Neue Pflege-WG als Modell der Zukunft - GEBAG und Caritas starten Pilot-Projekt für jüngere Menschen mit Unterstützungsbedarf

Der Mietvertrag für die Pflege-WG ist gerade unterschrieben. Janina Meißner von der GEBAG, der künftige Mieter Norbert Thyssen und „Erstbezieher“ Olaf Gärtner (vorne sitzend, v.l.) blicken zuversichtlich in die Zukunft. Mit ihnen freuen sich (stehend, v.l.) Sabine Störch, Bernd Siegel, Orla-Maria Wunderlich, Paulina Karsovska, Beate Schorn und Ernst Küsters.
Fotos: Reiner Terhorst
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  • Der Mietvertrag für die Pflege-WG ist gerade unterschrieben. Janina Meißner von der GEBAG, der künftige Mieter Norbert Thyssen und „Erstbezieher“ Olaf Gärtner (vorne sitzend, v.l.) blicken zuversichtlich in die Zukunft. Mit ihnen freuen sich (stehend, v.l.) Sabine Störch, Bernd Siegel, Orla-Maria Wunderlich, Paulina Karsovska, Beate Schorn und Ernst Küsters.
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Die Räume sind hell und freundlich, die Atmosphäre ist familiär und es weht ein Hauch von Aufbruchstimmung im neuen Projekt „Pflege WG“, das die GEBAG und die Caritas gemeinsam auf den Weg gebracht haben.

Im Erdgeschoss an der Hermannstraße 46 im Einzugsbereich Marxloh und Röttgersbach ist etwas entstanden, das Signalwirkung für die Gesamtstadt haben soll. Dort waren lange Jahre ein Bürgertreff und ein Beratungszentrum der Bonhoeffer Gemeinde Marxloh Obermarxloh untergebracht. Als die evangelische Kirchengemeinde die Räumlichkeiten aufgab, hat die städtische Wohnungsgesellschaft GEBAG sie übernommen, was wegen ihrer benachbarten Seniorenwohnlage mit 28 Wohneinheiten Sinn machte.

2016 wurde dann eine Idee geboren worden, die jetzt in die Tat umgesetzt wird. Sabine Störch, Leiterin Bestandsbewirtschaftung bei der GEBAG, erinnert sich: „Die leeren Räume waren schon speziell und für eine Aufteilung in in mehrere Wohnungen nicht geeignet. Aber von Anfang an boten sie sich für eine Wohngemeinschaft an. Und da wir schon seit Jahren gut und eng mit der Caritas zusammenarbeiten, lag die Idee einer Pflege-WG auf der Hand.“

Zu fit für ein Alten- oder Pflegeheim

Olaf Gärtner (51) nicht zustimmend. Er ist der erste Bewohner dieser neuen Pflege-WG und ist begeistert: „Ich war körperlich einfach nicht mehr fit genug für eine eigene Wohnung, aber eben doch zu fit für ein Pflege- oder Altenheim. Da ich meinen Angehörigen nicht zur Last fallen wollte, kam dieses Angebot gerade richtig.“ Beim Wochen-Anzeiger-Besuch in der neuen Einrichtung ist er bester Stimmung: „Hier fällt mir bestimmt nicht die Decke auf dem Kopf“. Aus der Seniorenwohnlage hat er bereits ein „leckeres Willkommensgeschenk mit den besten Wünschen für eine gute Nachbarschaft“ erhalten. Fast stolz hält er ein Glas mit selbstgemachter Marmelade hoch.

„Unsere erste gemeinsame Pflege-WG ist durchaus mit einer herkömmlichen Wohngemeinschaft vergleichbar“, erläutert Orla-Maria Wunderlich, die für die Caritas das Projekt initiiert hat. Sie ergänzt: „Menschen, die eine Pflegestufe haben, leben hier zusammen, stemmen ihren Alltag gemeinsam, teilen Freude und Leid und natürlich auch die Kosten“. Für Gärtner und seine künftigen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner gibt es eine Fülle von Vorteilen, die für alle spürbare Erleichterungen im Lebens- und Wohnalltag bedeuten.

So unterstützt eine hauswirtschaftliche Mitarbeiterin bei der wöchentlichen Grundreinigung der Wohnung, wobei die Bäder zwei Mal pro Woche geputzt werden. Darüber hinaus entscheiden die Mieter selbst, wofür sie das verbleibende Stundenkontingent einsetzen wollen. Denn auch hier setzen GEBAG und Caritas auf größtmögliche Eigenverantwortung, Mit- und Selbstbestimmung.

Koordinatorin steht hilfreich zur Seite

Außerdem steht mit Caritasfrau Beate Schorn eine Koordinatorin zur Verfügung, die mit der Wohngemeinschaft eine für alle verbindliche „Gemeinschaftsordnung“ entwickelt, gemeinsame Unternehmungen plant und begleitet sowie Hilfe bei Arztbesuchen und Behördengängen vermittelt. Sie lacht: „Und wenn es mal im Karton rappelt, bin ich gerne Schiedsrichterin.“ Fast zeitgleich sagen Gärtner und Matthias Norbert Thyssen, den alle aber nur Norbert rufen: „Brauchen wir nicht nicht. Wir regeln alles selbst.“ Thyssen (66) hat bei unserem Besuch in der neuen, wegweisenden Pflege-WG gerade bei GEBAG-Vertragssachbearbeiterin Janina Meißner seinen Mietvertrag unterschrieben. Nach einer Beinamputation ist er mobil eingeschränkt, im Kopf aber uneingeschränkt kreativ. Mit Olaf Gärtner scheint die Chemie schon jetzt zu stimmen.

„Ich in einem Heim? Unvorstellbar!“, sagt er und zeigt uns sein künftiges Zuhause. Er hat konkrete Vorstellungen, wie er es einrichten wird, wo was hinkommt. Denn jeder Bewohner bringt seine individuellen Möbel mit, der Gemeinschaftsraum wird gemeinsam gestaltet. Die GEBAG stellt die Küchenzeile sowie Waschmaschine und Trockner.

Jeder Mieter erhält ein Einzelzimmer, hat einen eigenen Briefkasten, eine eigene Klingel sowie eigenen TV- und W-lan-Anschluss. Jeweils zwei Parteien teilen sich ein barrierefreies Badezimmer. Darüber hinaus gibt es eine Gemeinschaftsküche, einen großen Gemeinschaftsraum sowie einen schönen Garten mit Grill und eine Bushaltestelle direkt vor der Haustür.

Pflege-WG ist ein Modell mit Zukunft

Ernst Küsters, Stiefvater von „Erstbezieher“ Gärtner, ist, wie er sagt, ein Stein vom Herzen gefallen: „Ich bin richtig beruhigt, dass der Olaf hier gut untergebracht ist. Ich bin fast 70 und wenn sich mir einmal die Frage nach Heim oder WG stellt, würde ich mich auch für die Wohngemeinschaft entscheiden. Das ist die Zukunft!“

Bernd Siegel, Cartias-Pflegedienstleiter, und seine Stellvertreterin Paulina Karsovska sehen das auch so: „Wir sind sicher, dass auch in anderen Stadtbezirken ein solcher Bedarf besteht und den werden wir gemeinsam mit GEBAG Schritt für Schritt erfüllen.“ Sabine Störch und Orla-Maria Wunderlich bestätigen das. Sie können mit der Umsetzung ihrer „Anfangsidee“ mehr als zufrieden sein.

Nach den Umbaumaßnahmen der GEBAG ist für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung alles getan worden, ihnen ein schönes neues Zuhause zu bieten. In den nächsten Tagen werden weitere Gespräche mit Bewerbern und Bewerberinnen für die Pflege-WG an der Hermannstraße geführt. Beide sind sicher, dass das Pilotprojekt bald komplett belegt ist.

WEITERE INFOS

Jeder Mieter zahlt für sein separates Zimmer in der Pflege-WG an der Hermannstraße sowie anteilig für die Flächen der Gemeinschaftsräume eine Grundmiete in Höhe von 5,25 Euro pro Quadratmeter zzgl. Nebenkosten. Darüber hinaus erhebt der Caritasverband eine Pauschale für die hauswirtschaftliche Unterstützung.

Auch die Einsätze der Koordinatorin werden pauschal verrechnet, wobei die Leistungen nach § 38 a SGB XI (Pflegegesetz) eingesetzt werden können. Unabhängig davon rechnet der Anbieter die Pflegekosten direkt mit der Pflegeversicherung ab. Die Haushaltskosten inklusive der Reparaturkostenpauschale und des Notrufsystems werden auf alle Mieter umgelegt.

Interessenten nehmen mit Caritasfrau Orla-Maria Wunderlich Kontakt auf unter Tel. 0172 / 2406829.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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