IHK warnt vor massiven Strukturproblemen / Neue Initiative "Heimat shoppen"

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Factory Outlet Center (FOC) beiderseits der deutsch-niederländischen Grenze auf Vormarsch – Projekt-Idee in Emmerich: Zunächst Auswirkungen eines FOC in Zevenaar (NL) sorgfältig prüfen – Nein zum innenstadtschädlichen FOC-Projekt in Duisburg-Hamborn/Marxloh.

(Duisburg) Der Einzelhandel in Innenstädten an Rhein und Ruhr spürt erheblichen Druck – trotz derzeit günstiger konjunktureller Lage. Wie die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve am Dienstag, 5. Mai, in Duisburg vor der Presse berichtete, sorgen sich die Kaufleute immer mehr wegen gravierender struktureller Veränderungen. IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger: „Online-Handel, demografischer Wandel und auch der Vormarsch von FOCs zwingen den Handel, seine Funktion als Motor lebenswerter Innenstädte und Stadtteilzentren zu verstärken.“ Einen Anstoß dazu gibt die IHK-Initiative „Heimat shoppen“.

„Innenstädte und Stadtteilzentren, aber auch die Kernbereiche kleinerer Ortschaften, sind die Herzstücke unseres gesellschaftlichen Lebens. Sie sind Wohn- und Wirtschaftsstandort, Kunst- und Kulturraum, traditioneller Kommunikationsort, Begegnungsstätte schlechthin. Das alles funktioniert aber nur mit dem Handel, mit dem lokalen Dienstleistungsbereich und der Gastronomie“, so Dietzfelbinger. Doch was Tradition war, werde heute teils dramatisch verändert durch gewandeltes Kaufverhalten nach dem Prinzip „Schnäppchenjagd“. Oft werde der stationäre Einzelhandel nur wegen seiner fachlichen Beratung aufgesucht – ohne Kaufabschluss.

Nicht ohne Folgen bleibe auch der Vormarsch der FOCs, meist abseits der Innenstädte, konstatiert die IHK. Einkaufs-Tourismus und Erlebnis-Shoppen dorthin, auch in die Grenzregion beim Nachbarn Niederlande, haben inzwischen beachtliche Ausmaße erreicht. „Das hier ausgegebene Geld fehlt unseren innerstädtischen Bereichen. Und diese büßen mehr und mehr ein, unterlassen Investitionen, verlieren an Attraktivität und an Bedeutung als wichtiger Lebensbereich“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Aktuell im Blick hat die Niederrheinische IHK das FOC-Großvorhaben nahe der Grenze in Zevenaar. Hier hat der Stadtrat am 13. März den überarbeiteten Entwicklungsplan (uitwerkingsplan) für die Errichtung eines FOC mit etwa 10.000 m² Verkaufsfläche beschlossen. Damit liegen die baurechtlichen Voraussetzungen vor. Dietzfelbinger: „Nach unserer Beobachtung wurden kritische Einwände bezüglich der Auswirkungen auf die Einzelhandelslandschaft – auch auf deutscher Seite – nicht berücksichtigt. Wir müssen davon ausgehen, dass es auch hier zu einem beachtlichen Einkaufs-Tourismus kommen wird, wie etwa nach Roermond. Das Ganze wird sich keine 20 Kilometer Luftlinie von Kleve und Emmerich entfernt abspielen.“

Vor diesem Hintergrund verfolgt die IHK die sich in Emmerich weiter entwickelnde Idee eines innerstädtischen FOC. Grundsätzlich, rein lokal betrachtet, kann das aus Sicht der IHK eine Lösung gegen Leerstände und für neue Attraktivität sein, ähnlich wie mit dem gestarteten FOC in Bad Münstereifel. Emmerich könne sogar mit der attraktiven Rheinpromenade punkten. Die Handelsexperten der IHK raten aber, sehr genau die Folgewirkungen aus den niederländischen Aktivitäten in die weiteren Überlegungen einzubeziehen. Sie empfehlen in jedem Fall eine Studie. „Wir sind gerne bereit, unsere Einschätzungen und Überlegungen einzubringen“, so Dietzfelbinger.

Er betonte zugleich, dass die IHK nicht grundsätzlich gegen FOCs sei. Kritik übe sie aber dann, wenn solche Projekte letztlich an Standorten verwirklicht werden sollen, die für die gewachsenen Innenstädte schädlich sind. Paradebeispiel sei das geplante Duisburger FOC in Hamborn/Marxloh. Die IHK lehnt die Planung der Stadt Duisburg weiterhin strikt ab. Denn dieses würde die gewachsenen Zentren-Strukturen in Duisburg und den Innenstädten der Nachbargemeinden am Niederrhein gefährden. Es gebe noch weitere schwerwiegende Gründe – nicht zuletzt das zu erwartende erhöhte Verkehrsaufkommen und das Risiko des Rückstaus in der A59-Zu- und -Abfahrt. Dietzfelbinger: „Als ob wir nicht schon mit genügend Staus in Duisburg zu kämpfen hätten.“ Da die Bedenken gegen das Vorhaben bis heute nicht einmal ansatzweise ausgeräumt seien, bleibe es bei der Position, das Bebauungsplanverfahren, das seit knapp zwei Jahren stockt, einzustellen.

Als übergeordnete Aufgabe sieht die IHK dagegen die Erhaltung und Stärkung der Innenstädte, die mehr seien als Handelsstandorte. Und doch habe der Einzelhandel hier eine besondere Funktion. Denn schließlich sei er nicht nur Versorger, sondern auch Arbeitgeber, Sponsor vieler lokaler Vereine und Institutionen sowie Initiator von Festen und Veranstaltungen. Vor diesem Hintergrund will die IHK einen Anstoß mit ihrer Initiative „Heimat shoppen“ geben. Den Kunden soll letztlich stärker ins Bewusstsein rücken, dass sie mit ihrem Kaufverhalten zum Wohlergehen der unmittelbaren Umgebung und somit zur eigenen Lebensqualität beitragen.

Aktionstage am 11./12. September

Im Mittelpunkt werden zwei Aktionstage im Spätsommer stehen: am Freitag, 11., und Samstag, 12. September, und zwar flächendeckend im Bezirk der Niederrheinischen IHK. Die Dachmarke lautet „Heimat shoppen“. Neben Duisburg sind inzwischen fast alle Kommunen aus den Kreisen Wesel und Kleve dabei, mit über 50 örtlichen Werbegemeinschaften bestehen schon intensive Kontakte.

IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger: „Diese Initiative soll ein Anstoß sein: Es geht darum, die Akteure vor Ort davon zu überzeugen, dass sie über die beiden Auftakttage hinaus ständig daran arbeiten müssen, neue Kunden zu gewinnen, alte wiederzugewinnen und schließlich auch Kunden zu halten. Das ist ein ständiger Prozess – aber aus unserer Sicht ohne Alternative.“

Autor:

Lokalkompass Kreis Wesel aus Wesel

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