Es hagelte nach der neuen Verordnung an Absagen vor allem von älteren, total verunsicherten Menschen“, berichtet Friseurmeisterin Jana Richter gegenüber unserer Redaktion. Die konnten nicht zu einem Textzentrum und hatten auch keine Selbsttests. Also haben sich Richter und ihr kleines Team mit Schnelltests eingedeckt. „Wir sind inzwischen selbst ein kleines Testzentrum geworden“, sagt sie. Da ginge einiges an Zeit und Geld drauf. Einigen, die jeden Cent umdrehen müssen, schenke sie sogar den Test. Alle Ergebnisse werden fein säuberlich dokumentiert und aufgehoben.

„Wenn ich dürfte, würde ich auch noch impfen“, kalauert sie, ohne den Ernst der Lage schmälern zu wollen. Sie hat auch einen Raum bereit gestellt, in dem die Kunden auf das „Selbsttest-Ergebnis“ warten können, denn, so die Friseurmeisterin aus dem Röttgersbach, „ich kann die Leute nicht bei Schneeregen oder Kälte eine Viertelstunde draußen warten lassen.“ Sie weiß von Kollegen, die seit dem 6. April ihren Laden dicht hätten.

Aufgeben kommt
nicht in Frage

Für sie allerdings kommt aufgeben nicht in Frage. Im Gegenteil, zwischenzeitlich helfe sie sogar Senioren beim Ausfüllen von Impfunterlagen oder bei der Beantragung eines Impftermins. „Ich bin stolz auf die Kunden, die uns in dem ganzen Chaos die Treue halten“, sagt sie dankbar.

Seit Beginn der Pandemie hat das Team übrigens ein „Corona-Tagebuch“ angelegt, in dem immer mal wieder sie und die Mitarbeiterinnen Einträge machen. Von Anfeindungen einzelner, die sich an keine Verordnung halten wollen, bis hin zu eigenem Frust ist da mittlerweile einiges zu lesen. Einer der letzten Sätze lautet: „Wir fühlen uns in Stich gelassen, obwohl bei uns Friseuren vieles sicherer ist als anderswo.“

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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