Mittelalterliches Leben im Schatten des Hüttenheimer Uhrenturms

Das Gebet ist ein fester Bestandteil des Gemeinschaftslebens
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Das war schon ein ungewöhnliches Bild, das sich mir vor einigen Tagen in meiner alten Heimat, der 1910-1912 erbauten Siedlung Hüttenheim, bot.

Als ich den „Turmhof“, in dem ich meine Kindheit verbracht habe, durch den Torbogen an der Förkelstraße betrat, bot sich mir ein beeindruckendes Bild eines mittelalterlichen Zeltlagers.

An einer langen Tafel sah man die Mitglieder der im Jahr 2010 gegründeten Interessengemeinschaft „Landgrafschaft Duysburg“, die mit ihren Freunden und Nachbarn einen sommerlichen Nachmittag in dem grünen Innenhof begingen.

Ein junger Mann in mittelalterlichem Gewand begrüßt mich herzlich in der Runde. Es ist Marco Tonak, der in dem Wohnhof mit seiner Familie lebt und als Ritterbruder die Interessengemeinschaft leitet.

Und er gibt mir einen ausführlichen Einblick in die intensive Geschichtsarbeit und das Leben der Gemeinschaft und das Mittelalter in all seinen Facetten. Da gibt es verschiedene Rüstungen, deren Entstehung und Geschichte er bis ins Detail kennt.

Die Gemeinschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, das Leben des „Deutschritterordens“ zwischen 1300 bis 1360 möglichst authentisch nachzustellen.

Dieses sieht man an einem Zelt, dass auf der Wiese gleich neben der Tafel aufgebaut wurde, und in dem die Ritter dereinst lebten. Gleich daneben ein Holzständer mit verschiedenen Helmtypen und Schwertern, die mir ausführlichst erklärt werden.

Auf der anderen Seite der Tafel ein kleiner Altar, der später noch zum Mittelpunkt einer nachgestellten Messe werden soll. Ein Grill auf dem so manche Köstlichkeit schmurgelt und ein kleiner, abgetrennter Bereich der Grünfläche, auf dem sich später einige Ritter in der Kunst des Schwertkampfes üben.

Auch seine Ehefrau Jennifer Tonak, die in der Rolle der Helena van der Houven mit Leib und Seele bei der Sache ist, erklärt mir viel über die akribische Recherche zum Leben und auch zur Geschichte des Ordens in zahllosen Archiven. U.a. führen diese auch bis nach Venlo.

Diese sind auch nicht immer einfach, gilt es doch Urkunden aus dem 14. Jahrhundert zu lesen um das Leben von damals darzustellen. Die Gemeinschaft beteiligt sich mehrmals im Jahr an mittelalterlichen Ritterlagern um ein Stück Geschichte „zu leben“.

Ein Höhepunkt ist es allerdings, als Marco Tonak die Mitglieder der Gemeinschaft mit einem Glöckchen und Weihrauch zum Gebet ruft. Das ganze Zeremoniell wird von ihm in Latein aus der Überlieferung her genau durchgeführt und mündet im gemeinsamen Gebet und dem Segen für die Anwesenden.

Da denkt der Geschichtsforscher an jede Zeit vor Jahrhunderten zurück, in der nur wenige hundert Meter weiter im mittelalterlichen Haus Angerort an der Mündung der Anger in den Rhein, sich evtl. gleiche Szenen abgespielt haben.

Der geschichtliche Ursprung der alten Grenzfestung soll nach einer Sage bereits im Jahr 796 liegen, als an jener Stelle auf Befehl von Karl dem Großen ein Turm erbaut wurde, der durch zu entfachende Feuer vor herannahenden Gefahren, z.B. Normannen, warnen sollte.

Mindestens seit dem 11. Jahrhundert wird es als Festes Haus mit einem angeschlossenen Wirtschaftshof erwähnt.

Und so bekommt der mittelalterliche Nachmittag sogar einen sehr nahegelegenen Bezug zur Geschichte des Stadtteils.

Wer mehr erfahren möchte über die Interessengemeinschaft, die natürlich immer gerne neue Mitglieder in ihren Reihen sieht, findet weitere Informationen auf deren dann doch der modernen Technologie geschuldeten Webseite:

http://www.landgrafschaft-duysburg.de/

Autor:

Harald Molder aus Duisburg

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