Neue Serie: „Starke Frauen“ in Emmerich
Die erste und einzige Bürgermeisterin in Emmerich

Irene Möllenbeck zeigt stolz den jüdischen Kulturraum im PAN kunstforum. | Foto: Dirk Kleinwegen
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In unserer neuen Serie „Starke Frauen“ wollen wir Frauen vorstellen, die in Emmerich, Rees und Umgebung wichtige und erstaunliche Dinge auf die Beine gestellt haben. Zur Eröffnung haben wir mit der ersten und bisher einzigen Bürgermeisterin in Emmerich gesprochen. Doch Irene Möllenbeck hat sich nicht nur durch ihre Politik, sondern auch durch Ihre Tätigkeit im hiesigen Vereinsleben ausgezeichnet. Für ihr ehrenamtliches Engagement wurde sie 2011 mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet

Das politische Engagement, zuerst einmal in eigener Sache, begann für Irene Möllenbeck schon während ihrer frühen Berufslaufbahn. Nach der Ausbildung bei der damaligen Bundespost in Emmerich, arbeitete sie bei der Postdirektion in Düsseldorf. Zu dem Zeitpunkt war es üblich, dass die Frauen aufhörten zu arbeiten, wenn sie Kinder bekamen. Doch Möllenbeck wollte sich ihre finanzielle Unabhängigkeit bewahren. „Den unbezahlten Urlaub durchzusetzen, ging noch relativ leicht“, erinnert sich die 71-Jährige, „aber dann weiter in Teilzeit zu arbeiten, war sehr schwer.“ In einem langen Kampf setzte sie sich durch und wurde die erste Frau am unteren Niederrhein, die als beamtete Kraft bei der Post in Teilzeit gearbeitet hat.
Die gewonnen Zeit, sowie die Erfahrung beim Kampf gegen ihren Arbeitgeber, investierte Irene Möllenbeck und ging in die Politik.
Von 1979 bis 2004 war sie im Rat der Stadt Emmerich aktiv, zunächst als sachkundige Bürgerin, dann als Ratsfrau und zum Schluss als Fraktionsvorsitzende. In ihrer politischen Arbeit hat sie sich besonders für Kinder, Jugendliche und Frauen eingesetzt. 1992 bis 1994 wurde sie die erste und bisher auch einzige Bürgermeisterin der Stadt Emmerich. „Diese Ämter waren und sind bis heute männlich dominiert. Aber Probleme als Frau hatte ich nicht“, so Möllenbeck.

Beim "Herrenessen" des Bürgervereins unerwünscht

Sie erinnert sich aber an die beiden „Herrenessen“ kurz nach ihrer Amtseinführung, zu denen traditionsgemäß die Emmericher Bürgermeister eingeladen werden. „Der Vorsitzende des Vereins Societät, Carl von Gimborn, kam mit einem großen Blumenstrauß in mein Büro, gratulierte zur Wahl und lud mich zum nächsten Herrenabend ein. Norbert Gies, der Vorsitzende des Bürgervereins Emmerich, hingegen verkündete am Rande einer Veranstaltung ‚Und sie als Frau werden nicht zu unserem Herrenessen eingeladen. Wir akzeptieren da keine Frauen. Sie schicken gefälligst ihren männlichen Stellvertreter.‘“ Der Platz beim Herrenessen blieb natürlich leer.
1998 bis 2000 war sie Mitglied im NRW-Landtag Danach wechselte sie als Geschäftsführerin des Konzernbetriebsrates zur Deutschen Telekom nach Bonn und kämpfte dort für die Belange sämtlicher Post-Beschäftigten. „Um mein Berufsleben mit dem Privatleben zu vereinbaren, habe ich mit meinem Arbeitgeber einen Wochentag Homeoffice vereinbart“, berichtet Möllenbeck und war damit ihrer Zeit weit voraus.
Neben ihrem politischen Einsatz für Kinder, Frauen und Familien engagierte sie sich auch in zahlreichen entsprechenden Vereinen. In über 40 Jahren war sie bei der Gründung von „Lila Punkte – Frauen am Niederrhein“, Kinderschutzbund Emmerich, „Mammografiescreaning Jetzt“ oder die „Elterninitiative Kindergarten Löwenzahn“ maßgeblich beteiligt. Von 1995 bis 1999 war sie Vorsitzende des AWO Kreisverbandes.

Über 30 Jahre Engagement für das Klever Frauenhaus

Weit über 30 Jahren engagiert sie sich die 71-Jährige auch für das AWO Frauenhaus in Kleve. Da die Finanzierung der Frauenhäuser in NRW bis heute nicht gesichert ist und die öffentlichen Mittel seit Jahren nicht mehr kostendeckend sind, hat sie vor 16 Jahren den Förderverein für das Frauenhaus mitbegründet. Zwischen 10.000 und 15.000 Euro spendet der Förderverein jährlich für das Frauenhaus, in dem bis zu acht Frauen und zwölf Kinder Zuflucht finden. Für ein dringend benötigtes zweites Frauenhaus im Kreis Kleve findet sich kein Träger.
Während ihrer gesamten politischen Laufbahn hat sie sich auch für die kulturelle Entwicklung der Stadt Emmerich eingesetzt, hier insbesondere für die Gründung des Plakatmuseums. Sie war Gründungsmitglied der Stiftung PAN kunstforum und ist heute die Vorsitzende des Kuratoriums. Im Kampf um das PAN wurde die Bürgerinitiative Pro Kultur e. V. gegründet, die regelmäßig zahlreiche Veranstaltungen sowie Kunst- und Kulturprojekte durchführt. Für den Verein Pro Kultur nahm die Emmericherin Kontakt zu dem Künstler Gunter Demnig auf und initiierte und koordinierte die Verlegung der Stolpersteine in Emmerich. Um den Emmericher Bürger fundierte Informationen über die frühere jüdische Kultur in der Rheinstadt zu vermitteln, wurde im PAN-Museum der „Jüdische Kulturraum“ eingerichtet.

Mit Verdienstorden von Hannelore Kraft ausgezeichnet

Zur Anerkennung ihres besonderen ehrenamtlichen Engagements erhielt sie, aus den Händen der damaligen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, im Jahr 2011 das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Vor zwei Jahren wurde ihr von Bürgermeister Peter Hinze die Ehrenplakette der Stadt Emmerich überreicht.

Zum Schluss unseres Gespräches haben wir mit Irene Möllenbeck über die aktuelle Situation für Frauen, sowie auf ihre eigenen Erfahrungen angesprochen. Laut Möllenbeck werden auch heute noch Frauen benachteiligt. „Alle wundern sich, dass es heute immer noch so ist. Allein schon in dem Gehaltsgefüge vieler Unternehmen werden Frauen heute nach wie vor benachteiligt. Auch in vielen Ämtern und in vielen Positionen müssen Frauen nach wie vor doppelt so gut sein, um die gleiche Funktion zu erringen.“
Selbst hatte sie keine großen Probleme als Frau. „Dadurch, dass ich mir nichts gefallen ließ und auch immer versucht haben mich durchzusetzen, habe ich das nicht als Riesennachteil empfunden.“ Auch an Diskriminierungen kann sie sich nicht erinnern: „Aber das hat auch sicherlich mit mir und meiner Persönlichkeit zu tun.“

Dirk Kleinwegen / Stadtanzeiger Emmerich-Rees-Isselburg

Autor:

Dirk Kleinwegen aus Rees

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