Wichtige Versorgungslücke geschlossen: Ärztliche Hilfe für Menschen ohne Krankenversicherung

NRW-Gesundheitsministerin Steffens (4.v.l.) und Duisburgs Gesundheitsdezernent Krumpholz (3.v.l.) gratulierten den Malteser-Vertretern zu der neuen Einrichtung. | Foto: Bistum Essen
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Tausende nicht krankenversicherte Menschen in Duisburg und Umgebung können sich bei gesundheitlichen Problemen jetzt an die Malteser Migranten Medizin in der Duisburger Innenstadt wenden.

In der Praxis an der Münzstraße 15-17 nähe Rathaus und Schwanentor behandeln ehrenamtlich tätige Ärzte und Krankenschwestern nun jeweils donnerstags von 10 bis 15 Uhr Menschen, die mangels Versicherungsschutz und Geld in regulären Praxen und Kliniken abgewiesen würden. Damit löst die professionell eingerichtete Anlaufstelle die provisorische Krankenstation im Petershof in Marxloh ab.

Dort hatte unter der Regie des Prämonstratenser-Paters Oliver Potschien vor gut zwei Jahren ein Team von Ehrenamtlichen im ehemaligen Pfarrhaus der St. Peter-Kirche damit begonnen, Menschen ohne Krankenversicherung zu versorgen. Der Zuspruch des Angebots vor allem durch Familien aus osteuropäischen EU-Ländern wie Rumänien oder Bulgarien ließ das Projekt schnell an Grenzen stoßen.

Nun übernehmen die Malteser diese Aufgabe, die mit ihrer Migranten-Medizin bereits an bundesweit 16 weiteren Standorten Erfahrung mit dieser Arbeit haben.
So war denn bei der feierlichen Eröffnung und Einweihung der Praxisräume auch vielfach vom „Staffelstab“ die Rede, der nun vom Petershof an die Malteser weitergereicht werde. Wobei die handelnden Personen größtenteils dieselben bleiben: Alle sechs Ärzte sind vom Petershof mit in die City-Praxis gewechselt. Das bedeutet Kontinuität – und Vertrauen für die Klientel, die Organisationen und Ämtern oft eher skeptisch gegenüber steht.

Dass diese Klientel indes deutlich größer und vielfältiger ist als der Name Migranten Medizin zunächst andeutet, betonte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) in ihrem Grußwort. Neben den EU-Ausländern, die zumindest theoretisch alle eine Krankenversicherung haben müssten, verwies sie auch auf Deutsche, die aus den verschiedensten Gründen keine Krankenversicherung hätten. Zudem behandeln die Praxen der Migranten-Medizin auch Menschen, die ohne korrekte Papiere in Deutschland unterwegs sind.

Dank an die ehrenamtlichen Ärzte und Helfer

Steffens dankte den Maltesern und den ehrenamtlich engagierten Ärzten und Helfern. Gemeinsam mit den Maltesern und Duisburgs Gesundheitsdezernent Dr. Ralf Krumpholz betonte sie jedoch auch, dass es eine politische Lösung bräuchte, um das Ziel zu erreichen, für dass sich auch der Petershof immer stark gemacht hat: Allen Menschen in Deutschland einen regulären Zugang zum Gesundheitssystem zu ermöglichen. Steffens nannte die Gesundheitsversorgung „ein Menschenrecht“ und verwies auf die Bundesregierung, die gerade in Duisburg offensichtlichen Probleme zu lösen. 17.000 Menschen lebten im Großraum Duisburg ohne Krankenversicherungsschutz, schätzt die Ministerin und spricht von einer „sehr großen Dunkelziffer“.

Die Einrichtung der Praxis hat das Land mit einer Anschubfinanzierung ermöglicht. Mittel- und langfristig ist das Projekt jedoch auf Spenden angewiesen. Ein Unsicherheitsfaktor sind hier die Kosten durch Krankenhausaufenthalte – denn rein rechtlich kann sich eine Klinik mit ihren Forderungen an die Arztpraxis wenden, die einen Patienten eingewiesen hat, wenn dieser keinen Versicherungsschutz hat. In Duisburg hofft man hier auf eine gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Krankenhäusern, von denen zwei ebenfalls von den Maltesern betrieben werden.

Von einem „Geben und Nehmen“ ist am Rande der Eröffnung die Rede: Die Praxis der Migranten Medizin entlastet die Ambulanzen der Kliniken und weist nur wirklich notwendige Fälle ein – die ohne eine Behandlung später womöglich als Notfall ohnehin behandelt werden müssten und dann tendenziell noch höhere Kosten verursachen würden.

Während der Sprechstunden stehen zwei Allgemeinmediziner und zwei Kinderärzte für die Patienten bereit. Im Sommer soll noch ein Zahnarzt das Team ergänzen. Zudem bietet eine vom Land finanzierte sogenannte Clearingstelle ihre Beratung an, um für EU-, aber auch für andere Ausländer eventuell doch einen Versicherungsstatus zu ermitteln.

An den ersten beiden Öffnungstagen der Praxis kamen bereits 32 Patienten, davon rund die Hälfte Kinder. Das waren noch nicht so viele Patienten wie in einer Petershof-Schicht, sagt Dr. Anne Rauhut aus dem Ärzteteam. Dafür kannte das Team rund ein Drittel der Patienten noch nicht - das Angebot scheint sich also herum zu sprechen.

Und für die Mediziner bleibt ein Eindruck, den sie schon aus dem Petershof kennen: „Die Leute hier sind deutlich kränker als in einer gewöhnlichen deutschen Arztpraxis.“ Zwei Patienten wurden mit schweren gesundheitlichen Problemen gleich in eine Klinik eingewiesen. (tr)

Infos

=> Malteser Migranten Medizin, Münzstraße 15-17, Stadtmitte. Sprechstunde donnerstags von 10 bis 15 Uhr.
=> Das Land unterstützt die Malteser Migranten Medizin in Duisburg mit 60.000 Euro für die Ausstattung.
=> Die Clearingstelle zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Zuwanderern mit ungeklärtem Versicherungsstatus Duisburg bietet Beratungen in der Malteser Migranten Medizin während der Öffnungszeiten der Praxis an.
=> Weitere Beratungsstandorte der Clearingstelle Duisburg sind unter anderem die AWO-Sozialräume in der Friedrich-Engels-Straße 42 (dienstags 13 bis 15 Uhr), Duisburger Straße 241 (mittwochs 13 bis 15 Uhr) und Friedensstraße 1 (freitags 9 bis 11 Uhr).
=> Weitere Clearingstellen gibt es in Münster, Köln, Dortmund und Gelsenkirchen.
=> Insgesamt fördert das Land Nordrhein-Westfalen die Clearingstellen über einen Zeitraum von drei Jahren mit insgesamt 2,5 Millionen Euro.

NRW-Gesundheitsministerin Steffens (4.v.l.) und Duisburgs Gesundheitsdezernent Krumpholz (3.v.l.) gratulierten den Malteser-Vertretern zu der neuen Einrichtung. | Foto: Bistum Essen
Auch der Leiter des Petershofs, Pater Oliver Potschien, kam zur Eröffnung der Malteser Migranten Medizin. | Foto: Bistum Essen
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Lokalkompass Duisburg aus Duisburg

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