350 Ruderer zu Gast in Homberg

14 Ruderer in einem Boot: Seit dem 17. Jahrhundert wurden  „Kirchboote“ in Finnland vor allem für Fahrten zum wöchentlichen Kirchgang genutzt, mittlerweile freuen sie sich bei Wanderruderern immer größerer Beliebtheit
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  • 14 Ruderer in einem Boot: Seit dem 17. Jahrhundert wurden „Kirchboote“ in Finnland vor allem für Fahrten zum wöchentlichen Kirchgang genutzt, mittlerweile freuen sie sich bei Wanderruderern immer größerer Beliebtheit
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48. Wanderrudertreffen des Deutschen Ruderverbandes
in Duisburg-Homberg

60 Boote auf Rhein und Ruhr, 350 Gäste aus ganz Deuschland und aus Österreich, 80 unermüdliche Helfer – das sind die nackten Zahlen rund um das 48. Wanderrudertreffen des Deutschen Ruderverbandes, das der Homberger Ruderklub Germania am vergangenen Wochenende anlässlich seines 120. Vereinsjubiläums zum zweiten Mal nach 1993 ausgerichtet hat.

Bereits am Freitag begrüßten die Homberger „Germanen“ die meisten Teilnehmer zu einem geselligen Abend an ihrem Bootshaus am Homberger Hebeturm, das sie für die Feier komplett leergeräumt und renoviert hatten. Manche Wanderruderer legen viele Tausend Kilometer im Boot zurück und sind mit Ruderfreunden aus dem ganzen Bundesgebiet unterwegs, so dass das jährliche Treffen eine gute Gelegenheit bietet, vergangene Fahrten Revue passieren zu lassen und gemeinsam neue Aktivitäten zu planen. Bei gutem Wetter nutzten die Teilnehmer diese Gelegenheit am Eröffnungsabend ausgiebig.

Rudertouren auf Rhein und Ruhr

Unter dem Motto „Strukturwandel und Industriekultur errudern“ standen am Samstag Tagesfahrten von Essen-Kupferdreh die Ruhr hinunter und von Neuss rheinabwärts auf dem Programm. Besonders die Ruhrtour hat den Hombergern im Vorfeld einige Sorgen bereitet: Mehr als ein Jahr vor der Veranstaltung lagen alle erforderlichen Genehmigungen vor – insbesondere die für die Nutzung der fünf Schleusen, deren Umgehung mit den bis zu 130 Kilogramm schweren Booten sehr beschwerlich ist. Im Frühjahr traf den Verein dann eine erste Hiobsbotschaft: Die Großschifffahrtsschleuse in Mülheim-Raffelberg sollte just zum fraglichen Wochenende einer Revision unterzogen werden. Diese Planung war, wie sich schnell herausstellte, nicht umkehrbar – da nutzte auch die vorliegende Erlaubnis des Wasser- und Schifffahrtamtes zur Schleusung nichts. Indes hatten die meisten Teilnehmer sich für die Ruhrtour angemeldet; die Germanen ersannen also flugs einen neuen Plan: Alle Boote sollten die gut 400 Meter auf dem Land an der trockengelegten Schleuse vorbeigetragen werden. Dazu der Vereinsvorsitzende Friedhelm Fendel: „Ein Riesenaufwand, aber eine Absage der Ruhrtour kam zu diesem Zeitpunkt nicht mehr infrage.”

Schleusen als schwer überwindbare Hindernisse

Doch es sollte kurz vor dem Wanderrudertreffen noch dicker kommen. Nicht nur, dass bis zum letzten Tag unklar war, ob die Großschleuse Duisburg noch bestreikt wird; auch die erste Schleuse auf der Strecke am Ende des Baldeneysees war kurzfristig defekt. „Ein Ersatzteil muss extra angefertigt werden und wird erst in der nächsten Woche geliefert", so Fendel, „unsere ganze Planung war wieder hinfällig.“ Jetzt sollten alle Boote kurz nach Beginn der Tour durch den 150 Meter langen Tunnel neben der Schleuse getragen werden. Um die Teilnehmer bei dieser Herkulesaufgabe zu unterstützen, mobilisierte die Jugendabteilung des Klubs viele Freunde und Bekannte, die teils zum ersten Mal ein Ruderboot aus der Nähe sahen. „Das Tragen von vierzig Booten dürfte eine intensive erste Begegnung mit dem Rudersport gewesen sein“, so der Vorsitzende.
Leider setzte rechtzeitig vor Abfahrt der Busse zu den Startpunkten der Rudertouren der angekündigte Regen ein. Wer aber als Wasserwanderer Niederschläge scheut, hat sicher den falschen Sport gewählt – so nahmen die Teilnehmer und Veranstalter die feuchte Luft im Ruhrgebiet mit Humor und schoben sich gegenseitig die Verantwortung für das schlechte Wetter zu. Als der Himmel dann gegen Mittag aufklarte, nahmen viele Ruderer das spontane Angebot dankbar an, entgegen den letzten Plänen auch in Raffelberg umzutragen und bis Homberg durchzurudern. Irgendwie standen dann auch an dieser Schleuse genügend Helfer bereit, um die 400 Meter mit den Booten in der Hand zu bewältigen. Ein Teilnehmer kommentierte den Fußmarsch lapidar: „Da weiß man doch, woher der Begriff ’Wanderrudern’ kommt…”

Landprogramm für Nicht-Ruderer

Für nichtrudernde Begleitpersonen gab es zeitgleich ein Landprogramm in Duisburg, das den Teilnehmern einige touristische Höhepunkte nahebrachte und manches gängige Klischee widerlegte. Beeindruckt waren die Landgänger besonders von der Moschee in Marxloh und vom Landschaftspark, in dem die industrielle Prägung des Ruhrgebiets greifbar wird.
In Homberg trafen nachmittags nach und nach alle Boote von der Ruhr- und der Rheintour ein. Die müden Ruderer genossen das reichhaltige Kuchenbuffet und kamen bei Kaffee und dem einen oder anderen Bierchen wieder zu Kräften. So konnte der lange Tag mit dem „Fest der Ruderer“ in den Homberger Bootshallen ausklingen.

Festakt in der Rheinkirche

Der Sonntag stand dann traditionell im Zeichen des Festakts des Deutschen Ruderverbandes. Für diese Feierstunde hat die evangelische Kirchengemeine Homberg die Germanen in die wunderschöne Rheinkirche eingeladen, die in unmittelbarer Nähe zum Bootshaus liegt. Das Gebäude, das genauso alt ist wie der Ruderklub, hat der Veranstaltung eine einzigartige Atmosphäre verliehen.
Bei dem Festakt werden besonders aktive Vereine für ihre Ruder-Kilometerleistungen geehrt. Eifrige Ruderer nehmen ihre goldenen Fahrtenabzeichen in Empfang; das ist das „Sportabzeichen für Ruderer“, das an bestimmte Fahrtenleistungen im Vorjahr geknüpft ist. Lothar Brandt von Pro Sport Berlin und Ingeborg Kirsch von der Sport-Vereinigung Dresdenia Berlin nahmen die Ehrennadel für die 55. Erfüllung entgegen! Besonders erwähnenswert ist auch der Äquatorpreis des Deutschen Ruderverbandes, der ebenfalls bei dem Festakt übergeben wurde: Für eine Gesamtstrecke von 40.077 Kilometern auf dem Ruder-Rollsitz wurden in diesem Jahr 33 Sportler geehrt, darunter Helmut Bräcker und Jürgen Scheffler vom gastgebenden Homberger Ruderklub. Bereits ihren zweiten Äquatorpreis nahmen drei Ruderer entgegen, und mit Bothilde Meyer-Richtering vom Bremer Ruderclub „Hansa“ und Klaus Schmidt vom Ruderclub Alt-Werder Magdeburg haben zwei Sportler die Erde bereits zum dritten Mal umrundet.

Ausklang beim traditionellen Hafenfest

Nach dem Festakt nutzten viele Wanderruderer die Gelegenheit, bei herrlichem Wetter das traditionelle Hafenfest des Homberger Ruderklubs zu besuchen und sich für die Heimfahrt zu stärken. Einige Ruderer trugen auch ihre Boote zu Wasser und machten sich zur Weiterfahrt rheinabwärts auf.
Für die Homberger Germanen steht fest, dass sich die lange Vorbereitung und der große Einsatz der vielen Mitglieder und Freunde des Vereins gelohnt hat: Viele Gäste waren beeindruckt von der Tour mitten durchs Ruhrgebiet, auf der sie ein ganz neues Bild der Region gewinnen konnten. Und die gastgebenden Homberger Germanen freuen sich darauf, es jetzt etwas ruhiger angehen zu lassen und im nächsten Jahr selbst als Gäste „märchenhaftes Rudern im Weserbergland“ beim 49. Wanderrudertreffen in Hameln zu genießen.

Weiter Informationen rund um das Wanderrudertreffen finden Sie auf der Internetseite www.wrt2013.de und auf den Seiten des Homberger Ruderklubs Germania.

Autor:

Ralf Schneider aus Duisburg

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